St.Gallen

MEM-Industrie ist auch 2025 das Sorgenkind

MEM-Industrie ist auch 2025 das Sorgenkind
Dr. Thomas Stucki, CIO SGKB
Lesezeit: 4 Minuten

Zahlreiche Entscheidungsträger der Ostschweizer Wirtschaft fanden sich am fünften Februar 2025 in Windau zusammen. Am Konjunktur- und Trendforum wurde während zwei Stunden über die Situation der Wirtschaft diskutiert.

Text: Fabian Alexander Meyer

Die Automobilindustrie in der Krise – das war das grosse Thema des Abends. «Der VW läuft und läuft und läuft» wird immer mehr zu «Das chinesische Auto fliegt und fliegt und fliegt.» Man befinde sich in einem Umbruch. Es sei klar: Die Zukunft der Mobilität kommt aus China.

Doch dazu später mehr.

Wie steht es denn um die nationale und insbesondere die lokale Wirtschaft? Diese Frage beantwortete Dr. Thomas Stucki, CIO der SGKB. Und zwar mit einem Rückblick: Für das Jahr 2024 wurde die Prognose aufgestellt, dass sich die Konjunktur im zweiten Jahr erholt. Und obwohl das kurz der Fall war, konnte sich diese Erholung nicht lange halten. Das hat insbesondere die MEM-Industrie gespürt.

Für 2025 zeichnet man ein ähnliches Bild. «Der Konjunkturaufschwung lässt auch in diesem Jahr wohl auf sich warten. Aber es gibt einen Lichtblick: Eine Rezession bleibt wohl aus.» Weiter würden auch die Zinsen tief bleiben und der Euro weiter sinken. Durchwachsene Aussichten.

Und wie sieht es in der Ostschweiz, insbesondere im Rheintal aus? Der Baubranche und dem Detailhandel geht es soweit gut, aber die MEM-Industrie ist das Sorgenkind. Ausbleibende Aufträge machen den lokalen Unternehmen zu schaffen. Das ist deshalb besonders relevant, weil die Ostschweiz als MEM-Kanton gilt.

Konjunktur dümpelt

Doch es ist nicht alles schlecht: «Die tiefe Arbeitslosigkeit sorgt dafür, dass der private Konsum steigt. Wir gehen gerne in Restaurants, Hotels, machen Ferien, es gibt Touristen, das ist alles ein wichtiger Faktor.»

Zusammenfassend kann man also sagen, dass die Konjunktur in der Schweiz grundsätzlich ein wenig «vor sich hin dümpelt». Man kann es sich so erklären, dass man, eine Hand im Backofen und eine Hand im Tiefkühler, zum Schluss kommt, dass die Temperatur im Durchschnitt angenehm ist. «Der Ausblick bleibt verhalten.»

Unternehmertag Vaduz  Lehrstellenforum  

MEM – das Sorgenkind

Und auch das Sorgenkind MEM bleibt. «Die MEM-Industrie hat bei uns eine hohe Relevanz.» 11.2 Milliarden Franken an Gütern seien im Kanton umgesetzt worden – von der MEM-Industrie.

Dies führt auch politische Debatten ins Feld. Denn Deutschland ist einer der wichtigsten Handelspartner. Und die dort bevorstehende Umkrempelung der Regierung hat auch auf uns Einfluss. «Der Wechsel der Regierung bringt auch einen Wechsel des Trends mit sich.»

Und dann ist da auch noch Trump, der neue (alte) US-Präsident. Welchen Einfluss hat er auf die Schweiz? «Die EU befindet sich definitiv in seinem Fadenkreuz.» Er handle erratisch und daher müsse man die Situation fortan neu eruieren. «Man ist sich aber bewusst, dass dies für grosse Unternehmen einfacher ist als für ein KMU.»

Dominik Schmidlin, Leiter Anlagestrategie SGKB, Dr. Thomas Stucki, CIO SGKB und Sabine Bianchi, Moderatorin
Dominik Schmidlin, Leiter Anlagestrategie SGKB, Dr. Thomas Stucki, CIO SGKB und Sabine Bianchi, Moderatorin

Zurückhaltung spürbar

Politik ist ein gutes Stichwort. Wie lassen sich diese beiden Themen miteinander kombinieren? Regierungsrat Beat Tinner und SGKB-Geschäftsleitungsmitglied René Walser brachten es auf den Punkt.

«Lange Zeit war der Fachkräftemangel das Problem. Jetzt wird dieser durch Faktoren wie Energie und vermehrt auch Kurzarbeit abgelöst», eröffnet Tinner. Die Zunahme bei der Automobil- und Textilindustrie bestätigt dieses Bild.

Eine Zurückhaltung sei spürbar. Deutschland ist nur der Vorbote – sämtliche Entwicklungen werden sich früher oder später auch auf die Ostschweiz niederschlagen, da der grosse Kanton bekannterweise ein wichtiger Partner ist. 

«Innovation schafft Fortschritt»

«Dem müssen wir uns bewusst sein. Die Finanzkommission wird schon einschneidende Ergebnisse liefern, die sich dann auch mit einer Art Budgetkosmetik nicht mehr beschönigen lassen.»

Anschliessend war es Zeit für Fragen aus dem Publikum. Jemand wollte wissen, was der Kanton für die Förderung von Innovation tue.

«Mein Leitbild: Innovation schafft Fortschritt.» Bereits jetzt gebe es zahlreiche Programme vom Kanton. Unter anderem der Innopark OST, die Stiftung Startfeld, etc. «Unter anderem dank Mitteln der SGKB können wir all das anbieten.

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SGKB-Geschäftsleitungsmitglied René Walser, Regierungsrat Beat Tinner und Moderatorin Sabine Bianchi
SGKB-Geschäftsleitungsmitglied René Walser, Regierungsrat Beat Tinner und Moderatorin Sabine Bianchi

Das Auto im Wandel

Den Abschluss des Abends machte Prof. Dr. Stefan Bratzel mit einem Vortrag rund um die Automobilindustrie.

Charles Darwin soll einst gesagt haben: «Ich glaube an das Pferd. Das Auto ist eine vorübergehende Erscheinung.» Wie Unrecht er doch hatte.

«Das manuelle Fahren wird immer mehr vom autonomen Steuern abgelöst. Damit ist nicht die Gangschaltung gemeint, sondern dass ein Mensch das Auto bedient. Und auch der Verbrenner verliert immer mehr an Bedeutung», erklärt Bratzel den sich wandelnden Automobilmarkt.

Smartphones und Autos

Es steht also ein Wandel in der Automobilgeschichte bevor. Und wo findet dieser gerade besonders stark statt? In den USA? Nein. In China.

Man betrete hier ein komplett neues Universum und alteingesessene Firmen bekommen urplötzlich Konkurrenz von komplett unerwarteten Unternehmen.

Der Smartphone-Hersteller Xiaomi beispielsweise brachte sein eigenes Auto auf den Markt. Nicht nur vom Design her sieht es aus wie ein Porsche Taycan – auch von der Leistung her. Worin sich Deutschland und China unterscheiden: Der Preis. Ein topmodernes Auto mit Leistung und Ausstattung eines Porsche muss längst nicht mehr alle Welt kosten.

Prof. Dr. Stefan Bratzel
Prof. Dr. Stefan Bratzel

Autonom fahren auf dem Vormarsch

Während die Automobilindustrie bei uns kriselt, ist China auf dem Vormarsch. «Das merkt man beispielsweise bei VW. Die Absatzzahlen in China sinken, weil die Chinesen immer mehr auf Eigenmarken setzen. Es wird weniger Geld nach Wolfsburg gespült, wodurch die dortigen Probleme weniger gut kaschiert werden können.» Der Automobilmarkt China ist für den Westen so gut wie vorbei.

Das Prinzip lasse sich wie auf den Kampf zwischen Nokia und iPhone übertragen. «Das iPhone war nicht besser. Aber es brachte einen neuen Kundennutzen. So ist es auch bei der Autoindustrie.»

Auch in den USA werkelt man fleissig an der Zukunft des Automobils. Da kommt natürlich Elon Musk mit seinem Tesla-Konzern in den Sinn, aber auch Google hat mit der Tochterfirma Waymo bereits Fuss gefasst und bespielt mit autonomen Taxis die Strassen von San Francisco.

Es bleibt spannend also. In der Ostschweiz und der Welt.

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