«Titanic vom Bodensee» wird 130 Jahre alt

Damals gab es keine Autos, kein Flugzeug und das Hauptverkehrsmittel für Personen und Güter im Fernverkehr war die Eisenbahn. Natürlich noch mit Kohle und Dampf, die Elektrifizierung war damals ganz neu. Im Nahverkehr ging man zu Fuss oder in der Pferdekutsche.
Das Dampfschiff Säntis besass ein Klipperbug mit Bugspriet, wie ein Segelschiff. Dieser wurde dann in der Werftsaison 1897/98 zu einem senkrechten Bug umgebaut.
1920 wurde das Schiff als erstes Bodensee-Dampfschiff von Kohlen- auf Ölfeuerung umgestellt, wodurch die Mannschaft um einen Mann verringert werden konnte. Das DS Säntis hat wie die Titanic eine Drei-Zylinder-Dampfmaschine, welche sehr selten ist.
Im Jahr 1933 wurde das Schiff ausgemustert und samt Maschine und Aufbauten im Bodensee über Bug, wie die Titanic, versenkt. Mit zischendem Rauch und am Schluss noch die Schweizer Flagge hochhaltend, verschwand sie vom Tageslicht.
Im Herbst 2013 wurde das Dampfschiff Säntis bei Vermessungsarbeiten im See auf rund 210 m wieder entdeckt. Das Süsswasser, die Dunkelheit und die Sauerstoffarmut hat das Wrack hervorragend erhalten.
«Eine Bergung ist technisch kein Problem jedoch privatwirtschaftlich unmöglich. Unsere Firma hat eine Hebung bereits im Jahr 1943 geprüft», sagt der Technische Betriebsleiter, Silvan Paganini. Die Kosten der Bergung und Instandstellung sind immens und für eine privatwirtschaftliche Firma nicht zu finanzieren. Weiter würde der laufende Unterhalt sehr viel Geld verschlingen und wäre nur mit grosszügigen Sponsoren und Fördervereine oder durch die öffentliche Hand zu stemmen. Dies zeigen auch andere grosse Dampfschiffe auf Schweizer Seen.
Auch läuft die Zeit davon. 2020 ratifizierte die Schweiz das Übereinkommen über den Schutz des Unterwasser-Kulturerbes. Dabei werden alle Spuren menschlicher Existenz, die über 100 Jahre ununterbrochen unter Wasser liegen, unter Schutz gestellt und dürfen nicht kommerziell ausgebeutet werden. «Wir hätten also noch bis 2033 Zeit das Dampfschiff zu bergen, doch dies wäre ein sehr kostspieliges Abenteuer», meint Silvan Paganini.
Wer mit dem Nachfolgerschiff MS Zürich (Baujahr 1933) fahren will, kann dies im regelmässigen Kursbetrieb tun.
Seit über 160 Jahren betreibt die Schweizerische Bodensee Schifffahrt AG (SBS) die Schifffahrt auf dem Bodensee. 1853 als «Schweizerische Nordostbahn-Gesellschaft» (NOB) gegründet, transportierte das Unternehmen in den ersten Betriebsjahren neben Passagieren vor allem Zugwagons über den Bodensee. Im Jahr 1902 übernahm die Schweizerische Bundesbahn (SBB) die Firma.
Seit dem Jahr 2007 besitzt eine private Thurgauer Investorengruppe das Unternehmen, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Betrieb von Grund auf zu sanieren. 2014 wurde die sanierte und erweiterte Werft in Romanshorn in Betrieb genommen. Es folgten weitere Projekte wie die neue Hafenplattform mit dem Restaurant Hafen in Romanshorn oder die Komplettsanierung der MS Säntis und MS St. Gallen.
Die SBS betreibt heute eine Flotte von sieben Schiffen und teilt sich mit der Deutschen Bodensee-Schiffsbetriebe GmbH den Fährbetrieb zwischen Romanshorn nach Friedrichshafen. Neben der Kursschifffahrt werden auch Themenfahrten und Charterschiffe angeboten.