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St. Gallen findet zum Glanz zurück

St. Gallen findet zum Glanz zurück
Lesezeit: 9 Minuten

Ist St.Gallen nur noch St.Mittelmass? Wer nachfragt, hört zuerst hundertfach Kritik, von Lethargie bis zu verpassten Chancen. Und dann tausend Gründe, warum St.Gallen einzigartig gut ist.

Die Frage, ob St.Gallen spitze ist, könnte zu Wortspielen verleiten. Sicher, der Glanz der einstigen Textilmetropole mit einem Hauch von Welt ist verblichen. Doch noch immer hüllen sich Frauen von Welt in St.Galler Einzigartigkeit, darunter vielleicht etwas aus Stickereien von Forster Rohner, darüber vielleicht eine Kreation von Akris.

Die einstige selbstdefinierte Grösse, die zu übermütigen Statements wie dem riesigen St.Galler Bahnhofsgebäude und Gebäudenamen wie «Haus Washington» führten, ist kleineren Ansprüchen gewichen. Vorangehen, etwas wagen, auch wenn man sich dabei die Finger verbrennen könnte? 2013 gab es ein solches Projekt, die Geothermie-Bohrung in St.Gallen war die grösste der Schweiz – doch sie lösten ein kleines Erdbeben aus. Die Pläne für ein grosses Geothermiekraftwerk landeten in der Schublade. Wer traut sich, eine nächste wagemutige Idee zu formulieren?

Für St.Galler ist diese Skurrilität ein Stück identitätsstiftende Eigenart.

Juhui, Meister!

Den Reflex «hit the big story hard» hat das St.Galler Tagblatt längst verinnerlicht, und so schien es unlängst, dass die Stories zum Meistertitel des FC St.Gallen unerschöpflich sind. Und wenn schon! Eine Meisterleistung darf man abfeiern. Nur einen Schönheitsfehler haben die Artikel: Sie erzählen von einem Ereignis, das vor einem Vierteljahrhundert stattfand.

Die Gegenwart sieht weniger glorios aus. Nach der Fusion von Helvetia und Baloise wird der Hauptsitz der neuen Nummer zwei der Schweizer Versicherungen in Basel liegen. St.Gallen verliert das neben Raiffeisen prominenteste und wichtigste Headquarter. Das Zürcher Newsportal «Inside Paradeplatz», das weniger durch präzise Recherchen als durch knallige Behauptungen auffällt, frotzelte postwendend: «Olma-Pleite, FC im Keller, Helvetia weg: St.Gallen crasht».

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St.Galler Spitzenklasse: Open Air, Bratwurst
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Treue Fans

Nun könnte man einwenden, dass nur crashen kann, wer Drive hat. Und selbst wenn man in der Ostschweizer Metropole den Crash in Abrede stellt, schadet es nicht, den Drive zu belegen. Genau das ist eine Absicht dieses Schwerpunkts: Feststellen, wo in St.Gallen etwas schiefläuft, aber eben auch aufzeigen, dass in der Stadt und in der ganzen Ostschweiz vieles absolute Spitze ist.

Das gilt aktuell nicht für die Kicker in Grün-Weiss, doch ebenso wenig ist der FC St.Gallen «im Keller»: Der Klub verpasste vor der Teilung der Tabelle knapp den Einzug ins Oberhaus und damit die Chance, in einem europäischen Wettbewerb zu spielen. Umgekehrt hatte der FC St.Gallen genügend Punkte, um in der Loser-Gesellschaft weit von Abstiegssorgen entfernt Matches ohne Bedeutung auszutragen. Letztlich schaute ein Platz im unteren Mittelfeld heraus. Da, wo auch die Stadt St.Gallen im Wettbewerb mit anderen Schweizer Mitbewerbern gerne verortet wird: «St.Mittelmass».

Doch selbst dieser Analogie lässt sich etwas Positives abgewinnen. Auch als es sportlich um nichts mehr ging, pilgerten die Fans in Scharen in den Kybunpark, über 18´000 im Schnitt, was erneut einen Klub-Rekord darstellt. St.Gallen liegt beim Fanaufkommen hinter Basel und Bern, aber – ätsch-bätsch – vor Zürich.

Von treuen Fans kann man auch bei Open Air St.Gallen sprechen, das 2027 seinen 50-Jahre-Jubiläum begehen kann und trotz grosser Konkurrenz für viele schlicht «das Open Air» ist. Oft ist ein grosser Teil der Tickets weg, bevor die wichtigsten Acts überhaupt bekannt sind. Mit maximal 30´000 Besuchern pro Tag kommt der Event inklusive Warmlaufen am Donnerstag jeweils auf 110’000 Eintritte. Das bedeutete in den vergangenen Jahren den zweithöchsten Wert in der Schweiz – hinter Frauenfeld, das heute als grösstes Hip-Hop-Festivals Europas gilt und bis zu 200’000 Besucher zählt. In der Festival-Hochburg Ostschweiz finden man aber nicht nur das traditionsreichste oder das grösste Festival, auch für das schönste, das coolste oder das familiärste Festival fänden sich Kandidaten hier.

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Noch immer hüllen sich Frauen von Welt in St.Galler Einzigartigkeit.

Einzigartiger Schauplatz

Ein herausragender Event im klassischen Bereich wären zudem die vergleichsweise jungen, 2006 erstmals durchgeführten St.Galler Festspiele mit der Freilicht-Oper vor den Türmen der St.Galler Kathedrale als Highlight. Wären, weil ein typischer lose-lose-Kompromiss das einzigartige Spektakel nur noch alle zwei Jahre im Klosterhof zulässt. Die Exilaufführung in den Flumserbergen blieb ein einmaliger Versuch, nun soll in jedem zweiten Jahr ein alternativer Standort in der Stadt St.Gallen her. Eine schwierige Ausgangslage, denn der einzigartige Schauplatz mitten im Unesco-Welterbe gibt dem Anlass das Gesicht, das aus Marketing-Sicht viel zu selten zu sehen ist. Aber vielleicht ist die neue Wechsel-Location ja auch eine überraschend coole Lösung? Die Suche nach dem neuen Standort kann Konzert und Theater St.Gallen jedenfalls als Cliffhanger nutzen und damit Spannung erzeugen.

Unmut erzeugt hat der Entscheid, das St.Galler Kinderfest erst nach vier Jahren wieder zu organisieren und allenfalls den traditionellen Drei-Jahres-Rhythmus gänzlich zu verlassen. Wenn der St.Galler Stadtrat Begegnungszonen erfindet oder Parkplätze liquidiert, halten sich Groll und Beifall einigermassen die Waage. Das behördliche Rumbasteln an der St.Galler Institution Kinderfest aber stösst fassteinhellig auf Unverständnis.

Das Kinderfest ist eine herausragende Besonderheit, von der Kinderfest-Bratwurst, die so dimensioniert ist, dass sie eigentlich nur Erwachsene bewältigen können, bis zum komplexen Prozess zur Festlegung eines Durchführungstermins: «’s isch» oder «’s isch nöd» gehört in St.Gallen zum Basis-Sprachgebrauch. Für Auswärtige, die in Kinderfest-Jahren mit St.Gallern einen Termin abmachen wollen, ist das oft zum Haare raufen. Für St.Galler ist diese Skurrilität ein Stück identitätsstiftende Eigenart.

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St.Gallen vor Rom

Weltweit einzigartig ist auch die Wahl eines neuen Bischofs im Bistum St.Gallen, auch wenn das Bistum Basel ein ähnliches Verfahren kennt. Nicht der Vatikan bestimmt den neuen Chef in St.Gallen, sondern das Leitungsgremium der Bischofskirche, das Domkapitel. Das sind 13 Priester, fünf aus dem Domstift acht vom Land. Wenn eine Vakanz eintritt, wie gerade jetzt nach dem Rücktritt von Bischof Markus Büchel, küren sie sechs Kandidaten, diese geheime Liste reichen sie dem Papst ein, der seinerseits jene bezeichnet, die eine Ernennung erhalten können. Am Wahltag selber dürfen die Mitglieder des Katholischen Kollegiums (Parlament) zur Liste Stellung nehmen und maximal drei Kandidaten als «minder genehm» einstufen. Danach wählt das Domkapitel den Bischof, der Name bleibt geheim, bis der Papst ihn bestätigt: Es ist der bisherige Dompfarrer Beat Grögli.

Die besten Beizen

Als dieser LEADER-Schwerpunkt über Social Media angekündigt wurde, kamen einige wertvolle Hinweise aus der Community, wo denn St.Gallen tatsächlich Spitze ist. Es zeigte sich freilich rasch, das wahre Kenner auch wissen, dass die Ostschweiz im Bereich Gastwirtschaft Spitze ist. Andreas Pfister, der CEO der Max Pfister Baubüro AG, schrieb: «Für eine Stadt in der Grösse von St.Gallen ist unser gastronomisches Angebot hervorragend. Man findet alles – vom Imbiss bis zum 2-Sterne-Restaurant.»

Fortyone-CEO Marcel Walker gab den Hinweis auf eine Studie über Online-Bewertungen von Gastro-Hotspots. Dabei landete St.Gallen – zusammen mit Winterthur – auf dem ersten Platz. Worauf ein bekannter Zürcher Gastrounternehmer in einem bekannten Zürcher Boulevardmedium über Online-Bewertungen vom Leder zog. Den Zürchern ein Schnippchen zu schlagen, tut der Ostschweizer Seele grundsätzlich gut; wenn es auf dem grünen Rasen nicht klappt, dann eben gerne am Herd. Ach ja, dass es dort, wo die Restschweiz beginnt, auch gute Beizen hat, mögen wir den Winterthurern gönnen.

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Wo die Weltelite antrabt

Regelmässige sportliche Spitzenleistungen werden jedes Jahr auch auf dem Rasen gleich neben dem Fussball-Tempel erbracht, am CSIO St.Gallen. Eine Top-Veranstaltung, wie der Unternehmensberater Roman P. Büchler, Inhaber von Foran, in einem Social-Media-Kommentar schrieb, «auch wenn uns unser Wetter letztes Jahr wieder aus der Nations League spülte». Der Weltverband hatte St.Gallen den Status der neu lancierten Nationenpreis-Serie abgesprochen, nachdem starke Regenfälle 2024 den Platz arg in Mitleidenschaft gezogen hatten. OK-Chefin Nayla Stössel gelang es dennoch, die Verträge mit dem Schlüsselpartner Longines zu verlängern. Die Preisgelder wurden deutlich erhöht, der Rasenplatz verbessert. Die Bemühungen wurden vor wenigen Tagen von Erfolg gekrönt: «Trotz der Turbulenzen mit dem Weltverband FEI lockt die Springkonkurrenz CSIO St.Gallen wiederum die Weltelite in die Ostschweiz», berichtete SRF.

Trotz offensichtlicher Makel lieben die St.Galler ihre Stadt, sie leben gerne hier.

Ein Sportmärchen

Weil manchmal wirklich Gold ist, was glänzt, verweist Manuel Stocker, Kommunikationsspezialist bei Swiss Athletics, auf «ein Schweizer Sportmärchen und Weltklasse-Integration made in St.Gallen»: Die Geschichte des südsudanesischen Flüchtlings Dominic Lubalu, der 2019 die Wege von LC-Brühl-Lauftrainer Markus Hagmann kreuzte und 2024 Europameister über 10´000 Meter wurde.

Der Unternehmer Dieter Fröhlich, der als Stiftungsratspräsident der Fussball-Nachwuchs-Akademie Ostschweiz gerne im «schönsten und attraktivsten Fussballstadion der Schweiz» zu Gast ist, weiss, wo der Ball am besten läuft: «St.Gallen ist immerhin im Frauenhandball Spitze, und dies seit vielen Jahren!». Tatsächlich haben die Frauen vom LC Brühl gerade die Meisterschaft für sich entschieden – es ist bereits der 34. Titel.

Das attraktivste Stadion der Schweiz wird übrigens im Juli vorübergehend Arena St.Gallen heissen, dann haben dort ebenfalls Frauen das Sagen: St.Gallen ist Host City der Frauenfussball-Euromeisterschaft, drei Spiele werden hier ausgetragen, von Teams wie Frankreich, England oder Deutschland dürfen durchaus Spitzenleistungen erwartet werden.

Andy Prinzig, Institutionsleiter bei der HPS St.Gallen, verweist auf Social Media darauf, dass St.Gallen auch Spitzenklasse in der Inklusion ist, und nennt als Beispiel den ersten Special Curling Club der Schweiz, der im Curling Center St.Gallen trainiert. Dass St.Gallen ein gutes Pflaster für Special Olympics Sportarten ist, zeigten auch die Special Olympics – National Games in St.Gallen im Sommer 2022, an denen über 1800 Sportler teilnahmen.

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St.Galler Bundespräsidentin

Auf dem Feld der Politik werden keine Goldmedaillen verteilt, mit der Wilerin Karin Keller-Sutter stellt der Kanton St.Gallen aber immerhin die aktuelle Bundespräsidentin. Sie gilt als eine der einflussreichsten Mitglieder unserer Landesregierung und spätestens seit der CS-Rettung ist sie auch die einzige Schweizer Politikerin, die im Ausland nicht nur Insidern bekannt ist. Die ehemalige FDP-Kantonsrätin Helga Klee aus Berneck erinnert in einem Social-Media-Kommentar an früheres Wirken von «KKS»: «Unser Kanton war der erste, welcher gegen häusliche Gewalt einen Gesetzesartikel im Polizeigesetz verankerte. Initiiert von der ehemaligen Justizministerin Karin Keller- Sutter.»

«Raus aus der Komfortzone»

Nicht nur in Social-Media-Kommentaren wird die HSG als St.Galler Spitzenleistung genannt: Die «Financial Times» führt jährlich ein weltweites Ranking von Internationalen Master in Managenent-Programmen durch. In den letzten 14 Jahren stand 13-mal das Master in Strategy and International Management-Programme SIM-HSG auf der ersten Position.

Der Consultant und frühere Universitätsrat Martin Huser knüpfte daran an und schrieb: «Künftig an der Spitze zu bleiben, heisst sich aktiv für eine klare Positionierung zu Gunsten attraktiver Investoren im Umfeld der europaweit führenden Wirtschafts-Universität engagieren. Das bedeutet raus aus der Komfortzone und aktiv mit überzeugenden Angeboten Unternehmen für den Standort gewinnen.»

Im Umfeld der HSG entstehen und entstanden Initiativen, die ihrerseits einzigartig sind. Das St.Gallen Symposium bringt Jahr für Jahr führende Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft aus der ganzen Welt in die Ostschweiz, bisher kam es zu 54 Austragungen. Organisiert wird der Mega-Event von einem jeweils für ein Jahr zusammengesetzten Studenten-Komitee.

Einzigartig ist auch das Start Summit im Olma-Areal, die grösste von Studenten organisierten Konferenz für Unternehmertum und Technologie lockte dieses Jahr über 7000 Teilnehmer an.

Die Gegenwart sieht weniger glorios aus.

Lebenswerte Stadt

Die Kommentare auf Social Media zu diesem Vorhaben waren vielfältig und zum Teil widersprüchlich. Eines aber ist der Community gemein: Trotz offensichtlicher Makel lieben die St.Galler ihre Stadt, sie leben gerne hier. Das ist, um es in der Sprache eines Wirtschaftsmagazins auszudrücken, ein Asset. In der Sprache der Doyenne der Ostschweizer Kommunikationsbranche, Ursula Trunz, klingt das so: «St.Gallen ist Spitze, weil du hier alles bekommst, was du zum Leben brauchst, auch hochstehende Kultur und Bildung. Und dennoch bewegst du dich in einem Dorf: Bei jedem Gang durch die Stadt begegnest du jemandem und wechselst ein paar Worte. Heimat eben, auch wenn sie sich manchmal abweisend gebärdet und sie es mir nicht immer leicht macht, sie zu lieben.» Das klingt nicht nur ein bisschen nach Literatur – Ursula Trunz ist neuerdings auch Belletristik-Autorin, im September erscheint ihr Buch «Kleines Lied der Freiheit». In einem Zürcher Verlag.

Für Michael Urech, Mitarbeiter der Dienststelle Finanzen der Stadt St.Gallen und Vize-Gemeindepräsident von Münsterlingen, ist St.Gallen immer noch «die Stadt im grünen Ring», wie er schreibt: «In 10 bis 15 Minuten ist man zu Fuss im Grünen, auf den Hügeln.» Der Dean der School of Management an der Fachhochschule OST, Thomas Metzger, fasste es in einem Wort zusammen: «Lebensqualität».

Die Angst vor grossen Würfen

Einer, der diese Stadt ganz sicher auch liebt, ist Konrad Hummler; ein Unternehmer, der immer wieder etwas anreisst (und durchzieht), aber seine Heimatstadt auch kritisiert. Das tat er unlängst in einem vieldiskutierten Artikel in der NZZ in einem «Krisengespräch» mit Redaktor Andri Rostetter, der seinerseits die Ostschweiz ohne Navi findet. St.Gallens Probleme hätten mit der Stadtgründung begonnen, hiess es schon süffisant im Titel, um den Ur-Sankt-Galler Hummler dann mit Widrigkeiten aus der Gegenwart zu konfrontieren: Der internationale Reitsportverband streicht den St.Galler CSIO aus dem Programm und nimmt ihm den Nationenpreis. Die Universität Zürich will den Joint Medical Master mit der HSG nicht weiterführen. Der Olma fehlten Millionen, die Stadt selbst macht auch ein Defizit. Vor allem aber: Von den zehn grössten Schweizer Städten hat St.Gallen die tiefsten Mieten – was bedeute, dass niemand hier hinwolle; die Stadt sei zu wenig dynamisch, die Steuern zu hoch, Zürich zu weit weg.

Konrad Hummler seinerseits ergänzt die Liste mit Projekten, die teilweise seit Jahrzehnten blockiert sind, etwa die Sanierung des Kunstmuseums oder des Marktplatzes, aber auch der Neubau des HSG-Campus am Platztor. «Die Stadt leidet unter Selbstzufriedenheit, Risikoaversion und Provinzialität», wird Konrad Hummler in der NZZ zitiert. «Man hat Angst vor den grossen Würfen. Man stellt die grossen strategischen Fragen nicht.»

Der LEADER hat Konrad Hummler die Frage gestellt, ob St.Gallen nicht auch positive Seiten habe, was er leidenschaftlich bejaht. Ebenso hat der LEADER St.Gallens Stadtpräsidentin Maria Pappa zur Kritik befragt, der sie ihre eigene Sichtweise entgegenhält (siehe Interviews in diesem Schwerpunkt).

Text: Philipp Landmark

Bild: zVg

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