Ostschweiz

Koch & Gsell ist pleite – hat aber vielleicht einen Plan B

Koch & Gsell ist pleite – hat aber vielleicht einen Plan B
Roger Koch, Inhaber und Geschäftsführer der Koch & Gsell AG
Lesezeit: 3 Minuten

Das 2015 gegründete Start-up Koch & Gsell aus Steinach muss auf Grund fehlender Liquidität und des Verlusts der Tabaklizenz Insolvenz anmelden. Das Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren vor allem als Produzentin reiner Schweizer Tabak- und Hanfzigaretten einen Namen gemacht.

Text: pd/pst

Koch & Gsell litt in der Vergangenheit unter sinkenden Umsätzen. Dazu kam, dass das Unternehmen über ungenügend Liquidität verfügte, keine Geldgeber fand und auch das Aktionariat nicht bereit war, Kapital einzubringen. Aus diesen Gründen konnte das Unternehmen im November 2023 die Bürgschaft für den Erhalt der Tabak-Betriebsbewilligung von rund 450'000 Franken nicht mehr leisten.

Deshalb folgte im November 2023 der Entzug der Tabak-Betriebsbewilligung, was für Koch & Gsell in der Konsequenz Umsatzeinbussen von rund 50 Prozent bedeutet hätte. Diverse Rettungsversuche in letzter Minute scheiterten, weshalb nur der Antrag auf Insolvenz blieb. Die Geschäftskunden wurden am Dienstagvormittag, 9. Januar informiert, schreibt das Unternehmen in einer Stellungnahme.

Koch & Gsell sei stets allen Forderungen aus dem Nachlassvertrag nachgekommen und habe knapp 1 Mio. Franken an Schulden getilgt. Ebenso seien alle Löhne und Sozialleistungen bezahlt worden, es bestünden somit keine Forderungen seitens AHV oder BVG. Wie es nun weitergehe, sei offen. Denkbar wäre ein Neustart, der sich ausschliesslich auf das margenträchtigere Hanfgeschäft konzentrieren würde, so Gründer und Geschäftsführer Roger Koch.

Kein Marketing, sinkende Umsätze, raueres Investitionsklima

Nach dem erfolgreichen Abschluss des Nachlassvertrags im September 2020 folgte für Koch & Gsell in den kommenden Monaten die Ernüchterung: Da praktisch sämtliche Gewinne in die Rückzahlung der Schulden flossen (gemäss Unternehmen jährlich rund CHF 300'000), blieb praktisch keine Liquidität für Marketing und Verkauf übrig. Die negativen Image-Effekte aus der Nachlassstundung konnten nicht korrigiert werden, die Umsätze stagnierten und begannen mit dem Ende des Hanfhypes und der angespannteren makroökonomischen Lage (Covid, Ukraine, Inflation) zu sinken und betrugen Ende Dezember 2023 noch CHF 4 Mio., verglichen mit CHF 6,2 Millionen im Dezember 2021.

Inhaber und Geschäftsführer Roger Koch bemühte sich erneut um Investoren, doch scheiterte ein Deal mit der kanadischen Firma Flora Growth kurz vor Weihnachten 2021, da sich das kanadische Unternehmen überraschend aus den Verhandlungen zurückzog. Nach einem kleinen Betriebsgewinn im Jahr 2021 von rund 160'000 Franken erlitt das Unternehmen im Jahr 2022 dann erneut einen Verlust, der kaum mehr zu kompensieren war.

Trotz intensiver Suche nach Investoren konnte Koch & Gsell keine neuen Geldgeber finden, die sich insbesondere nach dem Zusammenbruch sämtlicher Cannabis-Titel an der kanadischen Börse und dem generell raueren makroökonomischen Klima sehr zurückhaltend zeigten.

  

Erfolge – jedoch ohne monetäre Folgen

Koch & Gsell konnte in den vergangenen drei Jahren aber auch Erfolge verzeichnen: So wurde der erste biologisch abbaubare Filter aus Cellulose gemeinsam mit der Firma McAirlaid's in sämtlichen Zigaretten eingesetzt, die Universitätskliniken Basel publizierten zwei Studien mit den Heimat-Hanfzigaretten, die die positive Wirkung von Hanf im psychiatrischen Umfeld wissenschaftlich erwiesen, und mit dem «Fresh Cannabis Ice Tea» erhielt das Unternehmen noch im Oktober 2023 als erstes Unternehmen die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung für einen reinen Hanfeistee in Deutschland. Allerdings fehlte auch hier stets die Finanzkraft, um die Innovationen angemessen vermarkten zu können, heisst es in der Stellungnahme des Unternehmens.

Verlust der Tabak-Betriebsbewilligung und lnsolvenz

Als auch die Aktionäre der Koch & Gsell AG trotz intensiver Gespräche nicht bereit waren, weiteres Kapital nachzulegen, konnte das Unternehmen die Bürgschaft für die Tabak-Betriebsbewilligung nicht mehr leisten, was zum Entzug derselben führte. «Das war für uns der Genickbruch. Auf den Verlust der Tabaklizenz können wir nur mit der Insolvenzeinreichung reagieren – wir haben mit einem weiteren Umsatzrückgang keine Chance, die Schulden aus der Nachlassstundung und die laufenden Kosten zu decken», sagt Geschäftsführer und Inhaber Roger Koch.

Wie es weitergehen könnte

Koch & Gsell hat in den letzten drei Jahren ausschliesslich neue Hanfprodukte für Nichtraucher entwickelt, so beispielsweise zwei Teelinien und einen Hanfeistee: «Wir haben enormes Know-how, Wissen, Rezepte und ein Patent, das weltweit eingetragen ist, damit musste sich eigentlich schon etwas machen lassen», so Koch. Das ganze Team wäre gemäss dem Gründer und Inhaber bereit weiterzumachen. Doch auch für eine Anschlusslösung werde Kapital benötigt. «Nun müssen wir aber zuerst einmal die Insolvenz bewältigen. Es tut mir extrem leid für alle Gläubiger, die uns derart geholfen haben und nun leer ausgehen. Wir haben alles versucht – aber es hat letztlich nicht gereicht.»

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