Direkt, frech, ehrlich, jung

Das passt: Während der Hype um das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest im Glarnerland auf seinen Höhepunkt zusteuert, huldigt einer der erfolgreichsten Ostschweizer Influencer Glarner Gaumenfreuden. Der Glarner Koch – oder eher: Food-Creator – Noah Bachofen zeigt, wie man das Glarner Landsgemeinde-Menü Kalberwurst mit Herdöpfelstock, Zwiebelsauce und eingelegten Dörrzwetschgen «richtig macht».
Genau 79 Sekunden dauert das Video auf Instagram, die einzelnen Schritte sind ein rasanter Zusammenschnitt mehrerer Sequenzen, Protagonist Bachofen doppelt seine eigenen Erläuterungen mit Ergänzungen aus dem Off, was das Gefühl von Tempo noch verstärkt. Dennoch wird die Zubereitung verständlich erklärt, und es bleibt auch noch Zeit für den Hinweis, dass das Rezept für eine vegetarische Variante des Gerichts in Noah Bachofens Kochbuch «Wäärli guät» nachzulesen ist.
Kochen macht Freude
Seine Leidenschaft fürs Kochen hat der heutige Influencer schon früh entdeckt, «mit zwölf Jahren oder vielleicht noch jünger habe ich zu Hause für meine Familie gekocht», erinnert sich Noah Bachofen. Später habe er mit einem Kollegen angefangen, für die Nachbarschaft zu backen. «Dabei habe ich gemerkt, wie viel Freude mir das macht, und mich dann für die Kochausbildung entschieden.»
Wie vermutlich jeder Koch hat auch er in Gedanken durchgespielt, wie es wäre, ein eigenes Restaurant zu führen, «das war aber auch mit viel Respekt verbunden. Ehrlich gesagt, habe ich nie wirklich davon geträumt, ein eigenes Restaurant zu führen.» Eine konkrete Gelegenheit dazu ergab sich nicht, dafür eröffneten sich andere, digitale Wege.
«Am Ende geht es darum, fleissig guten Content zu posten.»
Ein bisschen experimentieren
Als er im schwyzerischen Rickenbach im angesagten Restaurant «Magdalena» als Sous-Chef arbeitete, startete er parallel auf Social Media durch. «Das ist alles ziemlich spontan passiert», sagt Bachofen. Auslöser war 2020 die Corona-Pandemie, alle Restaurants mussten damals geschlossen bleiben. «Ich begann, ein bisschen zu experimentieren. Vorbilder hatte ich keine – ich bin da blind reingestartet.» Es waren auch nicht Geschichten rund ums Essen, die Noah Bachofen als erste Inhalte ins Netz stellte, «ich habe einfach Dinge aus meinem Alltag gezeigt.» Erst als das «Magdalena» wieder öffnen durfte, postete Noah Bachofen auch Videos aus dem Restaurant. «Dann habe ich die Idee entwickelt, Kochvideos zu machen.» Heute folgen Noah Bachofen auf Instagram 176’000 Follower, manchmal wird ein Video 1,4 Millionen Mal aufgerufen, etwa das Rezept für einen vegetarischen Hotdog. Anstelle des Würstchens packt Noah Bachofen ein gebackenes und dann mit Bier und Thymian glasiertes Rüebli ins Brötchen.
Woher kommt der Erfolg, wie entsteht eine derartige Reichweite? «Am Ende geht es darum, fleissig guten Content zu posten – Inhalte, die die Leute wirklich sehen wollen. Dann folgen sie dir auch», sagt Noah Bachofen. Neben Instagram bespielt der Food-Influencer auch YouTube und TikTok. «Dort recycle ich meine Inhalte, weil die Leute unterschiedliche Plattformen nutzen», erklärt Bachofen, «so erreiche ich mit einfachen Mitteln möglichst viele Leute.»
Kochshow im Fernsehen
Der umtriebige Koch ist inzwischen nicht nur auf neuen Medien zu sehen, auch das traditionelle Fernsehen gehört zu seinen Kanälen. Auf Sat.1 Schweiz befasst sich Noah Bachofen in «Hype Kitchen» mit Food-Trends; die Folgen können auch über die Streamingplattform Joyn von ProSiebenSat.1 abgerufen werden. «Der Sender ist auf mich zugekommen, weil sie meine Inhalte auf Social Media gesehen haben und fanden, dass ich auch im Fernsehen funktionieren könnte», sagt Noah Bachofen zu diesem Engagement.
Gefahr, dass er mit den üblichen TV-Köchen in einen Topf geschmissen wird, besteht bei diesem Setup nicht. «Ich setze mich von anderen vor allem durch meine Art ab, sowohl beim Kochen als auch als Person», erklärt Noah Bachofen, und fügt gleich an, was ihn ausmacht: «Ich bin direkt, frech, ehrlich, jung, und ich probiere gerne Neues aus. Gerade im Fernsehen, wo vieles schon tausendmal gemacht wurde, macht es mir besonders Spass, neue Wege zu gehen.»
Agentur für Influencer-Marketing
In den Fernsehepisoden gibt Noah Bachofen nicht nur Tipps für ein gelungenes Gericht, er gibt auch sein Wissen über Social Media weiter. Was am Bildschirm so leichtfüssig daherkommt, ist heute ein weiteres professionelles Standbein des jungen Unternehmers. Zusammen mit seinem Kumpel, dem Social-Media- und Video-Spezialisten Nico Franzoni, hat er die Agentur N&N gegründet, um einerseits Influencer und andererseits Unternehmen zu unterstützen. Die Agentur entwickelt Konzepte, von TV-Shows bis zu Werbung, «wir bringen die richtigen Leute dafür zusammen». Das müssen dann eben nicht zwingend Franzoni und Bachofen sein, oft vermitteln sie auch andere Influencer.
Die Erfahrung als Influencer zeigt Unternehmer Bachofen, dass es sich kaum lohnt, andere Kampagnen zu kopieren. «Mein wichtigster Tipp ist: neue Wege denken, nicht das machen, was schon hundertmal da war», betont Noah Bachofen. «Und vor allem: authentisch bleiben!»
Für ihn geht dieses Rezept jedenfalls auf, Noah Bachofen generiert seine Einnahmen hauptsächlich durch Kooperationen mit meist namhaften Brands. Viele der heutigen Partner sind über Agenturen auf Noah Bachofen gestossen, andere haben ihn auch direkt angeschrieben. Manchmal geht die Initiative auch von ihm aus. «IWC zum Beispiel habe ich selbst kontaktiert, weil ich schon immer ein grosser Fan dieser Uhren war und wusste, dass sie auch mit Köchen zusammenarbeiten. Sie fanden die Idee sofort spannend.» Als die finnische Hauptstadt Helsinki Food Ambassadors suchte, meldete sich Bachofen zusammen mit seinem Freund, dem Koch und Podcaster Chris Blos, «und wir haben die Rolle tatsächlich bekommen». Auf Instagram kann man sehen, wie die beiden durch Helsinki streifen, immer wieder mal etwas essen und offensichtlich Spass haben. Etwas, das andere Leute auch tun, doch im Fall von Noah Bachofen steht Spass haben und das Posten eben auch für ein durchdachtes Business.
Text: Philipp Landmark
Bild: Marlies Beeler-Thurnheer