LEADER-Hauptausgabe

Der Mann, der Forster eine Zukunft gibt

Der Mann, der Forster eine Zukunft gibt
Giovanni Cerfeda
Lesezeit: 5 Minuten

Noch im Frühling stand der Arboner Küchenbauer Forster vor dem Aus: Löhne wurden nicht bezahlt, Rechnungen blieben offen, die Produktion kam zum Stillstand. Heute führt Giovanni Cerfeda das Unternehmen als Forster Manufaktur AG weiter. Der Winterthurer Architekt und Unternehmer glaubt an die Stahlküche und an die Chance, aus der Krise heraus eine stabile Zukunft aufzubauen.

Beim Küchenhersteller Forster in Arbon spielten sich im Frühling 2025 Szenen wie aus einem Wirtschaftskrimi ab: Während die Belegschaft auf Löhne wartete und Lieferanten kein Geld sahen, tobte im Hintergrund ein Machtkampf der Eigentümer. Giovanni Cerfeda, Immobilienunternehmer aus Winterthur und seit Jahren Minderheitsaktionär, pochte auf eine Sanierung – und setzte sich schliesslich durch. Seit Anfang Juli führt er die Firma als Forster Manufaktur AG weiter.

Der Neustart war alles andere als einfach. «Die alte Garde hat uns nicht mal den Zugang zum IT-System hinterlassen. Erst nach zwei Wochen konnten wir wieder Aufträge bearbeiten und Offerten schreiben», erinnert sich Cerfeda. Von ursprünglich 135 Stellen konnten immerhin 80 gerettet werden. Neue Strukturen sind geschaffen: Daniel Pedrett steht als CEO an der Spitze, unterstützt von einem erfahrenen Produktions- und Vertriebsleiter.

«Die Leute glauben nach wie vor an Forster und an die Produkte.»

Investieren, sanieren, stabilisieren

Dass Cerfeda die Verantwortung übernahm, hat mit seiner persönlichen Überzeugung zu tun. «Ich bin Forster-Fan. Diese Küchen sind aus Stahl, sie halten am längsten und haben ein zeitloses Design», sagt er zum LEADER.  Als Unternehmer baut er in seinen Immobilien ausschliesslich Forster-Küchen ein – ein persönliches Bekenntnis zur Marke. Dass in Genf einige Exemplare sogar unter Denkmalschutz stehen, passt zum Selbstverständnis des 69-Jährigen, der sich selbst als Ökologen bezeichnet.

Giovanni Cerfeda stammt aus einer italienischen Familie und ist in Winterthur aufgewachsen. Schon früh interessierte er sich für Architektur, Wohnen und die Wirkung von Räumen. In seiner unternehmerischen Laufbahn entwickelte er zahlreiche Immobilienprojekte, viele davon mit einem hohen Anspruch an Nachhaltigkeit. «Ich habe immer Wert darauf gelegt, dass Bauten nicht nur kurzfristig funktionieren, sondern auch langfristig Bestand haben», sagt er. Dieses Denken prägt auch seine Haltung gegenüber Forster: Investieren, sanieren, stabilisieren – nicht blenden, sondern Bestand sichern.

Sein Engagement bei Forster begann fast zufällig: 2017 wartete er auf zwei Baustellen auf Küchenlieferungen, die nicht fertiggestellt wurden. Weil Lieferanten wegen offener Rechnungen nicht liefern wollten, bezahlte Cerfeda die Forderungen aus eigener Tasche, um die Projekte abzuschliessen. Kurz darauf stand die damalige Forster-Führung bei ihm im Büro. «Sie boten mir eine Beteiligung an. Ich habe zugesagt – auch, weil ich die Produkte persönlich schätze und überzeugt bin, dass Stahlküchen ihre Berechtigung haben.»

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Vom Freund zum Feind

Doch die Zusammenarbeit gestaltete sich schwierig: Informationen flossen spärlich, die Entscheide lagen stets bei der Geschäftsleitung. «Ich schoss immer wieder Geld nach, blieb aber Minderheitsaktionär. Obwohl ich am Ende mehrere Millionen investiert hatte, war mein Einfluss begrenzt.» Als er im Juni 2022 eine Sanierung verlangte und die Zahlungen einstellte, sei er «vom Freund zum Feind» geworden.

Der Frühling 2025 brachte den Wendepunkt: Ausstehende Löhne, eingefrorene Konten, blockierte Lieferungen – der Betrieb kam zum Stillstand. Leasingfirmen zogen Fahrzeuge ein, Ersatzteile für Reparaturen fehlten, ganze Abteilungen konnten nicht mehr arbeiten. «Kein Wunder, hat die Konkurrenz unsere Leute abgeworben», sagt Giovanni Cerfeda rückblickend. Dennoch sei für ihn klar gewesen, dass er die Firma nicht fallenlassen wollte. «Ich habe viel Geld hineingesteckt, aber vor allem glaube ich an die Marke Forster.»

Mit dem Entscheid des Bezirksgerichts Arbon, den Sanierungsplan zu genehmigen, war der Weg frei für den Alleingang. Cerfeda formte die Forster Manufaktur AG und setzte auf einen Neubeginn mit schlankeren Strukturen. Heute stehen rund 80 Mitarbeiter in Arbon im Einsatz – weniger als früher, aber mit einer klareren Ausrichtung.

«Obwohl ich mehrere Millionen investiert hatte, war mein Einfluss begrenzt.»

Von 250 auf 1000 Küchen

Cerfeda will keine kurzfristigen Luftschlösser bauen. «Es geht jetzt darum, Ruhe in die Firma zu bringen und die notwendigen Projekte sauber aufzugleisen.» Dazu gehört eine Modernisierung der IT, die die Vielzahl an Insellösungen ersetzt und die Produktionsabläufe effizienter macht. «Die Abläufe waren viel zu kompliziert, das führte zu hohen Kosten und Fehlern. Das werden wir Schritt für Schritt verbessern.» Für dieses Jahr rechnet er mit 250 produzierten Küchen. «Das reicht noch nicht. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir nächstes Jahr 1000 Küchen schaffen, in den nächsten Jahren gesund wachsen können und gleichzeitig die Kosten im Griff behalten.»

Besonders setzt Giovanni Cerfeda auf Wohnbaugenossenschaften. «Forster-Küchen kosten beim Kauf zwar mehr, aber sie halten lange und kosten wenig im Unterhalt. Das zählt für Genossenschaften – und sie sind die Zukunft des Wohnungsbaus.» Für ihn, der auch als Immobilienunternehmer eng mit Genossenschaften arbeitet, ist das ein logischer Schritt. «Jetzt, wo alles teurer wird, sind Genossenschaften die einzige Hoffnung für Mieter. Sie bauen nicht zehn oder zwanzig Wohnungen, sondern gleich 200 und mehr – und brauchen entsprechend viele Küchen.»

Die Positionierung als Partner der Genossenschaften soll Forster langfristig wieder zu einem verlässlichen Namen machen. «Die Leute glauben nach wie vor an Forster und an die Produkte», sagt er. «Und das ist ein grosses Kapital, auf das wir aufbauen können.»

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Vom Fan zum Retter

Dass er sich so stark engagiert, hat auch mit seiner Haltung zu tun. «Ich finde diese Küchen top und bin keiner, der schnell aufgibt.» Ein Hindernis bleibt die Eigentumsfrage der Fabrikliegenschaft, die noch zu einer Gesellschaft der früheren Holding gehört. Doch auch hier ist er optimistisch: «Alle sind sich einig, dass die Liegenschaft zum Betrieb gehören muss. Das wäre eine optimale Lösung.»

Cerfeda verbindet in seiner Arbeit zwei Sichtweisen: die des Immobilienentwicklers und die des Familienunternehmers. Er weiss, dass Vertrauen, Kontinuität und Qualität wichtiger sind als kurzfristige Gewinne. Sein Ziel ist nicht nur, Forster zu sanieren, sondern das Unternehmen langfristig zu stabilisieren – als Arbeitgeber im Thurgau und als Hersteller einer einzigartigen Küchenlinie. Sein Credo ist dabei schlüssig: «Ich habe das Privileg, dass meine Tätigkeit auch meine Passion ist.»

So schreibt der Unternehmer derzeit nicht nur ein neues Kapitel für Forster, sondern auch für sich selbst: Aus dem Fan der Stahlküchen ist der Retter eines Traditionsbetriebs geworden. Giovanni Cerfeda gibt sich kämpferisch und geduldig zugleich: «Das muss auch nicht schnell gehen, ich habe Zeit.» Seine Haltung passt zum Produkt, das er retten will – eine Stahlküche, gemacht für Generationen.

Text: Stephan Ziegler

Bild: Marlies Beeler-Thurnheer

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