Trotz schwacher Stimmung in der Industrie und globaler Unsicherheiten zeigt sich KOF-Direktor Jan-Egbert Sturm verhalten optimistisch: An der INNOSourcing-Fachtagung vom 18. Juni 2025 skizzierte er in Glattbrugg mögliche Szenarien für das Schweizer Wirtschaftswachstum – und kritisierte die US-Zollpolitik als wirtschaftlich sinnlos.
Sturm warnt vor Folgen der US-Zollpolitik – und sieht trotzdem Chancen für die Schweiz

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Text: Martin Sinzig
Die Geschäftslagebeurteilung von Unternehmen in Deutschland und der Schweiz befindet sich weiterhin auf tiefem Niveau, während die Erwartungen etwas optimistischer ausfallen. «Die Stimmung insbesondere in der Industrie ist im Moment wirklich schlecht», analysierte Jan-Egbert Sturm, Direktor der KOF Konjunkturforschungsstelle an der ETH Zürich, mit Blick auf die aktuellen Erhebungen.
Sturm, seit 2005 ordentlicher Professor für Angewandte Wirtschaftsforschung, skizzierte an der jüngsten Fachtagung der Sirnacher INNOSourcing GmbH die wirtschaftlichen Perspektiven für die Schweiz – vor dem Hintergrund eines globalen Welthandels, der durch die amerikanische Zollpolitik erheblich belastet ist.
2000 Franken pro Einwohner
Seine Prognosen für das um Sportereignisse bereinigte Bruttoinlandprodukt (BIP) der Schweiz erläuterte der Konjunkturforscher anhand dreier Zoll-Szenarien. Im Basisszenario, das vom aktuellen Zollniveau ausgeht, rechnet Sturm mit einem Wachstum von 1,4 Prozent im laufenden und 1,5 Prozent im kommenden Jahr.
Im besten Fall – bei einem vollständigen Wegfall der Trump-Zölle – würde das BIP um 1,6 respektive 2,1 Prozent steigen. Im schlechtesten Fall jedoch, bei einer weiteren Eskalation, könnten die Wachstumsraten auf 0,9 beziehungsweise 0,5 Prozent zurückfallen. Die Differenz entspräche rund 17,5 Milliarden Franken oder etwa 2000 Franken pro Einwohner, rechnete Sturm vor.
«Das macht keinen Sinn»
Angesichts der soliden Haushaltslage seien von staatlicher Seite weder bremsende noch stimulierende Impulse zu erwarten, erklärte Sturm. Die Schweiz könnte jedoch vom europäischen Wachstum profitieren. Fiskalpakete – insbesondere in Deutschland – versprechen erhöhte Investitionen in Militär und Infrastruktur sowie damit verbundene Nachfrageeffekte.
Die US-Zollpolitik präge weiterhin den globalen Ausblick. Grosse Zweifel äusserte Sturm insbesondere an der Vorstellung, die USA könnten über Zölle ihre Bundeseinnahmen entscheidend steigern. Zudem halten viele Ökonomen es für nicht nachvollziehbar, wie Präsident Donald Trump auf diesem Weg das Leistungsbilanzdefizit ausgleichen wolle. «Rein wirtschaftlich macht diese Zollpolitik keinen Sinn», fasste der Volkswirtschafter zusammen.