*Stephan Ziegler ist Chefredaktor der LEADER-Herausgeberin MetroComm AG.
Ziegler: Dickbrettbohrer gesucht
von Stephan Ziegler*
Schon lange läuft es in der Tourismusorganisation nicht rund, seit der umtriebige Walliser Frank Bumann das Zepter von dem gmögigen St.Galler Boris Tschirky übernommen hat: Besserwisserische Zungen unkten schon anfangs 2013, als Bumann in St.Gallen anfing, das käme nicht gut – zu präsent war der Streit in Zürich, in welchem Bumann seinen früheren Wirkungsort verlassen hatte. Seine Kreation «Downtown Switzerland» kam nicht einmal in Zürich selbst gut an, vom Hohn und Spott im Rest der Schweiz ganz zu schweigen.
Andere, weniger pessimistische Zeitgenossen freuten sich auf einen neuen Besen, der gut kehren sollte: Nach Jahren des Haltens und Verwaltens fühlte man so etwas wie Aufbruchstimmung, galt doch die Walliser Saftwurzel als einer, der sich nicht ins Bockshorn jagen lasse – und sein Bruder Daniel Bumann zeigte als Restauranttester der ganzen Schweiz, aus welch hartem Holz die Bumanns geschnitzt sind.
Nun wirft der jüngere Bumann das Handtuch: Die gegenwärtigen Strukturen in der Ostschweiz seien «zu wenig marktorientiert und die Leistungsaufträge und Finanzierung schwerfällig und komplex», lässt sich der Noch-Direktor zitieren. Auf gut Deutsch heisst das: Am Gärtlidenken und der Schmörzeligkeit der Ostschweizer hat sich der Saas-Feer die Zähne ausgebissen. Ganz unschuldig war er daran wohl selbst nicht: Bumann galt nicht gerade als begnadeter Kommunikator, dem es gelingt, verschiedene Parteien an einen Tisch zu holen und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Vielmehr habe er eigenmächtig entschieden und die Partner vor vollendete Tatsachen gestellt – wie etwa mit seiner Asienstrategie, die darauf abzielte, vermehrt Gäste aus China und Japan für die Region zu gewinnen. Gastronomen, Hoteliers und Gewerbetreibende hätten es lieber gesehen, die Tourismusorganisation fokussiere sich auf die europäischen Märkte – die Asiaten kommen, knipsen und gehen, ohne Wertschöpfung zu generieren.
Auch in der Tourismusorganisation selbst herrschte seit Bumanns Übernahme eine gewisse Unruhe; man sprach von Repressionen, Mobbing gar – allerdings nur hinter vorgehaltener Hand. Als Zeichen für ein schlechtes Klima durfte allerdings die Entlassung der langjährigen Mitarbeiterin Astrid Nakhostin gewertet werden, die Mitte 2015 nach über einem Vierteljahrhundert bei St.Gallen-Bodensee-Tourismus gehen musste.
Kurz: Die Region St.Gallen und der Walliser Tourismusdirektor schienen einfach nicht zueinander zu passen. Dass Frank Bumann nun geht, könnte eine Chance für Region und Stadt sein, eine Persönlichkeit für die Spitze ihrer Tourismusorganisation zu gewinnen, die nicht alles auf einen Schlag neu und besser machen will, sondern weiss, wie dick die Bretter sind, die in der Ostschweiz gebohrt werden müssen.
Die äusseren Voraussetzungen stimmen – eine schönere Gegend als die zwischen Alpstein und Bodensee findet sich so schnell nicht wieder, und ein Weltkulturerbe hat auch nicht jeder. Die inneren allerdings müssen reformiert werden, mit Geschick, Beharrlichkeit, Überzeugungskraft, Kompromissbereitschaft und Begeisterungsfähigkeit. Denn mit kleinräumigem Denken und Pfennigfuchserei bringt man keine Region vorwärts, da ist Frank Bumann beizupflichten. Das muss einem künftigen Tourismusdirektor bewusst sein, und hier muss er den Hebel ansetzen. Sonst wird sich auch der – oder die – Neue an den Ostschweizern die Zähne ausbeissen.