Wirtschaft

Wie ein halbes AKW eingespart werden könnte

Wie ein halbes AKW eingespart werden könnte
Tobias Hofer
Lesezeit: 5 Minuten

Ab Herbst 2023 dürfen alle quecksilberhaltigen Leuchtmittel wie T5- und T8-, aber auch ringförmige Leuchtstoffröhren nicht mehr verkauft werden – ausgerechnet die Leuchtmittel, die in vielen Industrie- und Gewerbebetrieben im Einsatz sind. Tobias Hofer, Geschäftsführer der Astra LED aus Gossau, erklärt, was dieses Verbot bedeutet. Und welche Chance es beinhaltet.

Tobias Hofer, im Herbst werden T5- und T8-Leuchtstoffröhren verboten. Was bedeutet das genau?
Habe ich eine Beleuchtung mit Leuchtstoffröhren im Einsatz, darf ich diese natürlich weiter ersetzen, wenn ich über die entsprechenden Ersatzteile verfüge. Der Elektrogrosshandel wird jedoch keine neuen Leuchtstoffröhren mehr verkaufen, ebenso ist der Import nicht mehr möglich. Somit lohnt es sich, Ersatzteile an Lager zu haben, um einzelne Ausfälle zu reparieren. Das Verbot kommt übrigens nicht wegen des Energieverbrauchs, sondern weil die Leuchtmittel Quecksilber enthalten.

Viele dieser Lampen werden aber auch nach dem Verbot einige Jahre leuchten. Wie sieht es mit dem Energieverbrauch aus?
Eine heute neu eingesetzte T5- oder T8-Leuchtstoffröhre hat eine lange Lebensdauer und wird noch einige Jahre funktionieren. Weniger lang werden ringförmige und Kompaktleuchtstoffröhren funktionieren, da diese eine niedrigere Lebensdauer haben.

Der Energieverbrauch verglichen mit einer LED-Lösung ist ziemlich hoch.
Heute gehen rund zehn Prozent des schweizweiten Stromverbrauchs auf das Konto der Beleuchtung. Das sind immerhin 6,5 Terawattstunden im Jahr. Die Stromproduktion des AKW Gösgen 2019 betrug etwa acht Terawattstunden … Könnten wir die Hälfte der Energie beim Licht einsparen, bräuchten wir ein halbes AKW weniger. Das zeigt das riesige Potenzial auf.

 

«Wir produzieren alle unsere Beleuchtungskörper in Gossau.»

Die Alternative heisst LED. Wie viel Sparpotenzial ergibt sich durch eine Umstellung?
Ein einfacher Austausch von Leuchtstoffröhren mit LED ermöglicht eine Energieeinsparung von 50 Prozent. Die tönt nach viel, ist aber nicht unsere Empfehlung. Denn wenn man eine intelligente Beleuchtungssanierung durchführt, können sogar bis zu 80 Prozent eingespart werden.

Das heisst?
Intelligent heisst für uns vorab eine gute Lichtanalyse und -planung. Denn allenfalls werden weniger Leuchten gebraucht, als installiert sind. Der noch wichtigere Teil ist die Sensorik, die berücksichtigt werden sollte. Sie sorgt dafür, dass Leuchten nur brennen, wenn sie auch benötigt werden und nur so hell wie notwendig leuchten (Konstantlichtregelung).

Die Schweizer Industrie verbraucht für die Beleuchtung pro Jahr etwa zwei Terawattstunden, also zwei Milliarden Kilowattstunden.
Genau. Bei 15 Rappen pro Kilowattstunde entspricht dies 300 Millionen Franken. Wenn wir 60 Prozent davon einsparen können, ist dies auch finanziell sehr interessant. Weitere Faktoren wie tiefere Wartungskosten, weil die Leuchtmittel viel weniger ausfallen, sind darin noch gar nicht enthalten.

 

  

Spüren Sie eine veränderte Nachfrage aufgrund der aktuellen Energielage?
Ja. Astra LED mit Fokus auf Schulen, Gemeinden und Industrie berät und verkauft schon seit vielen Jahren im Bereich von intelligenten Beleuchtungslösungen und Sanierungen. Bis zur aktuellen Energiekrise brauchte es viel mehr Überzeugungsarbeit, auf ein intelligentes, sensorbasiertes System zu setzen. Durch die gestiegenen Energiepreise gelingt eine Amortisation nun teilweise so rasch, dass der Umstieg auf ein intelligentes System sehr gefragt ist. Unser Umsatz ist im ersten Quartal 2023 gegenüber Vorjahr um über 50 Prozent gewachsen.

Auch bei LED gibt es Unterschiede. Welche Lösung würden Sie einem Unternehmen empfehlen?
Wie erwähnt, ist eine Bestandsaufnahme essenziell – eine Dienstleistung, die wir kostenlos anbieten. Es sollte auf jeden Fall eine intelligente Beleuchtungssanierung sein, mit integrierten Sensoren und Steuerungen.

Und wie viel Energie könnte maximal eingespart werden?
Der Umstieg von Leuchtstoffröhren auf LED mit einer guten Planung ermöglicht Einsparungen von 50 Prozent. Durch eine intelligente Licht- und Präsenzregelung z. B. in Lagern oder Korridoren können bis zu 80 Prozent eingespart werden. In einem Büro mit Tageslichtanteil gehen wir von 40 bis 60 Prozent zusätzlicher Energieeinsparung durch ein intelligentes System mit integrierter Sensorik aus.

 

«Die meisten von uns verbringen 80 Prozent ihrer Zeit am Tag in Innenräumen.»

Eine Umrüstung ist mit Kosten verbunden. Muss auch das Architekturbild verändert werden?
Ein intelligenter Umstieg kostet in der Regel «nur» etwa 30 Prozent mehr. Diese sind bei den aktuellen Energiepreisen schnell amortisiert. Nicht vergessen sollte man, dass der Komfort durch eine intelligente Lichtsteuerung stark erhöht werden kann, was sich wiederum positiv auf die Menschen im Innenraum auswirkt. Ebenfalls gibt es ökonomische Lösungen, bei denen man das Architekturbild nicht verändern muss und bestehende Leuchten oder Teile davon weiterverwenden kann.

Sie legen hohen Wert auf Nachhaltigkeit. Wie wird diese bei Astra LED gelebt?
Wir sind überzeugt, dass die Energiekrise auch eine grosse Chance zu mehr Nachhaltigkeit ist. Wir setzen konsequent auf Regionalität. Wir produzieren alle unsere Beleuchtungskörper in Gossau. Wir entwickeln unsere eigene Elektronik und Software. Sogar die LED-Module werden bei uns vor Ort produziert. Somit schaffen wir regionale Arbeitsplätze bei Astra LED und unseren regionalen Lieferanten. Dazu sind alle Transportwege minimal und wir sind sehr nahe bei unseren Kunden.

Und extern, bei Ihren Kunden?
Wir suchen nach Lösungen, um bestehenden Leuchten weiterverwenden zu können und nur so viele zu ersetzen, wie notwendig sind. Damit können viele Ressourcen eingespart werden. Wir streben auch eine sehr hohe Lebensdauer von unseren Produkten an: Wir gehen davon aus, dass unsere Lösungen 20 Jahre und mehr in Betrieb sein werden. In dieser Zeit können wir für alle unsere Produkte einen Service anbieten und diese Instand halten, sie sogar mit neuer Software über die Jahre aktualisieren.

 

Auch interessant

Warum sich smartes Licht lohnt
St.Gallen

Warum sich smartes Licht lohnt

Die internationale Wirtschaftsprominenz trifft sich in St.Gallen
Wirtschaft

Die internationale Wirtschaftsprominenz trifft sich in St.Gallen

Die Win-win-win-Situation
Wirtschaft

Die Win-win-win-Situation

Wie sieht es mit der Lebensdauer von LED-Leuchten aus?
Ich kann da nur für unsere Leuchten sprechen: Die LED-Module haben eine fast unbegrenzte Lebensdauer! Das sind sicher 100'000 Stunden Betriebszeit – und selbst danach sind die LED-Module nicht «tot», sondern leuchten einfach weniger hell. Klar, ein Vorschaltgerät oder eine Steuerung kann ausfallen. Da sprechen wir aber von Betriebszeiten zwischen zwei Fehlern von 500'000 Stunden. Die Lebensdauer wird durch eine intelligente Lichtsteuerung weiter erhöht, da die Leuchte nur so hell wie nötig und nur bei Gebrauch leuchtet.

Licht wirkt sich auch auf die Psyche aus. Wie wichtig sind optimale Lichtverhältnisse in Büroräumlichkeiten?
Die meisten von uns verbringen etwa 80 Prozent ihrer Zeit am Tag in Innenräumen. Das heisst ohne viel Tageslicht und mit viel Kunstlicht. Das Licht im Innenraum muss gemäss Norm nicht sehr hell sein; verglichen mit einem schönen Sommertag genügte eine 200 Mal tiefere Beleuchtungsstärke. Ebenfalls hat die Veränderung des Tageslichts einen Einfluss auf unser Schlafhormon Melatonin und somit auf unsere Aufmerksamkeit. Auch reagiert unser Körper empfindlich, aber vielfach unterbewusst auf Leuchten, die blenden. All diese Parameter können in die Sanierung einbezogen werden. Dafür benötigt es Expertise, die unsere Lichtplaner mitbringen. Diese ganzen Betrachtungen kosten nicht mehr, bringen aber einen wirklichen Mehrwert.

Wie gehe ich nun vor, wenn ich mein Leuchtsystem optimieren möchte?
Lassen Sie sich ganzheitlich beraten, wie wir das bei Astra LED anbieten. Vor allem: Lassen Sie sich trotz Energiekrise und Leuchtmittelverbot Zeit, um all die Lösungen mit Sensorik, Steuerung und dem richtigen Licht zu evaluieren.

Text: Miryam Koc

Bild: Thomas Hary

Auch interessant

Seit 15 Jahren auf der Überholspur
Wirtschaft

Seit 15 Jahren auf der Überholspur

«Wir wollen einen ausverkauften Kybunpark»
Wirtschaft

«Wir wollen einen ausverkauften Kybunpark»

100’000 Franken für einen Bohrtag
Wirtschaft

100’000 Franken für einen Bohrtag

Schwerpunkte