St.Gallen

St.Galler Künstler eröffnen Hotelzimmer an Tankstelle

St.Galler Künstler eröffnen Hotelzimmer an Tankstelle
Die Künstler-Brüder Frank und Patrik Riklin
Lesezeit: 4 Minuten

Die St.Galler Künstler Frank und Patrik Riklin sorgten mit ihrem «Null Stern Hotel» für Aufsehen. Nun haben sie die Idee radikalisiert und eröffnen eine «Suite» an einem kuriosen Ort. Eine Übernachtung kostet 325 Franken.

In einer Zeit, in der die Welt aus den Fugen gerät, ist es schwierig, die aktuelle Weltlage auszublenden. So geht es auch den Konzeptkünstlern Frank und Patrik Riklin und Hotelier Daniel Charbonnier, die mit ihrem «Null Stern Hotel» seit 2008 (siehe Video unten) immer wieder international für Aufsehen sorgen.

Nun radikalisieren sie einmal mehr ihr Konzept mit einer neuen, anti-idyllischen Version eines Hotelzimmers, das wie als «Bildfehler» vom Himmel gefallen ist – an einen Ort, den man höchstens in einem Film oder im Traum erwartet. Im Zentrum der Übernachtung steht nicht der Schlaf, sondern die Selbstreflexion über die aktuelle Weltlage – sie wird zum Statement für die Dringlichkeit notwendiger Veränderungen in der Gesellschaft.

Eine Nacht mit Bulterservice

Die neue Suite ohne Dach und Wände wurde in Komplizenschaft mit der Gemeinde Saillon (VS) umgesetzt. Sie befindet sich zwischen einer Tankstelle und einer Hauptstrasse; der Mast mit den aktuell steigenden Benzinpreisen mutiert zum dekorativen Inventar des Zimmers.

Dieses anti-idyllische Hotelzimmer im Freien inkl. Butlerservice ist ab sofort buchbar. Am Dienstag, 28. Juni um 18 Uhr findet ein öffentliches Shooting statt, bei dem sich die Bevölkerung im anti-idyllischen Zimmer im Pyjama fotografieren lassen kann.

«Mit Blick auf die aktuelle Weltlage ist es nicht Zeit, zu schlafen», sagen die beiden Konzeptkünstler Frank und Patrik Riklin. Dieses Jahr haben die Null Stern Erfinder deshalb eine «anti-idyllische» Suite entwickelt, in der man den Halbschlaf nutzt, um nachzudenken und sich selbst in Frage zu stellen.

Dieses Hotelzimmer, das sowohl faszinieren als auch verstören kann, soll uns alle wachhalten: Was ist Sicherheit? Was ist Luxus? Wie können wir Ressourcen schonen und unseren Energieverbrauch reduzieren? Im Kontrast zu dieser neuen, anti-idyllischen Suite ohne Dach und Wände bei der Tankstelle sind in der Landschaft von Saillon zusätzlich drei gewohnt idyllische, immobilienbefreite Zimmer installiert.

Die vier Suiten sind vom 1. Juli bis zum 18. September geöffnet. Eine Übernachtung inkl. Butlerservice kostet 325 Franken.

 
Die Schweizer Konzeptkünstler Frank und Patrik Riklin und der Hotelier Daniel Chrabonnier lan cieren eine «anti idyllische» Version ihres Hotel - Konzepts
Die Schweizer Konzeptkünstler Frank und Patrik Riklin und der Hotelier Daniel Chrabonnier lan cieren eine «anti idyllische» Version ihres Hotel - Konzepts

Null Stern – ein endloser kreativer Prozess

Seit der Gründung von «Null Stern - the only star is you» im Jahr 2008 war die Kunst stets die treibende Kraft des kreativen Prozesses und Zentrum der konzeptuellen Weiterentwicklung. Diesen Sommer schlägt die Kunst wieder zu und ruft die anti-idyllische Version eines immobilienbefreiten Hotelzimmers ins Leben.

«Die neue Null Stern-Version hinterfragt die Konsensnormen der Hotellerie und bietet Raum, um über die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen oder ökologischen Unsicherheiten der Welt, in der wir heute leben, nachzudenken», erklärt Daniel Charbonnier.

Spiegel der Gesellschaft

Seit der Entstehung des Konzepts «Null Stern» 2008 in einem Atombunker haben sich die drei Gründer, die Konzeptkünstler Frank und Patrik Riklin und Hotelier Daniel Charbonnier, immer wieder von den grossen sozioökonomischen Veränderungen inspirieren lassen.

Denn das Konzept fungiert als Spiegel der Gesellschaft: Von der Finanzkrise über den Klimawandel bis hin zum Krieg auf europäischem Boden wirft uns das Konzept «Null Stern» auf unsere tiefsten Ängste und Träume zurück (siehe Hintergrund im Kasten). «Kunst gibt die Freiheit, den Status quo zu überdenken. Sie hat es mir ermöglicht, die Grenzen der Hotellerie mit ihren vorgegebenen Normen zu überschreiten», sagt Hotelier Daniel Charbonnier.

Weniger idyllisch geht es kaum
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Antithese zum Wettlauf um die Idylle

Durch die Verschmelzung von Kunst und Hotellerie haben es sich die drei Gründer zur Aufgabe gemacht, das Konzept «Null Stern» so weiterzuentwickeln, dass es stets auf gesellschaftliche Entwicklungen reagiert. Die neue anti-idyllische Suite ruft die Antithese zum Wettlauf um die Idylle aus. «Mit dem neuen Zimmer versuchen wir den Widerspruch des Menschen zwischen Ideal und Wirklichkeit zu thematisieren.

Der Mensch ist zwar Teil der Natur, steht ihr aber gleichzeitig fremd gegenüber, indem er seine Bedürfnisse über die der Natur stellt», erklären Frank und Patrik Riklin. «Wenn wir so weitermachen wie bisher, könnte es bald mehr anti-idyllische als idyllische Orte auf der Welt geben», ergänzen die Riklin-Brüder.

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Halb-Schlaf als Denk- und Reflexions-Inkubator

Die neue Version des «Null Stern Hotel» bietet Raum für Reflexionen – wie ein lebendiges Gemälde, in dem man eingeladen ist, Fragen zu stellen und seine Ideen zu teilen: Was ist Schönheit? Was ist Komfort? Was ist Sicherheit? Welche Energie nutzen wir morgen und zu welchem Preis? Wie kann der Tourismus ressourcenschonend sein? «Es ist uns wichtig, sowohl die idyllischen Aspekte unserer Welt und ihrer Landschaften zu zeigen, als auch die Realitäten, mit denen wir alle heute konfrontiert sind. Wenn man es schafft, über die anti-idyllische Suite hinauszuschauen, findet man in der Ferne Schönheit und Gelassenheit», so Daniel Charbonnier.

Die Riklin-Brüder ergänzen: «Eine Übernachtung im anti-idyllischen Zimmer ist ein Investment in die eigene Selbstreflexion sowie in das unübliche Denken und Handeln. Grosse Veränderungen beginnen im Kleinen.» Die Gäste können ihre Erkenntnisse unter der Matratze deponieren. «Die anti-idyllische Suite wirft uns auf unsere Zweifel und Unsicherheiten zurück. Ich hoffe, sie inspiriert die Gäste zum Nachdenken und Teilen ihrer Gedanken, die wir dann sortieren und zusammenstellen, um daraus in Zukunft lokale Aktionen zu entwickeln», erklärt Charles-Henry Thurre, Gemeindepräsident von Saillon. So wird der Aufenthalt zu einem Statement, das zum gesellschaftlichen Wandel beiträgt.

Moderner Butler werden

«Im Kontext des anti-idyllischen Zimmers hat der Butler noch eine zentralere Rolle, da er in einem Umfeld der Unsicherheit ein Gefühl der Sicherheit und des Wohlwollens vermittelt», sagt Hotelier Daniel Charbonnier. Der moderne Butler verkörpert die Essenz der Philosophie «Null Stern - the only star is you»: Er stellt den Menschen in den Mittelpunkt des Erlebnisses.

Diese emblematische Rolle des Konzepts steht allen Mitgliedern der Gemeinschaft offen, die Teil der verschiedenen tableaux-vivants sein möchten, indem sie den Gästen unvergessliche Momente bescheren. Alle modernen Butler durchlaufen eine strenge theoretische und praktische Ausbildung vor Ort. Moderne Butler erwerben nicht nur handwerkliche Fähigkeiten wie das Tragen eines Tabletts, während sie einen Berg hinaufklettern, oder das Beziehen von Betten bei Wind, sondern auch soziale Kompetenzen, die sich in ihrem Wohlwollen, ihrer Fähigkeit, den Service zu personalisieren, oder ihrem Willen, die Erwartungen jedes Gastes zu erfüllen, ausdrücken.

Interessierte und weitere Informationen erhalten Sie telefonisch unter 027 602 11 11 oder unter www.saillon.ch

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