Appenzell Ausserrhoden

Fusionszwang oder visionärer Wurf?

Fusionszwang oder visionärer Wurf?
Die Debatte zu den künftigen Ausserrhoder Gemeindestrukturen ist in vollem Gang.
Lesezeit: 3 Minuten

Nach der jüngsten Debatte zu neuen Ausserrhoder Gemeindestrukturen liegen für die Volksdiskussion zwei Varianten auf dem Tisch. Gemäss dem Gegenvorschlag der Regierung soll es statt wie heute 20 Gemeinden künftig nur noch vier geben. Im anderen Fall würden die Gemeindenamen aus der Kantonsverfassung gestrichen, was den Gemeinden Fusionen im Gegensatz zu heute leichter machen würde.

Im März 2018 kam die Volksinitiative «»Starke Ausserrhoder Gemeinden» eines überparteilichen Komitees zustande. Ziel der Initianten ist es, Zusammenschlüsse von Gemeinden zu fördern. Die Gemeinden sollen in der Verfassung nicht mehr namentlich aufgezählt werden.

In erster Lesung wurde die Volksinitiative vom Kantonsrat an die Regierung zurückgewiesen mit dem Auftrag, dem Rat einen Gegenvorschlag zu unterbreiten. Der Gegenvorschlag des Regierungsrats sieht die Fusion der 20 Gemeinden zu künftig nur noch vier Gemeinden vor - Herisau, Vorderland, Mittelland und Hinterland.

Emotionales Thema

Gestern fand im Kantonsrat die zweite Lesung der Volksinitiative und die erste Lesung des Gegenvorschlags statt. Die Kommission Inneres und Sicherheit befürwortet mehrheitlich den Gegenvorschlag des Regierungsrats. Es gehe jetzt vor allem darum, offene Fragen zu klären, sagte Kommissionspräsident Peter Gut: «Visionen fallen nicht vom Himmel, sie müssen erarbeitet werden.»

Es gehe um ein sehr emotionales Thema, sagte der zuständige SVP-Regierungsrat Hansueli Reutegger. Er sei vom Milizsystem überzeugt, aber für viele kleinere Gemeinden werde es immer schwieriger, die Exekutivbehörden zu besetzen, so Reutegger. «Im Vordergrund steht die Steigerung der Qualität durch Professionalität.»

Zwangsheirat oder Vernunftsehe

Gegner des Gegenvorschlags warnten vor Fusionszwang, vor Zwangsheiraten, vor zu viel Macht für die Gemeinde Herisau, Wegzügen von guten Steuerzahlern und hohen Kosten für den Kanton. Befürworter sprachen von einem radikalen und visionären Vorschlag, einem grossen Wurf und von Liebesheirat bis zu Vernunftehe.

Die FDP-Fraktion brachte einen Eventualantrag ins Spiel. Die Variante ist inhaltlich ähnlich wie die Ursprungsinitiative, nach der die Gemeinden selbst Fusionen beschliessen und die Stimmberechtigten der jeweiligen Gemeinden diese gutheissen müssen, sie ist aber rechtlich klarer formuliert als die Initiative «Starke Ausserrhoder Gemeinden». Man wolle mit zwei echten Alternativen in die Abstimmung, so die Begründung der FDP. Der Rat stimmte dem Eventualantrag mit grosser Mehrheit zu.

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Weitere Anträge chancenlos

Aus der Fraktion der Parteiunabhängigen kam ein Antrag, den Gegenvorschlags der Regierung zum Modell von drei Gemeinden «Vorderland, Mittelland und Hinterland» abzuändern. Herisau müsse ins Hinterland integriert werden. Eine Bandbreite von drei bis sechs Gemeinden sah ein weiterer Antrag einer Mehrheit der FDP-Fraktion vor. Beide Anträge waren chancenlos. In der Schlussabstimmung wurde dem Gegenvorschlag der Regierung inklusive Eventualantrag deutlich zugestimmt.

Regierungsrat Hansueli Reutegger: Volksdiskussion ist wegweisend.
Regierungsrat Hansueli Reutegger: Volksdiskussion ist wegweisend.

Volksdiskussion entscheidend

Die Entscheide zur Initiative und zum Gegenvorschlag werden in nächster Zeit der Volksdiskussion unterstellt. «Für mich hat sich der Kantonsrat klar geäussert, dass er mit einem ‘Zweier-Ticket’, also zwei Varianten in die Volksabstimmung gehen will, erklärt Regierungsrat Hansueli Reutegger gegenüber leaderdigital.ch.

«Im Grunde geht es um ‘Buttom-up’ oder ‘Top-down’ – also ob Fusionen künftig durch die Gemeinden selbst forciert werden können oder ob die Gemeindestrukturen in der Kantonsverfassung neu festgelegt werden sollen», so Reutegger. «Ganz wichtig ist nun zu hören, was die Bevölkerung darüber denkt. Das zeigt für mich denn auch die Stossrichtig für eine dritte Lesung», so Reutegger gegenüber leaderdigital.ch. So werde sein Departement in Zusammenarbeit mit einer externen Stelle Fragen aus der Volksdiskussion und der politischen Debatte klären, darunter zum Zeitplan, mögliche Stolpersteine, funktionale Räume und Auswirkungen auf den Finanzausgleich.

Die dritte Lesung ist auf Herbst/Winter 2022 vorgesehen.

Tanja Millius

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