Startup-Unterstützung als Alibi-Übung

Während für nicht skalierbare Betriebe dutzende Milliarden von Franken in Form von verbürgten Krediten ausbezahlt wurden (welche mit hoher Wahrscheinlichkeit niemals zurückbezahlt werden), ist der Bund nicht dazu imstande, konstruktive Unterstützung für innovative und skalierbare Startups auf die Beine zu stellen.
In einer ersten Phase konnten Startups maximal CHF 50‘000.- an Corona-Krediten aufnehmen, basierend auf dem dreifachen der Lohnsumme für ein Jahr, höchstens aber 10 % von CHF 500‘000.-. Am 4. Mai 2020 wurde ein neues Hilfspaket für Startups vorgestellt:
«Gestützt auf das bestehende Bürgschaftswesen wurde ein besonderes Bürgschaftsverfahren zur Sicherung von Bankkrediten an qualifizierte Startup-Unternehmen geschaffen. Die Bürgschaft wird zu 65 % vom Bund und zu 35 % vom Kanton oder vom Kanton vermittelten Dritten getragen. Auf diesem Weg verbürgen Bund und Kanton (bzw. Dritte) gemeinsam zu 100 % einen Betrag von bis zu CHF 1 Mio. pro Startup-Unternehmen. Der insgesamt verbürgte Betrag darf dabei höchstens einem Drittel der laufenden Kosten 2019 des Startups entsprechen. In begründeten Fällen kann der Kanton in seiner Beurteilung davon abweichen.» (https://www.seco.admin.ch/seco/de/home/seco/nsb-news.msg-id-79006.html)
Sich an den Kosten aus dem Jahre 2019 zu orientieren und diese sogar als Massstab zu nehmen, zeigt einmal mehr, dass in Bundesbern niemand weiss, wie ein Startup funktioniert. In meinem Startup, der AppArranger AG, ist allein das Team im Zeitraum von Dezember 2019 und März 2020 von 3 Angestellten auf über 40 Personen angewachsen. Die Kosten sind im Vergleich zu 2019 um den Faktor 15 gestiegen. Somit entsprechen unsere laufenden Kosten 2019, welche als Basis für die Unterstützung dienen, knapp 6.5 % der aktuellen Kosten. Die Unterstützung umfasst maximal einen Drittel dieser Kosten, also 2.1 %. Im Endeffekt sind dies die laufenden Kosten für eine Woche.
Sämtliche Kriterien sind mehr als fragwürdig. Der grösste Affront ist aber die Bürokratie hinter dem neuen Prozess. Zuerst muss ein Antrag an eine kantonale Stelle gestellt werden. Diese prüft und beurteilt den Antrag und leitet diesen aufgrund mangelnder Erfahrung mit Startups an Innosuisse weiter, welche eine weitere Prüfung vornimmt. Danach geht der Antrag weiter an die Bürgschaftsgenossenschaft, welche wiederum das Gesuch prüft und sich auf die Empfehlung von Kanton und Innosuisse stützen kann. Anschliessend besteht für das Startup die Möglichkeit, ein Gesuch bei der Hausbank zu stellen, welche das Gesuch erneut prüft und auch alle vorherigen Prüfungsergebnisse berücksichtigen kann. Wie viele andere Startups schliessen wir unser erstes Geschäftsjahr 2020 ab und können daher folgerichtig keinen Abschluss für das Jahr 2019 vorweisen, was aber ebenfalls eine zwingende Bedingung ist. Auch sind aktuell nur die Kantone Waadt und Neuenburg auf der offiziellen Liste von Kantonen zu finden, welche diese Startup-Massnahmen überhaupt anbieten.
Allen Startups, die sich Unterstützung durch den Bund erhofft haben, lege ich ans Herz, von dieser Illusion Abschied zu nehmen. Stattdessen lohnt sich die Registrierung auf der Plattform www.startupmatcher.ch von Startup INVEST, da sich dort viele Investoren finden, die auch während der Krise in Startups investieren.