Thurgau

Verzögert unsere Demokratie das Erreichen der Klimaziele?

Verzögert unsere Demokratie das Erreichen der Klimaziele?
Marco Baumann (Moderator), Rolf Gall (Referent), Urs Dünnenberger (Referent) und Roland Hollenstein (Moderator)
Lesezeit: 2 Minuten

Planerisch, so Urs Dünnenberger in Weinfelden, sei heute vieles möglich, um die Auswirkungen des Klimawandels mit Wasserbauprojekten zu bremsen. Jedoch hebelten Interessen von Individuen und Verbänden klimazieltaugliche Wasserbauprojekte aus, warnte der Ingenieur.

Text: Christof Lampart

Mit der Frage, wie man heute Bauen sollte, damit die Gesellschaft als Ganzes auch in einigen Jahrzehnten, trotz Klimawandel, noch komfortabel wohnen kann, beschäftigt sich die Vortragsreihe «Bauen + Klima» des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein Sektion Thurgau.

Zunehmend gefordert

Als Projektplaner von Wasserbauprojekten, so erklärte Urs Dünnenberger vor 20 Fachleuten in den Räumen der Raiffeisenbank Mittelthurgau in Weinfelden, sei er zunehmend gefordert, habe er doch in den letzten Jahren feststellen müssen, dass «es zwischen den Menschen kein Verständnis gibt, sondern nur mehr oder weniger glückliche Missverständnisse».

Denn auch wenn er den Hochwasserschutz mit den besten ökologischen und gestalterischen Absichten verbessern will, komme er sich «zunehmend etwas hilflos» vor, wenn er als Projektleiter versuche, durch eine gezielte Mitwirkung die verschiedensten Interessengruppen in ein Projekt einzubinden. Denn egal, was man tue – am Ende gibt es Opposition und es werde so versucht, den Fortschritt beim Erreichen der Projekt- und Klimaziele zu verhindern.

«Ist es überhaupt noch möglich, die Klimaziele zu erreichen, wenn ständig das Volk abstimmt und gute Projekte bodigt?», fragte er in die Runde – und lieferte selbst die Antwort: «Vielleicht ist das auch ein Zeichen dafür, dass die heute etablierten demokratischen Verfahrensschritte den neuen Herausforderungen anzupassen sind. Denn die Form von Demokratie, wie wir sie kennen, stammt aus dem 18. Jahrhundert.

Aber die politischen Instrumente aus der Vergangenheit werden nicht ausreichen, um unsere zukünftigen Probleme bewältigen zu können. Wenn ich sehe, wie viel Geld und Zeit es braucht, um bei kleinen Wasserbauprojekten Fortschritte zu machen, bin ich oft ernüchtert», so Urs Dünnenberger. 

Er sei häufig erstaunt, wenn ein Wasserbauprojekt juristisch bis an die letzte Instanz weitergezogen werde und er feststellen müsse, «wie wenig die heutigen Klimafragen auch vom Bundesgericht gewichtet werden». Er selbst sieht die Zukunft kritisch, denn «in zehn Jahren Planungsarbeit verliert man oft die Zuversicht hinsichtlich der Machbarkeit. Und am Ende hängen dann alle in den Seilen und haben nicht mehr die Energie für den nächsten Schritt», so Urs Dünnenberger.

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Rolf Gall vom Atelier Gewässer, Dietlikon, wies auf die Wichtigkeit von Gewässerrevitalisierungen hin. «Ein Bach ist ein sehr komplexes Ökosystem, das bedroht ist, sind doch ein Drittel aller Schweizer Fische ausgestorben». Wenn – durch menschliche Eingriffe – dem Ökosystem jedoch «Löcher» zugefügt würden, könnte dieses irreversibel geschädigt werden.

Revitalisierungen von Flüssen und Bächen seien jedoch «genauso eine Lebensgrundlage für uns wie der Mais und der Hafer für den Landwirt», betonte Gall. Viele Bäche hätten in der Vergangenheit 20 Prozent ihrer Fläche verloren. Wenn man diese ihnen nun zurückgäbe, dann flösse das Wasser bei Starkregen langsamer ab.

«Das würde mehr Rückhalt bedeuten und ist bei der Bekämpfung der Folgen des Klimawandels ein zentrales Element. Im Idealfall könnte der Bach mehrmals jährlich ausufern und am Ende haben wir eine Schwammlandschaft», so Rolf Gall.

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