St.Gallen

Geballte Frauenpower am 28. Rhema Gwerblertag

Geballte Frauenpower am 28. Rhema Gwerblertag
Corinne Sutter, Ralph Dietsche, Léa Miggiano, Brigitte Breisacher, Luzia Tschiky, Tobias Müller, Adrian Knechtle, Christof Schwarber, Michael Dietrich
Lesezeit: 7 Minuten
In seiner 28. Runde beschäftigte sich der Rhema-Gwerblertag mit starken Frauen. Unter dem Motto «Geballte Frauenpower» kamen die unterschiedlichsten Frauen zu Wort, welche alle beispiellose Karrieren vorweisen können.

Text: Fabian Alexander Meyer

Der 28. Rhema Gwerblertag war einmal mehr ein Treffpunkt für Unternehmer und Führungskräfte aus dem ganzen Rheintal. Gewohnt pointiert und professionell führte Moderator Ralph Dietsche durch den ersten Teil des Nachmittags, ehe er das Mikrofon an den vom SRF bekannten Moderator Tobias Müller abgab.

«Frauen sind grossartig – geschäftstüchtig, durchsetzungsfähig, klug. Das steht ausser Frage. Dennoch beginnen wir den Anlass mit zwei Männern. Namentlich Adrian Knechtle, stellvertretender Direktor und Leiter Firmenkunden der Clientis Biene Bank im Rheintal und Christoph Schwarber, Generalagent der Helvetia-Versicherungen in der Generalagentur Rheintal.» Gemeinsam sprachen sie über die Rolle von Frauen in Wirtschaft und Gesellschaft.

«Wir sind eine frauenfreundliche Bank»

Adrian Knechtle betonte gleich zu Beginn: «Wir sind bereits heute eine frauenfreundliche Bank. Viele Frauen arbeiten bei uns in wichtigen Funktionen – und sie fühlen sich bei uns wohl.» Gerade in der Nachfolgethematik würden weibliche Führungskräfte zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Dem pflichtete auch Christoph Schwarber bei: «Wenn die Babyboomer-Generation in den kommenden Jahren in Pension geht, dann ist es an den Frauen, Verantwortung zu übernehmen – und das Erbe im Geiste der vorherigen Generation weiterzuführen.» Die Realität zeige bereits jetzt, dass Frauen bei vielen geschäftlichen Entscheidungen im Hintergrund längst den Ton angeben. «In der Verhandlung spricht der Mann – aber entschieden wird oft nach einem Seitenblick zur Frau.»

Adrian Knechtle
Adrian Knechtle

Rheintaler Helvetia-Kunden können aufatmen

Auf die grossen wirtschaftlichen Unsicherheiten angesprochen – von geopolitischen Spannungen über Inflation bis hin zur Frage der Altersvorsorge – sagte Schwarber klar: «Versicherungen haben in solchen Zeiten einen ganz anderen Stellenwert. Es ist nicht immer einfach, gute Lösungen zu finden – aber genau das ist unsere Aufgabe.» Die Bedeutung von langfristigem Denken und Sicherheit nehme deutlich zu.

Tobias Müller legte sodann den Finger in eine frische Wunde. «Wie wir alle wissen, steht die Fusion zwischen der Baloise und der Helvetia bevor. Was können Sie uns hierzu sagen?» Schwarber reagierte sarkastisch: «Diese Frage höre ich zum ersten Mal diese Woche.» Derzeit sei bei der Fusion noch nichts in trockenen Tüchern. «Es wird zwei Generalversammlungen geben – eine in Basel, eine in St.Gallen.» Erst nach diesen beiden ausserordentlichen Generalversammlungen wissen wir mehr. 

Für das Rheintal gab er eine Entwarnung: «Für unsere werten Rheintaler Kunden bleibt alles beim Alten. Wir stehen hier zusammen. Sie können sich auf uns verlassen.» Die Unsicherheit wurde damit also nicht beseitigt. Aber zumindest gibt es einen jetzt etwas detaillierteren Einblick in den Plan.

Rhema 2025  Unternehmertag Vaduz  
Christof Schwarber
Christof Schwarber

«Wir werden verweichlicht»

Die erste Frau auf der Bühne war Brigitte Breisacher von der Firma Alpnach Norm. Sie übernahm die Firma von ihrem Vater. Schon als Kind habe sie ihren Vater in der Firma besucht und sei selbstbewusst auf den Chefstuhl gesessen. «Daher die logische Schlussfolgerung, dass ich seine Nachfolgerin werde.»

Sie setzt dabei auf einen harten, aber fairen Führungsstil. «Heute werden die Feedbacks gerne durch den Weichspüler gejagt. Man will ja nicht, dass einer heult. Keiner verträgt mehr Kritik.» Als Beispiel voran führte sie unter anderem, dass in den Schulen die Noten abgeschafft werden sollen. «Wir werden verweichlicht.»

Knapp dem Tod entgangen

In ihrer Bude gebe es diese Verweichlichung nicht. «Die Gratwanderung zwischen Härte und Unfairness bestreite ich mit einer offenen Kommunikation. Denn gut informierte Leute verbreiten keine Gerüchte.» Zu dieser beschriebenen offenen Kommunikation gehören auch unangenehme Sachen.

«Ich habe beispielsweise einen Mitarbeiter nach zwanzig Jahren fristlos entlassen. Er hat Mobbing betrieben und sich mehrfach über das Verbot hinweggesetzt. Da muss man hart sein und nicht alles durch eine rosa Brille sehen.» Sie beschrieb es mit einer Erdbeere. «Wenn eine Erdbeere im Korb faul ist, muss ich sie entsorgen. Denn sonst verfault mir der ganze Korb.»

Die Unternehmerin hat ein bewegtes Leben hinter sich. So wurde sie in Phuket von einem Tsunami erfasst und ins Landesinnere gespült. Wie durch ein Wunder überlebte sie aber. «Für diese zweite Chance bin ich äusserst dankbar. Heute habe ich eine andere Lebenseinstellung.» Und zum Schluss: «Frauen, schaltet Herz, Hirn und Humor ein. Dann packen wir alles. Ich will keine Quotenfrau sein. Ich will aufgrund meiner Fähigkeiten gewählt werden – nicht aufgrund einer Quote.»

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Tobias Müller und Brigitte Breisacher
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Live aus der Ukraine

«Love many, trust few, know how to paddle your own canoe.» Unter diesem Motto trat Luzia Tschirky auf. Die mittlerweile bekannte Kriegsreporterin begab sich bereits mehrmals in das vom Krieg gezeichnete Ukraine und erledigte Presse-Arbeit, die wohl kaum ein Journalist tun möchte.

«Als der Krieg begann, war ich gerade in der ukrainischen Hauptstadt. Das Leben änderte sich also sehr schnell sehr stark.» An einem Punkt musste Tschirky die Hauptstadt verlassen. Was sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: Es wird extrem eng werden – und den russischen Spezialkräften wird sie näher sein als ihr lieb ist.

Spiel mit dem Leben

«Wir haben uns für eine alternative Route entschieden. Und das war ein Fehler. Denn als ich unterwegs anhielt und dem SRF ein Interview gab, fielen gerade einmal neun Kilometer von mir entfernt russische Spezialeinheiten ein und wollten einen Flughafen einnehmen.» Eine Erfahrung, die mit einer kleinen Abweichung vom Plan tödlich hätte enden können.

«Ich habe immer wieder Anrufe von anderen Journalisten erhalten, die es nicht mehr aus der Hauptstadt herausgeschafft haben.» Und ihr Grundsatz, wenigen Leuten zu vertrauen, bewährte sich als richtig. «Ich habe mir im Ausland eine Schutzweste gekauft. Anfangs wurde ich dafür noch belächelt, schliesslich passiert ja nichts. Hätte ich mich zu sehr auf die anderen verlassen, wäre ich ohne Schutzweste dagestanden.»

Ein anderes Beispiel: «Angenommen, man sitzt in einem Auto und erwartet, dass gleich Angriffsdrohnen einfallen werden. Der gesunde Menschenverstand sagt, dass man möglichst keinen Mucks macht, die Scheiben runterlässt und sich konzentriert, um die anfliegenden Drohnen zu hören.» Doch auch hier kann man sich nicht vollends auf die anderen verlassen. «Im Notfall lässt man als Einzige das Fenster runter – und hat damit eine etwas grössere Überlebenschance.»

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Tschirky kennt keine Angst

Angst kennt Tschirky nicht. Und um auch einer PTSD vorzubeugen, schrieb sie ihr Buch, um mit dem Geschehenen und Gesehenen abzuschliessen. 

Etwas, was ihr besonders in Erinnerung bleibt: «Eine Freundin wurde erschossen. Von einem Taliban. Als Polizist verkleidet.» Ganz einfach: «Love many, trust few, know how to paddle your own canoe.»

Luzia Tschirky
Luzia Tschirky

Von Jackie Chan bis zu einer Königin

Mit dem Vortrag der Flawiler Speedpainterin Corinne Sutter wurde es dann wieder etwas lockerer. Sie bat einen jungen Herrn auf die Bühne und erstellte in wenigen Minuten ein Portrait von ihm. Ob dieses jetzt gut oder schlecht getroffen oder auch dem Auge schmeichelnd ist, liegt im Auge des Betrachters. Die Geschichten, die die Flawilerin danach erzählte, waren dafür an spannenden und lustigen Anekdoten kaum zu überbieten.

So konnte die Künstlerin bereits Hollywood-Legende Jackie Chan zeichnen, Ronan Keating und sogar die Königin von Dänemark, Königin Margrethe. Wer auf ein solch royales und berühmtes Publikum zählen kann, der hat auch viele interessante Fakten zu erzählen. Darunter beispielsweise jener, dass ein Royal Butler ihr auf seinem Handy Aufnahmen und Fotos gezeigt hat, welche die königliche Familie in einem lustigen Licht darstellen. Und damit eben so, wie sie in der Öffentlichkeit eigentlich nicht gerne gesehen werden. «Damit hätte er seinen Job verlieren können!»

Mit Blick in die Zukunft sagte die Flawilerin, dass sie derzeit an einem Programm arbeite. «Wir nennen es SCHARFE ZUNGEN. Und ja, der Name ist Programm. Bereits jetzt haben wir ein paar Kolumnen geschrieben, aber wir sind uns noch nicht sicher, ob wir diese auch wirklich veröffentlichen können. Die Sozialverträglichkeit ist nicht gewährleistet. Schon bald wird aber auch der Comedian Stefan «Büssi» Büsser zu Gast sein. Man darf also gespannt sein, was für sozial unverträgliche Dinge da noch kommen mögen.

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Corinne Sutter und Michael Dietrich
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Autos im Abo statt kaufen

Den Abschluss machte Léa Miggiano, eine ausgesprochen junge Unternehmerin, die bereits mit gerade einmal 23 Jahren ein innovatives Start-up hochgezogen hat. «Carvolution» nennt sich die Firma, die die HSG-Absolventin direkt nach dem Abgang an der HSG mit ihren Kollegen gegründet hat. 

Mit Autos hatte die Unternehmerin bisher eigentlich wenig zu tun. «Jedoch kam eines Tages die Frage auf, ob ich mir ein Auto zulege. Heutzutage wird ein Auto entweder direkt gekauft, dann gehört es dir, oder es wird geleast. Dann zahlst du monatlich einen Leasingbetrag. Dazu kommen dann auch noch die ganzen anderen Abgaben. Beispielsweise die Versicherung, die Einlagerung von Pneus, die Lösung beim Kanton und alles, was dazugehört.» Gerade Leasing ist daher eine versteckte Kostenfalle. 

Dieses System bekam in den letzten Jahren durch den massiven Vormarsch von Carvolution eine ernstzunehmende Konkurrenz. «Wir bieten das sogenannte Abo an. Damit kannst du monatsweise ein Auto bei uns benutzen und musst nur noch für Sprit, etc. aufkommen. Die ganze Bürokratie mit den Versicherungen läuft alles über uns. Vollkasko und Haftpflicht sind beispielsweise bereits im Abo eingerechnet.» Damit haben die Schweizer eine alternative Möglichkeit zum Kauf und zum Leasing. «Und das Beste: Sie können das Auto jeden Monat wechseln und auch alle anderen Parameter frei anpassen.»

Die Jungunternehmerin ist auf der Überholspur und nicht zu bremsen. Auf die Frage, wie es mit Carvolution weitergeht, reagierte sie bedeckt, liess aber in ihre eigenen Gedankenwelt Einblick. «Wenn es nur nach mir ginge, würden wir jeden Tag ein neues Produkt lancieren. Beispielsweise ein Helikopterabo, eins für Pferde, und und und.» Natürlich ist sich die Unternehmerin bewusst, dass das nicht einfach umsetzbar ist. Schliesslich muss man die richtigen Prioritäten setzen.

 

eastdigital breakfast, 22.05.2025  
Tobias Müller und Léa Miggiano
Tobias Müller und Léa Miggiano

Mit diesen vier Vorträgen ging ein spannender Gwerblertag zu Ende. Er zeigte auf, zu welchen Leistungen Frauen fähig sind. Egal ob sie in einem Kriegsgebiet ihr Leben riskieren, ein Unternehmen aus dem Nichts hochziehen, Kunst für eine Königin machen oder einen konsequenten Führungsstil verfolgen. 

Es zeigt, dass Qualitäten und Fähigkeiten von der Person, nicht dem Geschlecht abhängig sind und sich die Frauen in einer von Männern dominierten Wirtschaftswelt nicht verstecken müssen.