St.Gallen

Als familienfreundliche Region gegen den Fachkräftemangel

Als familienfreundliche Region gegen den Fachkräftemangel
Sie informierten über das WPO-Projekt (von links nach rechts): Roman Habrik, Hansjörg Brunner, Robert Stadler, Andreas Bühler, David Zimmermann
Lesezeit: 4 Minuten

WPO lanciert ein regionales Kita-System, um das Angebot und die Wahlfreiheit der Arbeitnehmer zu verbessern. Das Projekt mit schweizweitem Pioniercharakter positioniert die Lebens- und Arbeitsregion am Portal zur Ostschweiz als familienfreundliche und fortschrittliche Region und soll dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Bereits zum Start haben sich acht Gemeinden sowie elf Kindertagesstätten aus den Kantonen St.Gallen und Thurgau angeschlossen.

Text: PD

Bis 2035 werden auf dem Ostschweizer Arbeitsmarkt gegenüber heute rund 60'000 Personen fehlen. Diese Zahl aus einer neuen HSG-Studie publizierte die IHK St.Gallen-Appenzell vor einer Woche.

Es braucht deshalb Massnahmen, um das brachliegende Arbeitskräftepotenzial besser zu nutzen und die Ostschweiz als Arbeitsort noch attraktiver zu positionieren. Das WirtschaftsPortalOst (WPO) begegnet diesen Herausforderungen mit einem regionalen Kita-Projekt, das an einer Medienkonferenz von Vertretungen aus Gemeinden, Wirtschaft und Kindertagesstätten vorgestellt wurde.

Roman Habrik, Gemeindepräsident von Kirchberg, leitete das WPO-Projekt
Roman Habrik, Gemeindepräsident von Kirchberg, leitete das WPO-Projekt

Freie Kita-Wahl in der Region

Der Kirchberger Gemeindepräsident Roman Habrik leitete die WPO-interne Arbeitsgruppe und stellt die Vision des Projektes vor: «Egal wo man wohnt oder arbeitet, man soll jede Kindertagesstätte der Region unkompliziert nutzen können.» Über mehrere Gesprächsrunden mit Vertretern von Gemeinden, Kindertagesstätten aber auch Unternehmen wurde geprüft und konkretisiert, wie sich diese Vision umsetzen lässt.

Angefragt wurden dazu die 23 Mitgliedgemeinden von WPO sowie die in diesem Einzugsgebiet tätigen Kindertagesstätten. Dabei stellte sich die Herausforderung, dass die Gemeinden und Kitas zum Teil sehr unterschiedliche Tarife, Subventionen und Leistungsvereinbarungen haben.

Zudem war es für WPO wichtig, ein interkantonales Projekt auf die Beine zu stellen, dass sowohl die Thurgauer als auch die St.Galler Mitgliedgemeinden umfasst.

Die Leiterin der Kindertagesstätten Wil, Edith Goetz, nahm Stellung, weshalb sich auch ihre Kitas dem Projekt anschliessen
Die Leiterin der Kindertagesstätten Wil, Edith Goetz, nahm Stellung, weshalb sich auch ihre Kitas dem Projekt anschliessen

Mehr Wahlfreiheit und Flexibilität

Künftig sollen die Nutzer einer Kita – Eltern von Kindern bis 4 Jahre – unterstützt werden, um so den Tarif in der Kita ihrer Wahl zu reduzieren. Bisher ist es in der Regel so, dass eine Gemeinde diese Unterstützungsbeiträge ausschliesslich der Kita vor Ort überweist, um die Tarife der Eltern indirekt zu vergünstigen.

Mit diesem Wechsel vergrössert sich die Wahlfreiheit und Flexibilität der Eltern, weil sie auch in Kitas ausserhalb ihrer Wohngemeinde von günstigeren Tarifen profitieren können. Gelöst wurde diese Herausforderung mit Vereinbarungen, welche die einzelnen Gemeinden respektive Kitas mit WPO abschliessen.

Die Gemeinden gewähren ihren Einwohnern unabhängig vom Standort der Kita Subventionsbeiträge.Die Kitas wiederum verpflichten sich, Kinder aus allen angeschlossenen Gemeinden aufzunehmen, solange es die Belegung zulässt.

«Bereits zum Start haben sich acht Gemeinden und elf Kitas aus beiden Kantonsteilen dem Projekt angeschlossen», sagt Habrik. Es sei weiterhin möglich, sich am Kita-System zu beteiligen.

  
Andreas Bühler von den Globi-Kinderkrippen ist vom regionalen Kita-Modells überzeugt
Andreas Bühler von den Globi-Kinderkrippen ist vom regionalen Kita-Modells überzeugt

Pionierhaft und grenzüberschreitend

Das Projekt bietet nicht nur für Eltern, sondern auch für Kitas wichtige Vorteile, ist Andreas Bühler vom Verein Globi-Kinderkrippen Schweiz überzeugt. Der Verein betreibt mehrere Kitas in der Ostschweiz, unter anderem in Oberbüren. «Die teilnehmenden Kitas profitieren von einer Vergrösserung ihres Marktes, da ihr Angebot auch für Kunden aus anderen Gemeinden attraktiver wird», sagt Bühler.

Wichtig sei auch, dass Angebot und Nachfrage von Betreuungsplätzen noch besser aufeinander abgestimmt würden. «Mit der regionalen Finanzierungslösung von WPO ist dies möglich.». Es sei ziemlich einzigartig und habe Pioniercharakter, dass es hier gelungen sei, eine über die Gemeinde- und Kantonsgrenzen hinweg funktionierende Lösung zu finden.

Aus Sicht der Wirtschaft sieht WPO-Präsident Hansjörg Brunner die Chancen des Projekts, um die Erwerbsquote zu erhöhen
Aus Sicht der Wirtschaft sieht WPO-Präsident Hansjörg Brunner die Chancen des Projekts, um die Erwerbsquote zu erhöhen

Massnahme gegen Fachkräftemangel

Profitieren wird auch die Wirtschaft – davon ist Hansjörg Brunner überzeugt. Der Druckereiunternehmer präsidiert nicht nur den Verein WirtschaftsPortalOst, sondern steht auch seit vielen Jahren dem Thurgauer Gewerbeverband vor und kennt damit die Anliegen der Unternehmen bestens.

«Der Fachkräftemangel wird sich in den kommenden Jahren weiter zuspitzen» sagt Brunner. Man müsse Wege finden, um die Erwerbsquote der hier Ansässigen zu erhöhen. «Häufig führt eine fehlende oder zu teure Kinderbetreuung dazu, dass Eltern (meist die Mutter) ihr Pensum reduzieren oder die Arbeit ganz aufgeben.» Damit werde aber das vorhandene Arbeitskräftepotenzial nicht ausgeschöpft. Ein gutes Fremdbetreuungsangebot könne dem entgegenwirken.

Es sei deshalb von Seiten WPO angedacht, das Projekt so weiterzuentwickeln, dass sich auch Unternehmen auf freiwilliger Basis und zugunsten ihrer Mitarbeiter dem regionalen Kita-System anschliessen können.

Für David Zimmermann, Gemeindepräsident von Braunau, bietet das WPO-Modell gerade für kleine Gemeinden neue Möglichkeiten
Für David Zimmermann, Gemeindepräsident von Braunau, bietet das WPO-Modell gerade für kleine Gemeinden neue Möglichkeiten

Familienfreundliche und innovative Region

«In den Gemeinden stellen wir fest, dass die Nachfrage nach Fremdbetreuungsangeboten weiter zunimmt. Ein Kita-Angebot wird für Familien zunehmend zum Standortfaktor», weiss David Zimmermann.

Der Gemeindepräsident von Braunau ist auch Obmann der Gemeindepräsidenten im Bezirk Münchwilen und sieht im Projekt die Chance, die Region noch überzeugender als familienfreundlich, innovativ und mit hoher Lebensqualität zu positionieren.

Mit Blick auf seine eigene Gemeinde sagt er: «Gerade eine kleine Gemeinde kann mit dem Projekt ihren Einwohnern ein Kinderbetreuungsangebot bieten – auch wenn nicht auf dem eigenen Gemeindegebiet.»

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