Gesichter aus Daten, Stimmen aus Fleisch und Blut

Text: PD/stz.
In einer Zeit rasanter Veränderungen der Produktionsökonomie audiovisueller Formate zeigt ein neues Projekt exemplarisch, wie künstliche Intelligenz nicht als Konkurrenz, sondern als kreative Erweiterung menschlicher Arbeit fungiert – als technisches Werkzeug, das neue Wege der Content-Creation eröffnet. Die Rede ist von «Emmas Sportbar», einer inhaltlich pointierten, stilistisch überzeichneten AI-Serie im 3D-Cartoon-Stil, die auf bemerkenswerte Weise zeigt, wohin sich Medienproduktion gerade bewegt.
Was inhaltlich leichtfüssig daherkommt – eine fiktive Fussballrunde aus der digitalen Sportkneipe von Gastgeberin Emma – ist technologisch eine kleine Revolution: Die Charaktere, die dort witzeln, streiten und prognostizieren, sind vollständig KI-generiert. Und doch: Nichts an diesem Projekt ist «automatisch».
KI als Werkzeug – nicht als Ersatz
Eine tragende Rolle in der Umsetzung übernimmt die AMA – AI Media Agency, eine St.Galler Agentur, die sich auf AI-gestützte Content-Creation spezialisiert hat und mittlerweile zu den führenden Akteuren zählt. In enger Zusammenarbeit mit der Blue Entertainment AG, die mit diesem Projekt als Pionierin im Bereich KI-basierter Entertainment-Formate in der Schweiz gilt, zeigt das Vorhaben exemplarisch, welches kreative und technische Potenzial moderne KI-Technologie heute freisetzen kann.
AMA versteht sich als Schnittstelle zwischen Technologie, Storytelling und gestalterischem Anspruch. Entscheidend sei: Die KI produziert nichts autonom. Es sind menschliche Ideen, redaktionelle Konzepte, visuelle Vorgaben und dramaturgische Feinarbeit, die – im Zusammenspiel mit den Tools – ein Resultat ermöglichen, das sowohl qualitativ überzeugt als auch in der Produktion von AI-Content neue Massstäbe setzt.
Der ökonomische Wendepunkt
«Emmas Sportbar» wurde in einem stilisierten 3D-Cartoon-Look realisiert, inspiriert von der Ästhetik hochwertiger Animationsproduktionen. Während konventionelle Animationen dieser Qualität oftmals Produktionskosten von rund 100’000 Franken pro Minute verursachen, konnte dieses Format mit einem Bruchteil des üblichen Budgets umgesetzt werden.
Möglich wurde dies durch den gezielten Einsatz generativer Bild- und Animationsmodelle, ergänzt durch sorgfältige Nachbearbeitung und eine professionelle Vertonung.
Besonders bemerkenswert ist die hybride Erschaffung der Charaktere
Pascal Zuberbühler wurde als digitale 3D-Cartoon-Version adaptiert – und das auf Basis einer einzigen Bildquelle. Mittels Face-Modelling und stilisierter Abstraktion entstand so eine Figur, die wiedererkennbar, aber bewusst karikierend gestaltet ist. Die anderen Hauptfiguren, Emma und Alberto, wurden hingegen vollständig per Prompting generiert; ihre Mimik, Körpersprache und visuelle Haltung entspringen also rein textbasierter KI-Bildproduktion, basierend auf dramaturgisch definierten Charakterprofilen.
Dass die Avatare trotzdem zum Leben erwachen, liegt nicht zuletzt an den Stimmen. Alle Hauptfiguren wurden von Sprechern von Blue Sport nachsynchronisiert, in Dialekt, mit Betonung, Timing und eigenem Stimmcharakter. Eine besondere Rolle spielt dabei Walter Andreas Müller, bekannt als Globi-Stimme und Schweizer Theaterlegende, der sämtliche Nebenfiguren im Film mit sprachlichem Fingerspitzengefühl in verschiedenen Dialekten zum Leben erweckt.
Anatomie, Bewegung, Erzählung: Die neue KI-Qualität
Was vor wenigen Monaten noch nach Prototyp aussah, gewinnt zunehmend an narrativer und visueller Qualität. Die zugrunde liegenden Datenmodelle werden präziser – Anatomie, Bewegungsdynamiken und mimische Übergänge lassen sich inzwischen in beeindruckender Konsistenz erzeugen.
Für Formatentwickler und Redaktionen bedeutet das: Man kann Figuren langfristig aufbauen, visuelle Wiedererkennbarkeit garantieren – und dennoch mit thematischer, stilistischer und medialer Flexibilität agieren.
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Medienzukunft zwischen Mensch und Maschine
Was «Emmas Sportbar» besonders macht, ist nicht die KI an sich, sondern das fein austarierte Zusammenspiel aus redaktioneller Idee, menschlicher Kreativität und technologischer Skalierbarkeit. AMA wurde bereits mehrfach international für AI-basierte Produktionen ausgezeichnet und gilt als First Mover einer Bewegung, die das Potenzial hat, die Produktionslogik audiovisueller Inhalte grundlegend zu verändern.
Sie steht für eine neue Ära, in der Filmschaffende mit minimalen Ressourcen, aber maximaler gestalterischer Freiheit ganze Formate eigenständig entwickeln können – als kreative One-Man-Studios mit globaler Strahlkraft.
Die Vorstellung, KI würde eines Tages den kreativen Prozess übernehmen, verkennt den Wesenskern dieser Technologien. Sie erzeugen keine Ideen, keine Dramaturgie, keine Haltung. Was sie ermöglichen, ist Realisierung auf einem neuen Effizienzniveau – unter Kontrolle und mit Handschrift des Menschen. Genau diese Balance ist es, die Formate wie «Emmas Sportbar» nicht nur möglich, sondern zukunftsweisend macht.
Denn in der Sportbar der Zukunft, so viel steht fest, zapft Emma keine Algorithmen – sondern Geschichten. Und das ist, bei allem Fortschritt, das Menschlichste überhaupt.