«Aus der Zeit gefallene Innenstadtpolitik»

Mitte Dezember richteten elf Ladeninhaber und Unternehmer einen offenen Brief an den Stadtrat und die CityParking AG (LEADER digital berichtete: www.leaderdigital.ch/news/gwerbler-wollen-gleich-lange-spiesse-2529.html). Darin forderten sie die Verantwortlichen auf, die Parkplatzgebühren in den zentrumsnahen Parkgaragen der CityParking AG den Tarifen der Einkaufszentren am Stadtrand anzupassen. Die Innenstadt braucht Kunden und keine Parkgaragen mit einer unanständigen Rendite. Im Gegensatz zu den Verantwortlichen der CityParking AG zeigte der Stadtrat Verständnis für die Anliegen der Einzelhändler. In seiner Antwort verwies er unter anderem auf den Massnahmeplan Luftreinhaltung und das Verkehrsaufkommen in der Innenstadt.
Veralteter Massnahmeplan
Der vom Stadtrat angesprochene behördenverbindliche Massnahmeplan Luftreinhaltung wurde von der Regierung des Kantons St.Gallen auf den 1. April 1991 in Kraft gesetzt. Im Jahre 1997 erfolgte eine Nachführung. Bereits beider Inkraftsetzung legte die Kantonsregierung fest, dass in den Städten St.Gallen, Rorschach, Wil und Rapperswil die Zahl der Parkplätze auf öffentlichem Grund auf den Stand 31. Dezember 1994 zu begrenzen sei. Ein darüber hinausgehender Abbau von Parkplätzen wurde empfohlen. Mit dieser Regelung wurden die vier angesprochenen Städte in ihrer Entwicklung nicht nur gegenüber den weiteren Orten des Kantons St.Gallen benachteiligt. Weit folgenreicher war der Entscheid der Kantonsregierung im Wettbewerb der Innenstädte mit den Einkaufszentren auf der grünen Wiese. Da es hier um privaten und nicht um öffentlichen Grund ging, konnten am Stadtrand und in der Agglomeration grosszügig neue Parkplätze gebaut werden. Im Falle der Shopping Arena notabene mit massivster Unterstützung von Stadt und Kanton. Vieles spricht dafür, dass diese gegen die Stadtzentren gerichtete Sonderregelung als Brandbeschleuniger bei der Verlagerung publikumsintensiver Angebote auf die grüne Wiese wirkte. Gut gemeint war schon immer das Gegenteil von gut.
Vergleichbares Verkehrsaufkommen
Begründet werden die hohen Parkplatzgebühren im Stadtzentrum durch den Stadtrat weiter mit der Verkehrsdichte in der Innenstadt. Dabei wird übersehen, dass diese Verkehrsdichte nicht zuletzt eine Konsequenz der Konzentration des innerstädtischen Verkehrs auf eine einzige Achse sowie die Ausweitung der Fussgänger- und Begegnungszonen und damit politisch gewollt ist. Zudem entsteht der Eindruck, dass der Stadtrat die eigenen Verkehrszählungen nicht zur Kenntnis nimmt. Im Jahre 2017 zählte die Stadtverwaltung am Unteren Graben 23'700 Fahrzeuge pro Tag. In Bruggen (Zürcherstrasse) waren es 21'400, im Osten der Stadt (Schönbüelstrasse) 19'000 Fahrzeuge. Das Bild stehender Fahrzeugkolonnen an Haupteinkaufstagen hat sich schon längst vom Stadtzentrum in die Einkaufszentren am Stadtrand verabschiedet. Wer mit dem Hinweis auf die Verkehrsdichte ein restriktives Parkplatzregime in der Innenstadt begründet, verdrängt die Veränderungen im Einkaufsverhalten der Bevölkerung in den vergangenen zwanzig Jahren.
Fehler nicht wiederholen
Auf keinen Fall ist es richtig und auch nicht im Sinne der Unterzeichner des offenen Briefes, die unanständigen Parkplatzgebühren in der Innenstadt durch höhere Tarife im Osten und Westen der Stadt auszugleichen. Hohe Parkplatzgebühren haben exakt diejenige Wirkung, die von der Politik erwartet wird: Kunden steigen um. Allerdings in der Regel nicht vom Auto auf den Bus oder die Bahn, sondern in kundenfreundlichere Einkaufszentren. Zum Beispiel in den Messepark Dornbirn mit 1300 Gratisparkplätzen. Und dies nicht nur in grenznahen Gebieten. Dabei geht es nicht nur um Franken und Rappen. Wer als Einkaufsort seine Kunden willkommen heissen will, verzichtet auf prohibitive Parkplatzgebühren. Mit den Worten der Migros Bruggen: «Gerne würden wir Ihnen während des Einkaufs gratis Parkierungsmöglichkeiten anbieten.» Das Geld muss in den Ladengeschäften und nicht in der Parkgarage verdient werden.