St.Gallen

Gegen die medial gelenkte Demokratie

Gegen die medial gelenkte Demokratie
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Wenn staatliche Dienstleistungsbetriebe als «Service public» eine permanente «Kundeninformation» brauchen, nähere sich die Regierungsinformation der Staatspropaganda, findet unser Gastautor Robert Nef.

Bürgerin und Bürger werden «kommunikativ begleitet», wenn möglich von der Wiege bis zur Bahre, von einem Heer fachlich gut geschulter und medial gut vernetzter Kommunikationsbeauftragter in Bern.

Leute, die von den Steuerzahlern finanziert werden, haben den Auftrag, diese als Staatsbürger so zu informieren, dass sie schliesslich die Mehrheitsmeinung in der Regierung teilen. Triumphierend wird dann bekanntgegeben, die Meinung des Bundesrats bzw. des Regierungsrates habe sich einmal mehr durchgesetzt, weil sie eben das einzig Vernünftige verkörpere.

Abweichende Meinungen werden – meist massiv gekürzt – in die Leserbriefrubriken abgedrängt und in publizistische Nischenprodukte, wo sich die Dissidenten tummeln, und die Unterscheidung von seriösen Beiträgen und Fake immer schwieriger wird. Glücklicherweise gibt es in einer direkten Demokratie noch Ausnahmen. Gelegentlich verweigert ein «störrisches Volk» der Regierung und ihren medialen Sprachrohren die Gefolgschaft. Auf Regierungsseite heisst es dann, man habe eben zu wenig oder unzulänglich kommuniziert und die Propaganda der Regierungsgegner sei mit allzu grossem finanziellen und populistisch-propagandistischen Aufwand betrieben worden.

Die Medien sind kein «öffentlicher Dienst», sondern ein wesentlicher Bestandteil einer Zivilgesellschaft, die auf den Prinzipien Offenheit, Vielfalt und Privatautonomie beruht. Medienfreiheit ist nur dann gewährleistet, wenn die Medien auch finanziell unabhängig sind vom Fiskus und vom Staat als Arbeitgeber. Es ist für selbsttragend zu finanzierende Zeitschriften schmerzlich zu beobachten, wie andere Zeitschriften, beispielsweise von Bundesämtern oder von Hochschulen, ungeniert (während der Arbeitszeit) von Staatsangestellten redigiert werden, öffentliche Mittel anzapfen und teils sogar portofrei an einen grossen Verteiler von Nichtabonnenten gelangen. 

Der liberale demokratische Staat sollte im Bereich der Information keine institutionalisierte Einflussmöglichkeit haben, weder über Monopole noch über Quasimonopole noch über Subventionierungskompetenzen. Der Korporatismus, d.h. das organisierte Zusammenwirken von Staat und Wirtschaft, führt vor allem im Medienbereich und im Kulturbereich zu einer freiheitsbedrohenden Vormachtstellung des politischen Systems.

Der Staat wird auch in den Medien als «Freund und Helfer» wahrgenommen, als Erzieher, als Förderer und als Retter in der Not. Dies ist vor allem bei wirtschaftlich notleidenden Medienunternehmen gefährlich. Es entsteht eine Art von Befangenheit, die jene permanente Kritik an der staatlichen Macht beeinträchtigt, die für eine offene freie Gesellschaft unabdingbar ist.

Autor Robert Nef war von 1991 bis 2008 Redaktor und Mitherausgeber der «Schweizer Monatshefte». Der LEADER-Kolumnist lebt als freier Publizist in St.Gallen.
Autor Robert Nef war von 1991 bis 2008 Redaktor und Mitherausgeber der «Schweizer Monatshefte». Der LEADER-Kolumnist lebt als freier Publizist in St.Gallen.

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