St.Gallen

AGV-Lohntalk: Schwierige Zeiten für die Rheintaler Wirtschaft

AGV-Lohntalk: Schwierige Zeiten für die Rheintaler Wirtschaft
Peter Spuhler, Verwaltungsratspräsident Stadler Rail, und Klaus Brammertz, Präsident AGV Rheintal
Lesezeit: 4 Minuten
Am 14. November lud der Arbeitgeberverband Rheintal zum jährlichen Lohntalk im Widnauer Widebaumsaal. Im Fokus standen neben dem Lohn auch die US-Zölle und der Fachkräftemangel.

Text: Fabian Alexander Meyer

Etwa 250 Gäste fanden sich an diesem Freitagmorgen im Widnauer Widebaumsaal ein, um gemeinsam spannenden Vorträgen von Wirtschaftsvertretern aus den unterschiedlichsten Branchen zu lauschen. Zudem gab es auch eine klare Abstimmungsempfehlung von Peter Spuhler, dem Verwaltungsratspräsidenten der Stadler Rail mit einem Werk in St.Margrethen.

Schweizer Stärke liegt im internationalen Handel

«Die Rheintaler Wirtschaft ist unter Druck. Wie wir letztens in der Zeitung lesen konnten, ist die Arbeitslosigkeit im Rheintal überdurchschnittlich hoch. Zudem belasten uns die US-Zölle sehr.» Das Rheintal ist sehr exportorientiert und die vereinigten Staaten sind ein wichtiger Handelspartner. «Und trotzdem fordern die Gewerkschaften Lohnerhöhungen von zwei Prozent! Solche pauschale Lohnerhöhungen gefährden uns und unsere Lage weiter.»

Weitere Einordnungen wurden anschliessend von Jan Riss, Chefökonom der IHK St.Gallen-Appenzell, gemacht. «Die Schweiz ist eines der am stärksten globalisierten Länder der Welt. Unser Heimmarkt ist zu klein und wir sind ein zu kleiner Punkt auf dem Globus, der zudem noch ressourcenarm ist.» Zwar gebe es Wasser, Salz und auch eine schöne Landschaft, die sich touristisch vermarkten lässt, «aber wir beziehen unsere wirtschaftliche Stärke vor allem aus dem internationalen Handel.»

Dumm nur, dass sich der internationale Handel immer weiter abschwächt. «Das ist allerdings keine Erscheinung seit Trump, sondern befindet sich bereits seit den 2000ern im vollen Gange. Und dennoch sind die Zölle auf einem Rekordhoch, was das Wirtschaftswachstum hemmt.» Immerhin steht die Schweiz wohl kurz vor einem 15-Prozent-Deal, wenn man der Nachrichtenseite «Bloomberg» Glauben schenkt. Am Freitagnachmittag, 14. November, wurde bekannt: Der 15-Prozent-Deal steht.

Emil Frey  enespa  
Jan Riss, Chefökonom der IHK St.Gallen-Appenzell
Jan Riss, Chefökonom der IHK St.Gallen-Appenzell

Von den US-Zöllen verschont

Anschliessend gab Michael Grabher von der Bernecker Swiss Can AG einen Überblick über die Situation in KMU. Von den US-Zöllen spürt man hier direkt nichts. Schlicht und einfach, weil man nicht in die USA exportiert. «Da haben wir also nochmal Glück gehabt.» Mit 22 Mitarbeitern, einem Lehrling und zwei Geschäftsführern sieht die Situation natürlich auch nochmal ganz anders aus. Zudem sei man mit den Lohnerhöhungen von ca. zwei Prozent über dem Durchschnitt.

Michael Grabher, Geschäftsführer Swiss Can AG
Michael Grabher, Geschäftsführer Swiss Can AG

«Nicht alles ist gratis»

Dominik Sieber, Geschäftsleiter der Kobelt AG in Marbach, gab einen Überblick über den Fachkräftemangel, mit welchem man sich auch in Marbach konfrontiert sieht. «Unsere Auftragslage ist zufriedenstellend. Wir sind positiv gestimmt. Aber auch wir merken den Fachkräftemangel. Daher setzen wir alles daran, als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben.»

Diese geschehe beispielsweise durch die Belohnung von Leistungen, zeitgemässe Anstellungsbedingingungen, etc. «Aber es wird auch was erwartet im Gegenzug. Nicht alles ist gratis.»

Dominik Sieber, Geschäftsleiter Kobelt AG Bild: Fabian Alexander Meyer
Dominik Sieber, Geschäftsleiter Kobelt AG Bild: Fabian Alexander Meyer

Fachkräftemangel auch auf der Gemeinde

Ralph Lehner, Diepoldsauer Gemeindepräsident mit einer erstaunlich grossen Fanbase in Widnau, brachte die Sicht der öffentliche Hand ein. «Auch auf der Gemeinde kennen wir den Fachkräftemangel. Gleichzeitig gehen auch die Lohnforderungen immer weiter rauf, gerade weil es eben den Fachkräftemangel gibt.»

Auf der Gemeinde mache man die Erfahrung, dass die Jungen nach ihrer Ausbildung gerne auf der Gemeinde bleiben wollen, «jedenfalls bis sie sich umorientieren oder ein Studium anstreben.» Der Lohn ist auf der Gemeinde immer wieder ein Thema. Zu den aktuellen Entwicklungen kann zudem noch nicht viel gesagt werden. «An der Wintersession gibt es eine Verabschiedung und die Freigabe des Budgets. Das betrifft dann auch unsere Lohnmassnahmen.»

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Ralph Lehner, Gemeindepräsident Diepoldsau
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Die Sicht der Versicherung

Den Abschluss machte Jérôme Weber, Generalagent der Mobiliar in Heerbrugg. «Auch wir spüren die Herausforderungen des Fachkräftemangels. Bei uns kommen zudem noch überbordende Regulationen hinzu. Zudem steigt auch die Arbeitslast.» Der Felssturz in Blatten beispielsweise sorgte bei der Mobiliar für viele Rückversicherungsanfragen. Dazu kommen natürlich auch noch die ganzen Schadenfälle.

Gleichzeitig zur grossen Arbeitslast kommt aber immer wieder auch das Thema auf, dass man beispielsweise eine Vier-Tage-Woche einführen könnte. «Ich habe ChatGPT mal gefragt, was die Vor- und Nachteile davon sind. Zu den Vorteilen gehören beispielsweise eine bessere Work-Life-Balance und mehr Freizeit.» Auf der anderen Seite stehen regulatorische Schwierigkeiten wie beispielsweise das Organisieren von Aufträgen, die telefonische Erreichbarkeit, etc. Auf jeden guten Punkt gibt es einen schlechten. So richtig eine Lösung scheint noch nicht gefunden worden zu sein.

Jérôme Weber, Generalagent Mobiliar Heerbrugg
Jérôme Weber, Generalagent Mobiliar Heerbrugg

«Dranbleiben und innovativ sein»

Im Anschluss stand eine kurze, knackige Podiumsdiskussion mit Peter Spuhler, Verwaltsungsratspräsident der Stadler Rail. Das erste Thema war, wenig überraschend, der Milliardenauftrag der SBB, der an den deutschen Konkurrenten Siemens ging. «Wir sind uns der Thematik bewusst und befinden uns derzeit in den weiteren Abklärungen, damit wir so schnell wie möglich eine Lösung finden.» Wie diese aussieht, darüber hält sich der Verwaltungsratspräsident noch bedeckt.

Angesprochen darauf, welche Massnahmen seiner Meinung nach ergriffen werden müssten, um den Export weiterhin zu sichern, gibt sich Spuhler optimistisch. «Wir haben schon andere Krisen erlebt. Beispielsweise Corona, den Ukraine-Krieg und letztes Jahr auch die grossflächigen Überschwemmungen. Wir müssen einfach weiter dran bleiben, innovativ sein und unter anderem das duale Berufsbildungssystem fördern. Das ist die Zukunft. Auch in den USA haben wir damit angefangen, weil Highschool-Abgänger teilweise noch nie in einer Werkstatt gearbeitet haben.»

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Peter Spuhler, Verwaltungsratspräsident Stadler Rail, und Klaus Brammertz, Präsident AGV Rheintal
Peter Spuhler, Verwaltungsratspräsident Stadler Rail, und Klaus Brammertz, Präsident AGV Rheintal

Nein zur Erbschaftssteuer-Initiative

Ein weiteres brennendes Thema: Die bevorstehende JUSO-Initiative rund um die Erbschaftssteuer. Zuerst einmal in Kürze: Was will die Initiative? Die Initiative sieht vor, dass auf Erbschaften und Schenkungen mit einem Freibetrag von 50 Millionen Franken 50 Prozent Steuern erhoben werden. Damit soll unter anderem die Klimakrise bekämpft werden.

Spuhler hat eine klare Meinung zu dieser Initiative: «Wir zahlen bereits drei Mal Steuern: Gewinnsteuer, Einkommenssteuer und Vermögenssteuer. Und jetzt soll dazu auch noch diese Erbschaftssteuer kommen? Wenn das durchkommt, bedeutet das, dass beispielsweise meine eigenen Nachkommen einen Teil der Firma verkaufen müssten, um die Steuern zu begleichen. Bezahlen würde zudem auch der Mittelstand – der es gibt Einsparmassnahmen.» Der Meinung von Spuhler nach sollte die Initiative auf keinen Fall angenommen werden. Gerade weil es Firmen auseinanderreisst, den Mittelstand bluten und Einsparmassnahmen nötig werden lässt.

Weitere Informationen finden Sie in diesem kurzen Erklärfilm.

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