Ostschweizer Jungunternehmer setzen auf Amazon

Anthony Brown – was macht Ihr und wie hebt Ihr Euch im Markt ab?
Patrick: Wir wollen mit unseren Produkten die Männerwelt erobern und jedem unserer Kunden ein Lächeln auf's Gesicht zaubern. Unsere Produkte sollen zu einem gewissen Teil auch ein Erlebnis sein. Alle Anthony-Brown-Produkte entwickeln wir speziell für den Mann. Unsere Kunden schätzen die Qualität unserer Produkte; das spiegelt sich in der hohen Kundenzufriedenheit wider. Ausserdem können wir mit unserer Grösse flexibel und dynamisch auf den Markt reagieren, aktuellen Trends nachkommen und Lösungen für Probleme schnell umsetzen. Grosse Brands mit unflexiblen Unternehmensstrukturen haben in dieser Hinsicht sicherlich das Nachsehen.
Nick: Wir sind im B2C-Markt tätig – und zum Markteinstieg wählten wir Amazon Deutschland als Absatzkanal. Grosse Marken wie z. B. Gillette holen noch nicht das Maximum aus dem Onlinehandel, besonders auf Amazon, heraus. Mit qualitativ hochwertigen Produkten und gutem Branding gibt es hier in Europa noch viel Potenzial. Ein Unternehmen, das wir verfolgen und zu einem gewissen Teil auch Vorbild ist, ist der «Dollar Shave Club» aus den USA. Im deutschsprachigen Raum fehlt etwas Vergleichbares; hier wollen wir mit Anthony Brown ansetzen.
Patrick: Uns ist kein Brand bekannt, bei dem ich als Mann alle Essentials in hochwertiger Qualität kriege.
Nick: Und wir punkten durch Kundennähe. Das beginnt beim Design und geht weiter beim Unboxing, da findest Du einen persönlichen Beilegezettel und coole Sprüche, die den Zeitgeist treffen. Das sind die Dinge, die es neben der Produktqualität unserer Meinung nach ausmachen, dass Kunden beginnen, sich mit einer Brand zu identifizieren. Auf der Website entwickeln wir gerade unsere persönliche Marke. So wollen wir uns von herkömmlichen Pflegebrands differenzieren.
Wie hat sich das Geschäft 2020 entwickelt?
Patrick: Wir haben uns ambitionierte Jahresziele gesetzt.: Für 2020 war unsere Intention, erstmals einen sechsstelligen Monatsumsatz hinzukriegen – und das haben wir geschafft. Von Dezember 2019 bis Dezember 2020 konnten wir den Umsatz verfünffachen.
Online-Detailhandel als Megatrend – was seht Ihr in der Schweiz und in Europa?
Patrick: Wir konzentrieren uns auf den Absatz via amazon.de. In der Schweiz nehmen wir den Impact von Amazon wenig wahr. Wir Schweizer kennen primär Digitec/Galaxus, Coop und Migros. Wir haben also branchenspezifische Player. Im Gegensatz dazu ist Amazons Einfluss in Europa gigantisch, und in Deutschland gibt’s faktisch nur Amazon.
Nick: Etwa 50 % der Online-Suchanfragen in Deutschland laufen nicht über Google, sondern werden direkt bei Amazon platziert. Die Suchanfragen via Google liefern auf den ersten drei oder vier Suchresultaten ebenfalls wieder Amazonresultate. Ein Beispiel: Ein Deutscher sucht ein Produkt gegen Augenringe. Er geht auf Amazon und sucht dort nach einer Lösung und nicht nach einem spezifischen Produkt. Wir Schweizer tun das praktisch ausschliesslich auf Google.
Patrick: Übrigens liefern wir seit neustem über Amazon auch in die Schweiz – mit unserem eigenen Onlineshop sind wir dafür logistisch leider noch nicht so weit.
Und wo lasst Ihre Eure Produkte produzieren?
Patrick: Unser erstes Produkt war das Rasiermesser. Diese lassen wir seit Beginn in Pakistan produzieren. Unser Messerlieferant ist ein absoluter Spezialist und wir sind sehr zufrieden. Die Kosmetik kommt aus England und gewisse Hardware sowie teils Verpackungen aus Asien. Die Ware wird direkt ans Lager von Amazon geliefert, sodass wir keine eigenen Warenlager bilden müssen.
Nick: Wegen Corona musste Amazon allerdings die Anliefermengen limitieren, weil seine Mitarbeiterkapazität nicht mehr ausreichte für die Logistikzentren. Auf der anderen Seite haben wir Mindestbestellmengen vereinbart, und so mussten wir kurzfristig Zwischenlager schaffen. Die Herausforderung dabei sind weniger die Kosten als vielmehr der zusätzliche Administrationsaufwand.
Wie seid ihr auf den Namen Anthony Brown gekommen?
Nick: Das war ein recht spontaner Einfall. Wir starteten mit dem Rasiermesser als erstes Produkt und wollten dieses unter einem Brandnamen vermarkten, der zum einen das Gefühl von Qualität und Männlichkeit ausstrahlt und sich zum anderen auf eine breite Palette an Männerprodukten anwenden lässt. Grosse Brands operieren oft mit Doppelnamen wie Estée Lauder oder Calvin Klein. Patrick oder Nicolas Moser klang dabei nicht ganz so passend, weshalb wir uns für einen unabhängigen Namen entschieden haben.
Patrick: Mit Namen/Logo an sich sollte man nicht zu viel Zeit verbringen, viel wichtiger finden wir das, was die Kunden damit assoziieren.
Ihr habt vor zwei Monaten eine eigene Website gelaunched, was sind da Eure Ziele?
Nick: Coole Story, cooler Brand! Wir möchten den persönlichen Touch unserer Marke weiter ausbauen. Die Webseite steht noch am Anfang. Wir möchten mit der Seite einen zweiten Absatzkanal aufbauen, damit wir nicht vollständig von Amazon abhängen. Wir beabsichtigen, via Website und Instagram unsere Story hervorzuheben, wie das hier bei uns im Kinderzimmer gestartet hat. So wollen wir Verbundenheit und Nähe zu unseren Kunden schaffen. An der Story arbeiten wir aktuell, deshalb hat unser Webauftritt noch nicht allzu viel «Fleisch am Knochen».
Und wie seid Ihr auf swisspeers.ch gestossen?
Patrick: Wir realisierten bald, dass wir zusätzliches Kapital benötigen. Allerdings wollten wir keine Eigenkapitalinvestoren. Also suchten wir in alle Richtungen nach einem Wachstumskredit. Das ist für ein so junges Unternehmen wie uns, mit Firmensitz im Ausland, nicht ganz einfach. Wir sind über eine Recherche auf die Swisspeers AG gestossen. Wir haben Euch unverbindlich kontaktiert, und ihr seid uns von Beginn weg sehr entgegengekommen. Flexibilität und kreative Lösungssuche waren ausschlaggebend.
Wie habt Ihr die Kreditauktion auf unserem Marktplatz erlebt?
Nick: Wir schrieben unseren Kredit aus. Als wir am nächsten Morgen erwachten, war bereits eine E-Mail in der Inbox, dass das Ziel erreicht sei. Da staunten wir nicht schlecht. Das dauerte keine Stunde, bis der vollständig gezeichnet war!
Patrick: Wir haben die Auktion nicht unmittelbar geschlossen, weil wir das Geld nicht sofort benötigten. So synchronisierten wir Ausgaben, Einnahmen und die erste Rückzahlungsrate elegant. Schöner Nebeneffekt war, dass der Zinssatz noch unter den Maximalzins gesunken ist.
Seit April 2020 verfügt Ihr über das Geld. Was habt ihr damit gemacht?
Patrick: Plangemäss investierten wir innerhalb von zwei Monaten den gesamten Betrag in unser Warenlager. Die neuen Produkte waren entwickelt und mussten nur noch bestellt und bezahlt werden. Das lief punktgenau ab!
Und Ihr wart zuversichtlich, dass Ihr die neuen Produkte auch verkaufen könnt?
Nick: Uns war zu dem Zeitpunkt sehr genau bekannt, welche Nischen aufgrund der aktuellen Marktsituation auf Amazon attraktiv sind. Eine hohe Nachfrage auf Amazon sowie wenig Angebote, die entweder schlechte Kundenbewertungen haben oder nicht gut vermarktet sind, ist hierbei der optimale Mix für einen erfolgreichen Markteinstieg.
Patrick: Am Anfang schaltet man viel Werbung und investiert in ein professionelles Listing, sprich Verkaufstext und Produktbilder. Wenn durch PPC (pay per click) erste Verkäufe generiert werden, steigt man im Ranking. Sobald du oben auf der Seite bist, also organisch ein gutes Ranking erhältst, machts Spass, da der Grossteil der Verkäufe im Prinzip kostenfrei ist. Der Algorithmus funktioniert ähnlich wie bei Google, einfach auf den Verkauf ausgerichtet.
Was empfiehlt ihr künftigen Kreditnehmern?
Patrick: Ich würde nie einen Kredit aufnehmen, der nicht durchdacht ist – der z. B. eine Schuhnummer zu gross ist. Unser Kredit ist für Investitionen gedacht und nicht für den Konsum. Ich nehme das Geld auf und erschaffe damit etwas Cooles, respektive vervielfache es – andere nehmen für ein Auto so viel auf. Dieser Vergleich half dabei, den Betrag für mich persönlich zu relativieren.Nick: Wichtig ist eine gute Planung. Das Risiko sollte wohl überlegt und gut kalkuliert sein. Wir verfügen mit den Rasiermessern über einen soliden Proof of Concept. Wir begannen damit, zu skalieren, und haben erst dann den Kredit aufgenommen. Und schliesslich sollte man auch auf das Bauchgefühl hören – es muss einem immer wohl sein dabei. Wenn Du am Schluss nicht mehr gut schläfst, ist das nichts.
Das Gespräch führte Alwin Meyer, CEO der Swisspeers AG.