«Der Eigenmietwert soll endlich fallen»

Text: PD/stz.
«Mit dem Eigenmietwert wird etwas besteuert, das gar nicht im Portemonnaie ist», betonte Stefan Mühlemann, Präsident der Thurgauer Allianz für faire Steuern und des Hauseigentümerverbands (HEV) Thurgau.
Der Eigenmietwert stelle ein rein fiktives Einkommen dar, das erzielt werden könnte, wenn das Haus oder die Wohnung vermietet würde. «Dieses Einkommen gibt es jedoch nicht, und die Besteuerung ist entsprechend ungerecht.» Die Schweizer Stimmbevölkerung habe am 28. September die Möglichkeit, für faire Steuern auf Wohneigentum zu sorgen.
Vor 110 Jahren eingeführt
Nationalrätin Kris Vietze, Präsidentin der Industrie- und Handelskammer Thurgau (IHK), ging darauf ein, wie die Steuerungerechtigkeit konkret ausgemerzt werden soll: Das Eidgenössische Parlament habe sich für einen vollständigen Systemwechsel entschieden: Der Eigenmietwert bei selbstgenutztem Wohneigentum am Hauptwohnsitz und bei Zweitliegenschaften würde nicht mehr besteuert.
Im Gegenzug wären steuerliche Abzüge bei Unterhaltskosten und privaten Schuldzinsen nicht mehr oder nur noch beschränkt möglich. Die Kantone könnten indes Abzüge gestatten – beispielsweise bei Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen. «Die Abschaffung der Eigenmietwert-Steuer ist volkswirtschaftlich sinnvoll und ein wichtiges Zeichen gegen die hohe Steuerbelastung in unserem Land», schloss Vietze.
Nationalrat Manuel Strupler, Vizepräsident des Verbands Thurgauer Landwirtschaft (VTL), erinnerte an die Ursprünge des Eigenmietwerts: «Die Steuer ist 1915 während des Ersten Weltkriegs eingeführt worden – als Kriegssteuer.» Per Notrecht sei der Eigenmietwert 1934 als eidgenössische Krisenabgabe zur Gesundung des Bundeshaushalts wieder eingeführt worden. «Seither wird die ungerechte Sondersteuer durch den Fiskus erhoben. Nun haben wir die historische Chance, den Eigenmietwert endlich abzuschaffen.»
Mehr Spielraum für Investitionen
Nationalrätin Diana Gutjahr, Präsidentin des Thurgauer Gewerbeverbands (TGV), brachte die Sicht des Gewerbes ein: Grundsätzlich stärke die Abschaffung des Eigenmietwerts die Selbstverantwortung. Schulden würden nicht länger steuerlich bevorzugt, das Abzahlen lohne sich wieder.
Dass gleichzeitig Abzugsmöglichkeiten beim Unterhalt wegfallen, sei innerhalb des TGV diskutiert worden. «Wir sehen aber vielmehr die Chancen fürs Gewerbe: Eigentümer, die das bisher schon gemacht haben, werden auch weiterhin ihre Liegenschaft pflegen und unterhalten.»
Echte Vorsorge statt Sorge
Nationalrat Christian Lohr warf seinerseits einen Blick auf die sozialen Folgen: In der «ausgewogenen und fairen Lösung» zur Abschaffung des Eigenmietwerts sieht er insbesondere eine Chance für junge Familien: Sie hätten es ohnehin schon schwer, Wohneigentum zu erwerben. Der Eigenmietwert mache das Wohnen noch teurer.
Andererseits sei die Abschaffung auch für ältere Menschen eine Erleichterung: «Sie müssen nach der Pension mit weniger Einkommen haushalten. Die Abschaffung des Eigenmietwerts würde sie spürbar entlasten. Das kann zu verhindern helfen, dass das Wohneigentum von der eigentlichen Altersvorsorge zur Alterssorge wird.»
Stefan Mühlemann erläuterte zum Schluss die konkrete Vorlage: Abgestimmt wird am 28. September nämlich nicht direkt über die Abschaffung des Eigenmietwerts, sondern über den Bundesbeschluss über die kantonalen Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften. «Kantone erhalten dadurch die Möglichkeit, auf Zweitliegenschaften eine Steuer zu erheben. Dies ist insbesondere für Bergkantone mit einem grossen Anteil an Zweitwohnungen relevant.»
Die beiden Vorlagen seien verknüpft: Werde der Bundesbeschluss über die Liegenschaftssteuern angenommen, trete automatisch das neue Gesetz mit der Abschaffung des Eigenmietwerts in Kraft. Mühlemann brachte es auf den Punkt: «Wer den Eigenmietwert abschaffen will, sagt Ja zum Bundesbeschluss über die kantonalen Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften.»
Abstimmungs-Song aus dem Thurgau
Schon vor der Abstimmung über die Abschaffung der Thurgauer Liegenschaftensteuer im vergangenen Frühling komponierte Bea Marasco einen Song. Nun hat die Präsidentin des Hauseigentümerverbands (HEV) Sulgen und Umgebung nachgedoppelt: Mit dem Lied «Fertig Geisterstüür» besingt sie die Ungerechtigkeit hinter dem Eigenmietwert. Der Song ist in Zusammenarbeit mit dem HEV Schweiz entstanden und begleitet den nationalen Abstimmungskampf. Eine Kostprobe gibt es auf www.faire-steuern.ch.