Führung auf Augenhöhe – was die Gen Z von Chefs erwartet

Text: pas
AGV-Präsident Klaus Brammertz machte in seiner Eröffnung deutlich: «Für die Gen Z zählt nicht nur das Was, sondern auch das Warum – Sinnhaftigkeit ist entscheidend.» Die Generation sei digital nativ, flexibel und gut vernetzt. «Doch das stellt uns alle vor neue Herausforderungen», warnte er und stellte die Frage: «Sind unsere HR-Strategien noch zukunftsfähig?»
Zuhören statt schimpfen
Prof. Dr. Alexandra Cloots, Leiterin des iDNA Institut für Diversität und Neue Arbeitswelten an der Ostschweizer Fachhochschule mahnte, Vorurteile gegenüber der jungen Generation abzulegen. «Schon zu Sokrates’ Zeiten wurde über die Jugend geschimpft», erinnerte sie. Heute wachse die Generation Z in unsicheren Zeiten auf, geprägt von Krieg, Klimawandel und Pandemie. Fehlende Leistungsbereitschaft sei nicht belegt. Stattdessen wünschten sich die Jungen Flexibilität, Mitsprache und ein harmonisches Arbeitsklima. Führungskräfte müssten als Coaches auftreten und transparent erklären, warum nicht jeder Wunsch sofort erfüllbar sei. «Am Ende sucht jeder einen Ort, an dem er sich wohlfühlt», so Cloots.
Freiheit und Struktur als Balanceakt
Heidi Bösch, HR-Entwicklerin bei Migros Ostschweiz, sprach aus der Praxis: «Gen Z will Freiheit und Struktur zugleich – und merkt sofort, wenn Chefs nicht authentisch sind.» Junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollten gesehen und ernst genommen werden. Gleichzeitig forderten sie eine Unternehmenskultur, die auf Augenhöhe funktioniert. «Wir müssen eine Sprache finden, die alle verstehen», betonte Bösch.
Erwartungen und Widerstände im Panel
In der Paneldiskussion wurden die unterschiedlichen Sichtweisen besonders deutlich. Die jungen Berufsleute formulierten ihre Erwartungen klar: faire Löhne, ein sicherer Arbeitsplatz, Unterstützung bei Weiterbildungen sowie Wertschätzung und Zusammenarbeit auf Augenhöhe. «Wir wollen nicht nur Anweisungen bekommen, sondern ernst genommen werden», sagte Studentin Valéria Frisenda. Metallbauer Danjo Räss betonte, wie wichtig ihm genügend Zeit für seine Hobbys sei. Lilly Brammertz brachte die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ins Spiel und regte zusätzlich Kinderbetreuungsangebote an.
Von Unternehmerseite kamen mahnende Töne. Brigitte Lüchinger, Inhaberin der Lüchinger Metallbau AG, kritisierte: «Es wird schnell viel Lohn gefordert, bevor Leistung erbracht wird.» Gleichzeitig betonte sie: «Wertschätzung ist ein Geben und Nehmen – das gilt für alle, ob auf dem Bau, im Büro oder in akademischen Berufen.» Auch Bettina Fleisch, Verwaltungsratspräsidentin der Säntis Packaging AG, äusserte Bedenken: «Die Jungen sind motiviert, aber weniger belastbar und fordernder. Das erfordert mehr Energie von uns – und das ist nicht immer einfach.»
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Andere Teilnehmer ordneten die Entwicklung nüchterner ein. Berufsschullehrerin Aline Kellenberger beobachtete: «Früher wollten alle digital sein. Heute wollen sich die Jungen wieder sehen.» Gleichzeitig stellte sie fest, «dass oft das Verständnis fehlt, dass Verantwortung erst erarbeitet werden muss.» Manuel Sieber, Geschäftsführer der schau. GmbH, sah die Diskussion gelassen: «Ich empfinde es nicht so, dass es eine radikale Veränderung gibt.» Arzt Nicola Graber brachte es auf den Punkt: «Work-Life-Balance und Sinnhaftigkeit sind wichtiger geworden. Aber wenn die Arbeit Sinn ergibt, bringen sich die Jungen durchaus ein.»
Zum Abschluss stellte Brammertz klar: «Noch immer gibt es Unternehmer, die von oben herab befehlen. Das ist vorbei.»
Beim Apéro setzten die Teilnehmer den generationenübergreifenden Dialog fort. Eines wurde deutlich: Die Generationen müssen einander zuhören, wenn die Arbeitswelt von morgen funktionieren soll.