«Intrapreneurship ist ein Überlebensprinzip»

Als Sparringspartnerin, Projektbegleiterin und Impulsgeberin setzt Katja Zwilling bei ihrer täglichen Arbeit stark auf systemisches Denken und unternehmerische Verantwortung – insbesondere in Form von Intrapreneurship.
Neue Denkweisen ermöglichen
«Consulting heisst heute nicht mehr, nur Prozesse zu optimieren oder Strategien zu entwickeln. Es heisst vor allem auch, neue Denkweisen zu ermöglichen», sagt Zwilling. Ihrer Erfahrung nach stehen viele Organisationen nicht primär vor einem Wissensproblem, sondern vor einer kulturellen Herausforderung: «Wie schaffe ich es als Unternehmen, Strukturen zu schaffen, in denen Menschen Verantwortung übernehmen, querdenken und gestalten wollen?»
Hier setzt die Expertin mit ihrer Arbeit an. «Ich begleite KMU und Bildungseinrichtungen nicht als klassische Beraterin, sondern als Impulsgeberin mit Aussenblick und unternehmerischem Fundament. Dabei sehe ich es als meine Aufgabe, Organisationen aufzuzeigen, an welchen Hebeln man drehen kann, damit Veränderung angestossen werden kann», sagt sie. Ihre vielfältige berufliche Laufbahn – von der Medienbranche über Hochschulprojekte bis hin zu innovativen HR-Ansätzen und strategischer Weiterbildung – erlaube es ihr, unternehmerisches Denken nicht isoliert, sondern systemisch zu betrachten: «Diese Erfahrung gebe ich in Form von Impulsen, Workshops oder Dialogformaten weiter.»
«Es braucht Strukturen, in denen Mut, Neugier und Eigeninitiative gefördert werden.»
Eigenverantwortlich, kreativ und lösungsorientiert handeln
Zentrales Thema ihrer Arbeit ist das Intrapreneurship. «Intrapreneurship bedeutet unternehmerisches Denken innerhalb bestehender Unternehmen. Es beschreibt die Fähigkeit von Angestellten, eigenverantwortlich, kreativ und lösungsorientiert zu handeln – so, als wären sie selbst Unternehmer», so Zwilling. Intrapreneure seien keine klassischen Projektleiter, sondern «Beweger im System»: «Sie denken quer, hinterfragen, sehen Möglichkeiten statt Probleme und bringen Ideen mutig ins Tun – innerhalb der Strukturen oder eben auch gegen sie.»
Gerade Führungskräfte könnten davon profitieren, sagt Katja Zwilling: «Viele wünschen sich mehr Eigenverantwortung und Initiative in ihren Teams und ärgern sich gleichzeitig über Passivität, interne Bürokratie oder fehlende Innovationskraft. Intrapreneurship kann diese Lücke schliessen. Es schafft einen Raum, in dem Mitarbeiter lernen dürfen, innerhalb sicherer Rahmen unternehmerisch zu denken und zu handeln. Das bedeutet weniger Micromanagement, mehr selbstorganisierte Verantwortung und mehr Innovationspotenzial aus dem eigenen Unternehmen heraus.»
Führungskräfte in Schlüsselrollen
Gleichzeitig sei Intrapreneurship kein Werkzeug, das man einfach implementieren könne. «Es ist ein Kulturthema», betont Zwilling. Unternehmerisches Denken entstehe nicht auf Knopfdruck, sondern dort, «wo Menschen sich sicher fühlen, Verantwortung zu übernehmen und auch mal scheitern dürfen». Führungskräfte spielten dabei eine Schlüsselrolle: «Sie gestalten den Raum, in dem Intrapreneure wirken können – oder sie verhindern ihn unbewusst.»
Dabei gehe es nicht darum, dass alle alles entscheiden sollen. «Menschen sollen Verantwortung übernehmen dürfen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Es braucht Strukturen, in denen Mut, Neugier und Eigeninitiative nicht abgestraft, sondern gefördert werden», so Zwilling. Besonders in einer Zeit, in der permanente Veränderung die neue Realität ist, brauche es mehr als nur Abarbeiten. «Unternehmen brauchen Menschen, die über den Tellerrand denken, sich mit dem grossen Ganzen verbinden und Gestaltungsverantwortung übernehmen. Intrapreneurship ist kein nettes Add-on, es ist mehr ein Überlebensprinzip für Unternehmen, die langfristig relevant bleiben wollen.»
Mehr Eigenverantwortung, Zukunftsdenken und Bewegung
Mit ihrem Unternehmen unterstützt Zwilling Organisationen dabei, dieses Mindset zu entwickeln: «Mehr Eigenverantwortung, mehr Zukunftsdenken, mehr Bewegung!» Sie betont: «Es geht mir nicht um klassische Beratung oder Detailumsetzung. Ich arbeite als Impulsgeberin in Form von Workshops, Talks oder Eventformaten, die Veränderung auslösen. Denn echte Veränderung beginnt oft nicht mit einem Excel-Sheet, sondern mit einem Gespräch, einer Frage oder einem Perspektivwechsel.»
Was Führungskräfte konkret tun können, fasst sie in fünf Punkten zusammen: «Fördere psychologische Sicherheit – Menschen werden nur dann unternehmerisch denken, wenn sie sich trauen, Ideen zu äussern, auch wenn diese nicht perfekt sind. Rede über das grosse Ganze – teile die Vision hinter dem Unternehmen. Gib Handlungsspielräume – auch kleine Entscheidungen, die eigenständig getroffen werden dürfen, machen einen grossen Unterschied. Mache ‹innere Arbeit› sichtbar – zeig, wie Selbstreflexion, Haltung und persönliches Wachstum im Unternehmen Platz haben. Und hole Impulse von aussen – manchmal braucht es jemanden, der das Offensichtliche ausspricht.»
Für Katja Zwilling ist klar: «Intrapreneurship ist mehr als ein Modewort. Es ist eine Einladung, verantwortungsvoll, kreativ und mutig mit der Zukunft umzugehen – auf allen Ebenen.» Organisationen, die es schaffen, dieses Denken in ihrer Kultur zu verankern, seien nicht nur resilienter, sondern auch menschlicher: «Sie können schneller auf Veränderungen reagieren. Und vielleicht ist genau das der wichtigste Wettbewerbsvorteil der nächsten Jahre.»
Text: Stephan Ziegler
Bild: Marlies Beeler-Thurnheer