Rahmenlose Perspektiven für die Zukunft

Angelo Razzino, Sie übernehmen die Leitung von Sky-Frame nach über 23 Jahren unter Beat Guhl. Wie haben Sie sich auf die neue Rolle vorbereitet?
Rückblickend würde ich sagen, dass ich seit meinem ersten Tag bei Sky-Frame – dem 1. Februar 2016 – Schritt für Schritt auf diese Rolle vorbereitet wurde. Was ich an Beat Guhl stets sehr geschätzt habe, ist sein Vertrauen und der Mut, Mitarbeiter in neue Aufgaben hineinwachsen zu lassen. Ich startete als Key-Account-Manager für den deutschen Markt und übernahm schrittweise neue Rollen, neue Aufgaben und damit auch neue Herausforderungen. Neben dem operativen Lernen habe ich mich auch auf dem zweiten Bildungsweg weiterentwickelt und an der HSG das «Intensivstudium KMU» absolviert. In den vergangenen drei Jahren als CSO, in denen ich stark mit der Weiterentwicklung unseres USA-Geschäfts beschäftigt war, sind viele dieser Elemente zusammengeflossen.
Sky-Frame betont, dass die interne Nachfolge für Kontinuität stehe. Wo sehen Sie dennoch Potenzial, strategisch neue Wege zu beschreiten?
Wir übernehmen ein gesundes Unternehmen, und es besteht keinerlei Anlass, nun alles auf den Kopf zu stellen. Unsere Aufgabe sehe ich vielmehr darin, auf dem soliden Fundament weiter aufzubauen und Sky-Frame gezielt auf die nächste Wachstumsphase vorzubereiten. Aktuell liegt unser Fokus stark auf Dubai, aber auch einzelne Märkte in Asien rücken ins Blickfeld. Und natürlich bleibt Nordamerika ein spannender Markt – jedoch stark abhängig von den mittelfristigen politischen Entwicklungen. Auch unsere etablierten Märkte und unseren Heimmarkt Schweiz wollen wir weiterhin mit den besten Lösungen bedienen. Gleichzeitig sehen wir noch Potenzial innerhalb der bestehenden Strukturen: Neben unseren vier internationalen Tochtergesellschaften arbeiten wir mit rund 65 Vertriebspartnern weltweit zusammen – ihnen künftig zusätzliche, passende Produkte anzubieten, eröffnet attraktive Wachstumschancen im bestehenden Netzwerk.
«Inzwischen haben auch andere Anbieter in einigen Märkten unsere Ideen und Produkte für sich entdeckt.»
Und wie lauten Ihre Wachstumsziele für die kommenden Jahre?
Unsere Grundhaltung ist klar: Wachstum ist für uns kein Selbstzweck. Wir streben nicht nach Grösse um jeden Preis, sondern nach Substanz. Entscheidend ist, dass wir gezielt und mit klarem Fokus neue Märkte erschliessen und bestehende weiterentwickeln. Im Zentrum stehen dabei eine gesunde Unternehmensstruktur, ein profitables operatives Geschäft und die Sicherung langfristiger Arbeitsplätze.
Sky-Frame entwickelt ständig neue Produkte wie «Plain» oder intelligente Steuerungen. Welche Themen stehen besonders weit oben auf Ihrer Innovationsagenda?
In vielen Regionen heisst es «bigger is better»: Grössere, breitere Schiebefensterlösungen sind gefragt. Derzeit arbeiten wir an einem Konzept, das den Einbau von rahmenlosen Elementen mit bis zu acht Metern Höhe ermöglichen soll – technisch wie gestalterisch eine Herausforderung! Ein weiterer spannender Trend ist der Einsatz von schaltbarem Glas im Privatbereich – also Glas, das auf Knopfdruck Privatsphäre schafft oder den Sonnenschutz ersetzt.
In Ihrer bisherigen Rolle haben Sie stark mit Kunden gearbeitet. Wie planen Sie, dieses kundennahe Verständnis auf CEO-Ebene zu verankern?
Kundennähe kann nicht verordnet werden – sie entsteht dann, wenn sie im Alltag von allen im Unternehmen gelebt wird. Als CEO verstehe ich mich als Teil eines grossen, gut eingespielten Ganzen. Es ist dieses Zusammenspiel vieler kluger Köpfe und engagierter Persönlichkeiten, das Sky-Frame stark macht, und am Ende auch dafür sorgt, dass wir unsere Kundschaft begeistern können.
«Wachstum ist für uns kein Selbstzweck.»
Sky-Frame gilt als Pionier in der systematischen Entwicklung und Produktion rahmenloser Schiebefenstersysteme. Gibt es keine Konkurrenz?
Über weite Strecken der vergangenen zwei Jahrzehnte lag unser Fokus darauf, zuverlässig und in höchster Qualität die stetig wachsende Nachfrage zu bedienen. Unser Denken war stark «inside-out» geprägt – vom Produkt und unseren Prozessen hin zum Markt. Inzwischen haben auch andere Anbieter in einigen Märkten unsere Ideen und Produkte für sich entdeckt. Umso mehr gilt es nun, den Blick zu weiten und verstärkt einen «Outside-in»-Ansatz zu verfolgen – also von den Bedürfnissen der Kunden zurück zur Lösung zu denken. Ich bin fest davon überzeugt: Wenn wir unsere Kundschaft dabei unterstützen, ihre Ziele durch unsere Produkte und Dienstleistungen zu erreichen, dann wird auch unser eigener Erfolg weiter wachsen.
Der neue Vorstand – Reto Honegger (CFO), Andrea Zürcher (CMO), Maurin Müller (COO) und Sie als CEO – ist insgesamt am Unternehmen beteiligt. Welche Bedeutung hat das für Ihre Unternehmensstrategie?
Eine grosse Stärke von Sky-Frame war stets, dass das Unternehmen von einem Unternehmer geführt wurde – mit Beat Guhl als Alleineigentümer, der das volle Risiko getragen und mit Weitsicht agiert hat. Dass wir uns als Geschäftsleitung jetzt selbst am Unternehmen beteiligen, ist Ausdruck unseres tiefen Vertrauens in das Potenzial von Sky-Frame. Wir wollen nicht bloss angestellte Manager sein, sondern aktiv unternehmerisches Risiko mittragen – mit echtem «Skin in the Game». Beat Guhl bleibt Haupteigentümer; unsere Beteiligung sorgt dafür, dass unsere Interessen eng aufeinander abgestimmt sind. So kann dieser Übergang mit hoher Kontinuität und ohne Zielkonflikte gestaltet werden.
Sky-Frame-Produkte ermöglichen barrierefreie Übergänge und elegante Architektur, aber was bedeutet Nachhaltigkeit für Ihre Produktion, Lieferketten und Corporate Responsibility?
Wir setzen uns seit über zehn Jahren aktiv mit dem Thema Nachhaltigkeit in unseren Prozessen auseinander: Wir nutzen Solarstrom, klimatisieren mit Grundwasser, fahren elektrisch, wo sinnvoll. Unsere Prozesse sind auf ständige Verbesserung ausgerichtet – weniger Verschnitt, weniger Ausschuss, mehr Effizienz. Ein Grossteil unserer Lieferanten stammt aus der Schweiz und dem nahen Ausland, das macht uns resilient – nicht nur in Krisen. Der nächste Schritt sind die Materialien selbst: Wir überprüfen laufend, wie sich noch mehr Rohstoffe und Halbfabrikate durch nachhaltigere Alternativen ersetzen lassen.
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«Kundennähe kann nicht verordnet werden.»
Sky-Frame wurde als «Great Place to Work» ausgezeichnet. Welche Massnahmen wollen Sie als CEO etablieren, um weiterhin Talente zu halten und zu fördern?
Die Zeit in den USA hat mir eindrücklich vor Augen geführt, wie wertvoll unser duales Bildungssystem in der Schweiz ist. Im Rahmen der letzten «Great Place to Work»-Kampagne haben wir wertvolles Feedback erhalten – viel Anerkennung, aber auch klare Hinweise, wo wir besser werden können. Genau dort sehe ich unsere Verantwortung als Führungsteam: stetig an der Qualität des Arbeitsumfelds zu arbeiten. Ich bin überzeugt, dass zufriedene und wertgeschätzte Mitarbeitende bereit sind, Tag für Tag die Extrameile für unsere Kundschaft zu gehen. Unsere Aufgabe in der Führung ist es, dafür die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Wenn Sie in fünf Jahren zurückblicken: Was soll Sky-Frame unter Ihrer Führung erreicht haben?
Sky-Frame soll auch 2030 als klarer globaler Marktführer für rahmenlose Schiebefenster gelten. Überdies werden wir bis dahin weitere Produkte auf den Markt gebracht haben, die im Bereich hochwertiger Fassadenlösungen neue Standards setzen. Durch gezielte Markterschliessungen und den Ausbau unserer bereits starken Märkte wollen wir zusätzliche Arbeitsplätze in Frauenfeld schaffen und künftig einen noch grösseren Beitrag zum dualen Bildungssystem leisten, etwa durch die Schaffung zusätzlicher Lehrstellen.
Text: Stephan Ziegler
Bild: Marlies Beeler-Thurnheer