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«Made in Sennwald» bleibt das Erfolgsrezept

«Made in Sennwald» bleibt das Erfolgsrezept
Tobias Wolf
Lesezeit: 4 Minuten

Tobias Wolf übernimmt die Leitung der Sennwalder Wolf Storen AG in dritter Generation. Jetzt wirft der promovierte Ökonom, Entrepreneur und ehemalige Digitalexperte von OnlineDoctor den Blick nach vorn: Richtung Digitalisierung, Wettbewerbsdynamik und Zukunft des Schweizer Handwerks.

Tobias Wolf, welche drei Ziele haben Sie sich für die ersten 18 Monate gesetzt?
Zukunft braucht Herkunft. Mein wichtigstes Ziel ist es, unsere Tradition und Werte des Familienunternehmens mit der Zukunft zu verbinden. Wolf Storen steht seit knapp 60 Jahren für Qualität und Verlässlichkeit – Werte, die meine Eltern und Grosseltern geprägt haben. Darauf möchte ich aufbauen. Konkret habe ich mir vorgenommen, die digitalen Prozesse zu stärken, unsere Mitarbeiter einzubeziehen und zu entwickeln und gleichzeitig neue Impulse im Markt zu setzen sowie Kooperationen auszubauen – sei es über smarte Lösungen, gemeinsame Ökosysteme oder durch besondere Servicequalität.

Und wie bringt Ihre Erfahrung bei OnlineDoctor das Unternehmen in Sachen Digitalisierung und Kundenfokus voran?
Meine Erfahrungen bei OnlineDoctor haben mir gezeigt, wie wichtig es ist, das Handeln konsequent auf die Kundenbedürfnisse auszurichten. Digitalisierung kann dabei helfen, ist aber nicht das Allheilmittel. Das wichtigste Gut und Differenzierungspotenzial ist unser Team – und die dazugehörige Kultur.

Wolf Storen fertigt im Rheintal mit knapp 100 Mitarbeitern. Wie sichern Sie im digitalen Zeitalter Ihre Kostenstruktur, ohne den Qualitätsvorteil in Schweizer Fertigung aufzugeben?
Die Antwort liegt im Detail: Wir investieren in effiziente Prozesse und moderne Technologien, verzichten aber nicht auf die Qualität, die unsere Kunden erwarten. Wir haben keine Serienfertigung, sondern produzieren auf Mass – für jeden Kundenauftrag individuell. Schweizer Fertigung heisst für uns: kurze Wege, hohe Präzision und verlässliche Lieferzeiten. Ich habe bei meinem Einstieg unserem Produktionsleiter und meinem Vater dieselbe Frage gestellt. Ihre Antwort leuchtet ein: «Am Ende ist Qualität immer der kostengünstigste Weg.» 

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«Wir haben keine Serienfertigung, sondern produzieren auf Mass.»

Viele Mitbewerber lassen in Osteuropa oder Asien fertigen. Warum halten Sie am Standort Rheintal fest – und was sind die Mehrwerte für den Kunden, wenn er sich für ein Produkt «Made in Sennwald» entscheidet, das teurer ist als ein Import?
Weil wir überzeugt sind, dass unsere Kunden den Unterschied spüren. «Made in Sennwald» bedeutet: persönliche Betreuung, langlebige Produkte und regionale Wertschöpfung. Auch meine Eltern haben diesen Standort immer verteidigt – aus Überzeugung.

Planen Sie Investitionen in moderne Automation oder kürzere Durchlaufzeiten?
Ja, absolut. Auch in den vergangenen Jahren wurde unser Betrieb stetig modernisiert, und darauf bauen wir auf. Erst in diesem Jahr haben wir für unsere Administration ein neues Bürogebäude erstellt – ein Generationenbau. Der nächste Schritt ist, unsere Abläufe noch digitaler zu verzahnen – vom Auftragseingang bis zur Montage. So verkürzen wir die Durchlaufzeiten, bleiben aber flexibel genug für individuelle Kundenwünsche. In der Produktion investieren wir insbesondere in die Fähigkeit, Spezialanfertigungen in allen Formen und Grössen produzieren zu können.

Der Bereich ServiceWolf deckt Wartung und Montage auch fremder Marken ab. Welcher Anteil des Umsatzes entfällt aktuell auf Neugeschäft vs. Retrofit- und Serviceverträge?
Unser Geschäftsbereich ServiceWolf ist stark wachsend und nimmt durch zahlreiche Kooperationen mit Liegenschaftsverwaltungen, Versicherungen und Immobilienbesitzern Jahr für Jahr deutlich zu. Auch hier wollen wir weiter investieren, um unser Service-Netzwerk schweizweit auszubauen und gemeinsam mit Kooperationspartnern zu wachsen.

«Junge Talente suchen Entwicklungsperspektive und Identifikation.»

Wie gehen Sie mit Liefer- und Preisrisiken bei Aluminiumprofilen, Elektroantrieben oder Beschichtungen um?
Wir setzen auf enge und langjährige Partnerschaften mit unseren Lieferanten, teilweise auch auf Doppelstrategien. Gleichzeitig achten wir auf langfristige Verträge, um Planungssicherheit zu haben. Mir war es wichtig, bereits in meinen ersten Wochen unsere Hauptlieferanten zu besuchen und den bestehenden Kontakt zu intensivieren. Gerade in heutigen Zeiten ist die Verlässlichkeit der Lieferkette zentral. Zudem haben wir mit einer grossen eigenen Beschichtungsanlage den grössten Teil der Wertschöpfung im Haus.

Welche Berufe rekrutieren Sie am stärksten und wie machen Sie das Unternehmen attraktiv für die nächste Generation?
Unser Team wächst und wir suchen Kollegen in fast allen Bereichen: ob in der Montage, als Servicetechniker, in der Produktion, in der Administration oder im Verkauf. Junge Talente wollen heute nicht nur einen «Job». Sie suchen eine Entwicklungsperspektive und wollen sich mit dem Arbeitsinhalt und vor allem mit der Firma identifizieren. Nebst attraktiven Arbeitsplätzen können wir uns über das familiäre Umfeld und die Möglichkeit, in einem innovativen Handwerksbetrieb Verantwortung zu übernehmen, differenzieren. Für mich ist klar: Unser Erfolgsfaktor sind unsere Mitarbeiter – seien dies unsere Lehrlinge, die gemeinsam mit mir am 1. August gestartet sind, oder unsere treuen, langjährigen Mitarbeiter, von denen ich bereits zwei «Wölfen» an meinem zweiten Arbeitstag zum 40. Firmenjubiläum gratulieren durfte.

Und wie haben Sie die Aufgabenverteilung zwischen sich und Ihrem Vater Jochen Wolf geregelt, um den Generationenwechsel agil und nicht reaktiv zu gestalten?
Wir haben uns bewusst für ein Miteinander entschieden. Mein Vater bringt bis Ende dieses Jahres weiterhin seine jahrzehntelange Erfahrung ein und leitet in den nächsten Monaten noch unser grosses Verkaufsteam. Ich übernehme zunehmend die Gesamtverantwortung, setze neue Impulse und kümmere mich um Themen wie Finanzen, Personal, Digitalisierung und strategische Weiterentwicklung. Dieser fliessende Übergang gibt uns Stabilität und macht unser KMU zukunftsfähig – ganz im Sinne von: Zukunft braucht Herkunft.

Text: Stephan Ziegler

Bild: Marlies Beeler-Thurnheer

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