Was wäre, wenn der Zinshammer zuschlägt?

Das Ende der Fed-Zinsen wird nun näher bei 5.50% als bei 5.00% erwartet. Für die SNB rücken die 2.00% in das Blickfeld des Marktes. Unverändert ist die Vorstellung, dass die Zinserhöhungen spätestens im Sommer zu Ende gehen. Mit diesen Zinsniveaus, die auch meinen Erwartungen entsprechen, können die Wirtschaft und die Finanzmärkte umgehen. Dass die Zentralbanken deutlich höher gehen könnten, wird angesichts der Renditen der länger laufenden Obligationen am Finanzmarkt ausgeschlossen. Was wäre aber, wenn der Zinshammer wider Erwarten doch zuschlägt?
Damit dieses Szenario eintritt, muss die Nachfrage hoch bleiben oder es muss zu einem weiteren Angebotsschock mit stark steigenden Energiepreisen kommen. Das erstere ist für die Zentralbanken einfacher, da sie mit weiteren Zinserhöhungen auf eine starke Wirtschaft reagieren können.
Ein starker Anstieg der Energiepreise belastet die Wirtschaft schon für sich allein und noch höhere Zinsen würden diesen Effekt noch verstärken. Beiden Szenarien ist gemeinsam, dass der Handlungsspielraum der Zentralbanken kleiner wird und sie das Vertrauen der Wirtschaft und der Finanzmärkte verlieren. Sie müssen mit drastischen Massnahmen reagieren und das oft zitierte 1970er-Szenario wäre Realität.
Sehr hohe Zinsen: Ein unfreundliches …
Bei sehr hohen Zinsen, wir sprechen hier für die Schweiz von einem Leitzins von deutlich über 3%, schwächt sich die Konjunkturdynamik empfindlich ab und es kommt zu einer tiefen Rezession. Die Margen der Unternehmen sinken, weil die höheren Löhne und Inputkosten nicht mehr weitergegeben werden können. In einem solchen Szenario muss zuerst die Inflation nach unten gedrückt werden, bevor die Wirtschaft wieder auf einen Erholungspfad einschwenken kann. Das führt dazu, dass die Löhne sinken, bevor die Preise nachgeben und die Kaufkraft spürbar geschwächt wird.
Der Aktienmarkt bleibt wegen den hohen Zinsen und der Angst vor einer Rezession in einem solchen Umfeld unter starkem Abgabedruck. Die Obligationen bieten wie im letzten Jahr durch die weiter steigenden Zinsen auch keinen verlässlichen Schutz. Mit den hohen Zinsen und der sinkenden Kaufkraft kommt auch der Immobilienmarkt unter Druck. Bewertungskorrekturen und Preisabgaben sind die Folge.
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… aber uwahrscheinliches Szenario
Ich denke, dass ein solches Negativszenario unwahrscheinlich ist. Bereits zeigen sich die Vorboten einer konjunkturellen Abkühlung und die Rohstoffpreise tendieren tiefer. Darum rechne ich im Lauf des Jahres mit einem langsam nachlassenden Inflationsdruck. Das erlaubt es den Zentralbanken, ab Mitte Jahr ihre Leitzinsen nicht mehr anheben zu müssen.
Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Thomas Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 35 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von 12 Milliarden Franken. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.
Die St.Galler Kantonalbank wurde 1868 gegründet und ist seit 2001 an der Börse SIX Swiss Exchange kotiert. Der Kanton St. Gallen hält als Mehrheitsaktionär 51.0% des Aktienkapitals. Als Universalbank bietet sie den Kunden in ihrem Heimmarkt die gesamte Palette von Finanzdienstleistungen an. In Zürich ist sie mit einer auf Vermögensverwaltung spezialisierten Niederlassung präsent. Mit ihrer umfassenden Dienstleistungspalette betreut sie Privatkunden in der Deutschschweiz in allen Fragen der privaten Vermögensplanung und Vermögensverwaltung. Am 31. Dezember 2022 beschäftigte die St.Galler Kantonalbank Gruppe insgesamt 1337 Mitarbeitende und verwaltete Kundenvermögen von CHF 53,6 Milliarden. Das Stammhaus besitzt Staatsgarantie und ein Aa1 Deposit Rating (Rating für Kundeneinlagen) und ein Aa2 Unsecured Debt Rating (Rating für Obligationenanleihen) von Moody's.