Thurgau

«Es war 'David gegen Goliath'»

«Es war 'David gegen Goliath'»
Fredy Sidler, ehem. Direktor der Bieler Ingenieurschule, Martin Bühler, ehem. Mediensprecher der «Spirit of Biel/Bienne», Joel Mäder, Mediapolis AG, Sven Bradke, Mediapolis AG, Jeppe Tholstrup, Organisator der damaligen «World Solar Challenge», und Fredy Lienhard, Gründer der Autobau Erlebniswelt
Lesezeit: 3 Minuten

Am 11. November 1990 nahm die Ingenieurschule Biel mit ihrem Solarmobil zum zweiten Mal an der «World Solar Challenge» in Australien teil. Angetrieben mit Strom aus den eigenen Solarpanels meisterte die «Spirit of Biel/Bienne II» die über 3'000 Kilometer lange Strecke von Darwin nach Adelaide in nur 46 Stunden. Im Gespräch mit Sven Bradke erinnern sich die drei «Solarweltmeister» Fredy Sidler, damaliger Direktor der Ingenieurschule Biel, Martin Bühler, ehemalige Mediensprecher des Rennteams, und Jeppe Tholstrup, Gründer der «World Solar Challenge», an die tollkühne Fahrt quer durch «Down Under».

Text: Sven Bradke

Herr Sidler, was ist Ihre schönste Erinnerung an 1990 in Australien?
Fredy Sidler: Natürlich war es das Abenteuer, das uns gelockt hatte; die fantastische Reise durch den Outback. Vor allem aber, dass die Reise mit der «Spirit of Biel/Bienne» durch einen Sieg gekrönt wurde.

Warum gewannen Sie und nicht wie erwartet Honda?
Fredy Sidler: Ich denke, wir waren Honda im Wissen um die Technik des Elektrofahrzeugs ein wenig voraus. Beispielsweise war vom Reglement her vorgesehen, eine Batterie mit einer Kapazität von 5 Kilowattstunden mitzunehmen. Honda hatte darauf verzichtet und mit 1.2 Kilowattstunden gearbeitet. Dies im Glauben, dass die Einsparung des Gewichts den Rollwiderstand reduzieren würde.

Herr Bühler, Sie begleiteten die «World Solar Challenge» medial. Wie lief das ab?
Martin Bühler: Dies war insbesondere beim ersten Rennen 1987 eine Herausforderung. Es gab damals keine Handys. Ich musste also nach der täglichen Zielankunft bis zu 100 Kilometer weit in ein Road House fahren, um ein Telefon zu finden. Dort habe ich dann meinen Bericht in die Heimat diktiert. Beim zweiten Mal, 1990, hatten wir bereits ein Satellitentelefon mit dabei. Dieses war auf einem Anhänger mit Schüssel. Rückblickend staune ich, wie gross die Euphorie und das Interesse im Seeland und weit darüber hinaus waren.

Was war das Erfolgsgeheimnis der «Spirit of Biel/Bienne»?
Martin Bühler: Ich glaube, es war «David gegen Goliath». Wir waren ein kleines Team mit kleinem Budget. Wir schafften es trotzdem.

Wie hoch war denn das Budget?
Fredy Sidler: Es betrug 1.2 Millionen Franken. Der Betrag beinhaltete nicht nur den Bau des Fahrzeugs, sondern auch die gesamte Expedition.

 

Wie, Herr Tholstrup, kamen Sie auf die Idee, eine «World Solar Challenge» zu organisieren?
Jeppe Tholstrup: Das war sehr einfach. Alle Leute sagten, man könne Australien nicht mit Solarkraft alleine durchqueren. Also sagte ich mir, dass wir einen Wettbewerb zwischen intelligenten Leuten bräuchten. Diese sollten nach Australien kommen und voneinander lernen. Und das geschah. Biel kam zum ersten Event. GM gewann diesen, weil sie mehr Ressourcen und sehr intelligente Leute dabeihatten. Biel lernte von GM und verfügte dann beim Folgerennen über mehr Wissen als Honda. Die Ingenieurschule hatte damit gezeigt, dass Geld nicht alles ist. Was die Leute im Kopf haben, ist von Bedeutung.

Hatten Sie damals gedacht, dass es einen Solar- und Batteriefahrzeug-Boom geben könnte?
Fredy Sidler: Wir hatten nie daran geglaubt, dass es jemals Individualfahrzeuge geben würde, die allein mit der Energie auskämen, die über das Dach ins Auto eingespeist würde. Von Bedeutung war für uns die Entwicklung des Elektroantriebs. Dank der Solartechnologie hatten wir nur wenig Energie zur Verfügung und mussten die Energie des gesamten Fahrzeugs optimieren. Das war für uns ein sehr wichtiges Anliegen. Es ging darum, zu zeigen, dass man mit einem Elektroauto eine Strecke von über 3'000 Kilometern fahren kann.

Wie sehen unsere Strassen in zwanzig Jahren aus?
Fredy Sidler: Wahrscheinlich ähnlich wie heute, aber mit viel mehr selbstfahrenden Fahrzeugen und, wenn genügend Strom vorhanden ist, mit viel mehr Batteriebetriebenen.

Haben synthetische Treibstoffe langfristig eine Chance?
Fredy Sidler: Vielleicht! Ich bin kein Professor mehr und seit 15 Jahren pensioniert. Wir werden sehen.

Das Interview wurde anlässlich eines Treffens der ehemaligen «Weltmeister» am 7. Juni 2023 in der Autobau Erlebniswelt in Romanshorn geführt.

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