Härtefallprogramm «ausgewogen und effizient»

Härtefallprogramm «ausgewogen und effizient»
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Die Industrie- und Handelskammer Thurgau bewertet das kürzlich durch den Regierungsrat vorgestellte Härtefallprogramm positiv. Dazu trägt namentlich der Entscheid des Regierungsrates bei, die Gelder mittels zinsloser Darlehen zu vergeben.

Damit sei gewährleistet, dass die Mittel rasch ausbezahlt werden können, ohne auf eine vertiefte Überprüfung der Anspruchsberechtigung und Beurteilung der wirtschaftlichen Entwicklung bei einem späteren Gesuch um Teilerlass zu verzichten, teilt die IHK Thurgau mit (im Bild: Direktor Jérôme Müggler).

Unterstützung für alle Betroffenen

Mit dem am 17. Dezember vorgestellten Härtefallprogramm hat der Thurgauer Regierungsrat ein ausgewogenes Konzept präsentiert, das effizient umgesetzt werden kann. Erfreulich sind zudem die verfügbaren Mittel von total 47,7 Mio. Franken. Wirft man einen Blick zurück auf die Bezugssummen der Covid-19-Kredite des Bundes, die bis zum Juli dieses Jahres beantragt werden konnten, ist zu hoffen, dass die nun verfügbaren Mittel ausreichend und eine entsprechende Hilfestellung sein werden.

Weiter ist positiv zu erwähnen, dass der Regierungsrat das Programm so ausgestaltet hat, dass jegliche Art von Unternehmen oder Branche im Thurgau davon profitieren kann. Es ist so, dass eine Beschränkung auf sehr stark betroffene Branchen wie die Gastronomie, den Tourismus oder die Event-Veranstalter unfair gewesen wäre. Nachvollziehbar ist, dass Betroffene unter Umständen möglichst rasch auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind. Dass Anträge innert sechs Wochen ab Vorstellung des Programms eingereicht werden können, beurteilt die IHK Thurgau unter Berücksichtigung, dass nun rasch ein effizienter digitaler Prozess ohne «Zettelwirtschaft» aufgebaut wird, als nachvollziehbar.

Der Kanton hat eine subsidiäre Rolle

Das zweiphasige Vorgehen, bei dem zeitnah zinslose Darlehen vergeben werden und diese danach unter gewisse Bedingungen ebenso bis zu 75% erlassen werden können, wird der Dringlichkeit der Situation gerecht und hemmt zugleich potentiellen Missbrauch. Eine Herausforderung, die es auch im Rückblick auf die Covid-19-Kredite des Bundes nicht ausser Acht zu lassen gilt. Ebenso ist es richtig, dass zuerst beantragte Covid-19-Kredite ausgeschöpft werden müssen, bevor der Kanton als subsidiäre Hilfestellungzum Zuge kommt. Mit dem Corona-Erwerbsersatz des Bundes gibt es dann bereits Hilfe für Selbständigerwerbende oder Personen in arbeitgeberähnlichen Stellen, die von den Corona-Einschränkungen betroffen sind. 

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Ordnungspolitische Gratwanderung

Gewisse Argumente in der nun entstandenen Diskussion um das Thurgauer Härtefallprogramm sind indessen nur bedingt nachzuvollziehen. Es gilt vorab zu betonen, dass die Wirtschaft allgemein und einige Unternehmen insbesondere vor sehr grossen Herausforderungen stehen, aber der Staat nicht als generelle Versicherung für sämtliche Ertragseinbrüche herhalten darf. Ziel muss es sein, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und überlebensfähige Unternehmen temporär zu unterstützen. Das in der aktuellen Krise vereinzelte Betriebe im schlimmsten Fall nicht überleben werden, ist im Einzelfall tragisch und verheerend, aber bleibt letztlich den Umständen der Pandemie geschuldet. Sehr speziell anmuten zusätzliche Forderungen, dass Zulieferbetriebe von krisengeschüttelten Betrieben ebenfalls von Entschädigungen profitieren sollten. Diese Denke zieht einen «Rattenschwanz» nach sich, der nicht mehr zu verwalten oder zu bezahlen wäre.

Es erstaunt zudem, dass gerade liberale und bürgerliche Kräfte nach grösseren Subventionen rufen und dabei auch À-fonds-perdu-Beiträge in Kauf nehmen. Erstens ist es eine ordnungspolitische Gratwanderung, die der Staat hier zu meistern hat, indem er den freien Markt und den Wettbewerb nicht allzu einseitig beeinflusst. Zweitens steht die Forderung nach staatlichen Unterstützungsgeldern diametral entgegen gesetzt zur in normalen Zeiten vorherrschenden Politik der moderaten Steuern und Schuldenbremsen. Beides wird nach der Krise wieder eminent werden.

Bund und Kanton nehmen Aufgabe wahr

Schliesslich gehört zur unternehmerischen Tätigkeit, mit einem veränderten wirtschaftlichen Umfeld umgehen zu können. In der bestehenden Krise ist es nicht falsch, dass der Staat eine unterstützende Rolle einnimmt. Insbesondere dort, wo er die wirtschaftlichen Möglichkeiten beschnitten hat. Diese Aufgabe nimmt er auf Bundesebene und nun auch auf kantonaler Ebene in vernünftigem Masse wahr. Gleichzeitig zeichnet sich mit der baldigen Möglichkeit zur Impfung ein Silberstreifen am Horizont ab. Es ist davon auszugehen, dass bis in den späteren Frühling eine deutliche Verbesserung der Lage zu erwarten ist. Damit darf ebenso auf eine rasche Erholung der Wirtschaft gehofft werden.