St.Gallen

Über 80 Länder zu Gast in St.Gallen

Über 80 Länder zu Gast in St.Gallen
Beat Ulrich mit Ignazio Cassis am SGS
Lesezeit: 5 Minuten

Seit 2017 steht Beat Ulrich als CEO an der Spitze der St.Galler Stiftung für internationale Studien und damit auch des St.Gallen Symposiums. Dieses geniesst weltweit einen hervorragenden Ruf als wichtigster Generationendialog. Rund 1000 internationale Persönlichkeiten treffen sich am Symposium jeweils zum konstruktiven Gedankenaustausch beziehungsweise zur Lösungssuche zwischen Jung und Erfahren. 2023 wagt sich das SGS zum ersten Mal «unters Volk» in St.Gallen. Und trifft dort auf den LEADER Digital Award.

Text: Stephan Ziegler

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Beat Ulrich, das St.Gallen Symposium ist die weltweit grösste Plattform für generationenübergreifenden Dialog und Zusammenarbeit. Zum ersten Mal durchgeführt wurde es bereits 1970. Sprechen die Alten und die Jungen nach einem halben Jahrhundert immer noch nicht miteinander?
Doch, das machen sie – insbesondere an unseren Formaten. Angesichts der akzentuierten Herausforderungen gesellschaftlich, geopolitisch, umwelttechnisch und wirtschaftlich ist dies auch wichtiger denn je. Wir sind überzeugt, dass nur gemeinsam ein besserer Weg vorwärts möglich ist und dass es aktuell wichtiger ist denn je, auch unterschiedliche geopolitische Ansichten zusammenzubringen.

Ins Leben gerufen wurde es als Reaktion auf die 68-er Bewegung; Wolfgang Schürer, Terje Wølner-Hanssen, Clemens Brenninkmeijer, Franz Kriegler und Urs Schneider wollten zeigen, dass Dialog gerade auch mit unterschiedlicher Haltung zum Beispiel zu Kapitalismus besser ist als blosser Protest. Was ist die Philosophie heute?
Die Welt ist seit da vernetzter, technologischer und schneller geworden, lebt aber noch alte geopolitische Muster und ist von kurzfristig orientiertem Handeln geprägt. Wir wollen einerseits, dass bei Entscheiden an die Auswirkungen auf die nächsten Generationen gedacht wird. Andererseits sind wir überzeugt, dass die engagierten jungen Menschen, die wir ans Symposium bringen, bei den aktuellen Führungskräften neue Ideen und Denkweisen bewirken können.

Ebenso wichtig wie das Generationenübergreifende scheint heute das Nationenübergreifende zu sein: Die Gäste kommen aus über 80 Ländern. Wie wichtig ist St.Gallen für den internationalen Austausch?
Nach gut drei Jahren der Pandemie und angesichts des geopolitischen Auseinanderdriftens der Welt ist es entscheidend, gerade die internationalen jungen Menschen nun auch wieder zusammenzubringen. Auch wir Europäer müssen uns mit unterschiedlichen Denkweisen in der Welt auseinandersetzen und den Dialog suchen. Wenn jeder der Entscheidungsträger das Symposium mit einem besseren Verständnis für Haltungen verlässt und neue Kontakte geknüpft wurden, haben wir einen wichtigen Beitrag geleistet. Das gilt auch für die Teilnehmer aus der DACH-Region.

Das Symposium bringt jedes Jahr führende Persönlichkeiten von heute und morgen aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammen, «um das gegenseitige Verständnis und das gemeinsame Handeln in Bezug auf unsere dringendsten Herausforderungen und Chancen zu fördern». Gibt es einen konkreten Nutzen aus dem SGS?
Unseren Nutzen machen wir gerne an der wachsenden internationalen Community fest, die Dialog und Innovation über Protest stellt und gemeinsam über Generationen und Grenzen hinweg nach Lösungen sucht. Mittlerweile sind das rund 5000 engagierte jüngere Menschen aus über 100 Ländern. Zudem entstehen konkrete Projekte wie die Einbindung von internationalen jungen Menschen in die Führungsebene von Politik und Wirtschaft.

Die globale SGS-Gemeinschaft umfasst mehr als 400 Unternehmen und Institutionen sowie über 300 Universitäten. Wie werden diese ausgewählt?
Wir sind grundsätzlich nicht selektiv, sondern offen für Institutionen und Partnerunternehmen oder Universitäten. Bei Ersteren ist für uns entscheidend, dass sich die Führungskräfte effektiv dem Dialog stellen und nach St.Gallen kommen – und bei den Universitäten möchten wir natürlich, dass sie auf unsere Formate wie den globalen Aufsatzwettbewerb aufmerksam machen und unserem studentischen Team eine Plattform geben. Engagement ist also entscheidend.

 

  

600 erfahrene Führungskräfte, 250 junge Talente, davon 100 Autoren der besten studentischen Essays weltweit: Am SGS kann man nicht «einfach so» teilnehmen. Wer gelangt wie auf die Gästeliste?
Es sind Führungskräfte, die sich dem Dialog mit der nächsten Generation stellen wollen und überzeugt sind, daraus neue Ideen und Vorgehensweisen zu gewinnen. Die Hinweise auf die jungen Talente erhalten wir von unseren internationalen Partneruniversitäten und können dann im Rahmen einer Jury die Engagiertesten auswählen.

Jetzt haftet dem St.Gallen Symposium seit jeher ein etwas elitärer Geruch an, es sei eine Veranstaltung «für die da oben», für die HSG-ler. Täuscht der Eindruck?
Mittlerweile definitiv. Wir möchten den Dialog auch mit der Region führen und haben Zugänge über Livestreams der grössten Sessions geschaffen, die jeder hier in St.Gallen und weltweit kostenlos verfolgen kann. Wir wollen multiplizieren und die Erkenntnisse auch in der und für die Region nutzen. Da machen wir uns auch die Live-Technologie zum Partner.

Mit «St.Gallen Symposium in Town» veranstalten Sie heuer zum ersten Mal fünf Sessions nicht an der HSG und nicht nur für geladene Gäste, sondern für alle in der Innenstadt. Warum hat das 52 Jahre gedauert?
Das Symposium führt schon länger öffentliche Formate durch, aber irgendwie gab es noch Berührungsängste, weil zu wenig klar war, dass diese allen offenstehen. Wir freuen uns nun auf unsere Idee mit dem Ansatz in der Stadt und sind überzeugt, wirklich alle Interessierten unkompliziert einzubinden – und da betone ich, dass von jung bis alt und von links bis rechts alle herzlich zum Dialog willkommen sind. Wir müssen miteinander reden – konstruktiv, kritisch und im Sinne der nächsten Generationen. Wer weiss, vielleicht wird dies zum «Honky Tonk des Dialoges».

Das SGS arbeitet heuer auch zum ersten Mal mit dem LEADER Digital Award zusammen, der am 4. Mai verliehen wird. Wie wichtig ist eine Veranstaltung wie der LEADER Digital Award für die Ostschweiz aus Ihrer Sicht?
Ich bin überzeugt, dass unser Standort die Chancen der digitalen Transformation noch besser nutzen kann. Dazu werden auch die School for Computer Science der Uni und die IT-Bildungsoffensive beitragen. Mit dem LDA werden Fortschritte und Projekte in diese Richtung belohnt und dem Thema wird eine wichtige Bühne gegeben – also toll, dass es den Award gibt!

Die Session «St.Gallen Symposium in Town x LEADER Digital Award» um 16.30 Uhr im «National» wird Weltbestsellerautor Jon Krohn als Einstimmung auf die Preisverleihung im «Einstein» bestreiten. Wird KI – Krohns Spezialgebiet – dereinst als dritte Kraft am SGS teilnehmen, nebst den Generationen?
Wir werden KI und weitere digitale Entwicklungen bestmöglich nutzen, ja. Schon in diesem Jahr wird es eine Metaverse-Experience geben und wir haben alle Essays auf eine Open-Content-Plattform öffentlich zugänglich gemacht. Ich sehe dies als zusätzlichen Dialog zwischen Menschen und Technologie, mit Chancen und Gefahren, die wir alle jetzt schon erleben – auch hier sehen wir unsere Rolle, dass sich dies im Sinne der nächsten Generationen weiterentwickelt.

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