Digitalisierungsschub dank Corona

Die Studie Digimonitor erhebt seit 2014 jährlich die Nutzung von elektronischen Medien und Geräten in der Schweiz. In der Ausgabe 2020 wird ein Digitalisierungsschub und Homeoffice-Effekt festgestellt. Erhoben wird die Studie von der Interessengemeinschaft elektronische Medien (IGEM) und der WEMF AG für Werbemedienforschung.
Die wichtigsten Resultate in der Übersicht
- Digitalisierungsschub bei elektronischen Geräten: Smartphone-User nehmen um 600’000 Personen zu. Die Laptop-Nutzung wächst um eine halbe Million Schweizer.
- Alle Social Media Plattformen legen zu. Sogar Facebook erholt sich wieder. TikTok wächst momentan am schnellsten, aber vor allem bei den jungen Frauen in der Schweiz.
- Netflix knackt mit 400’000 neuen Nutzern die 2 Millionen Grenze. 3.2 Millionen Personen waren im letzten Halbjahr im Kino. Klassisches Fernsehen hat mit 6.0 Millionen knapp dreimal so viele Zuschauer wie Netflix.
- Spotify verzeichnet 300’000 neue Nutzer. Von den 2 Millionen Usern leistet sich die Mehrheit ein kostenpflichtiges Abo von Spotify. Mit 5.7 Millionen hat Radio fast dreimal so viele Hörer wie Spotify.
- Sprunghafter Anstieg beim bargeldlosen Bezahlen mit dem Handy. 1.8 Millionen Personen bezahlen ihre Einkäufe bargeldlos mit dem Smartphone. Das sind 650’000 Personen mehr als im Vorjahr.
- Schweizer Bezahl-App Twint ist Marktleader vor Apple Pay oder Google Pay.
Mehr Smartphones und Laptops
Die Smartphone-User in der Schweiz haben innert Jahresfrist markant zugenommen. 600'000 Personen nutzen neu ein Smartphone. Im Jahr 2020 haben nun 5.6 Millionen Personen mit dem Smartphone jederzeit und überall Internetzugang (von 80% auf 88% der Gesamtbevölkerung). Vor allem die ältere Bevölkerungsgruppe der Über-55-Jährigen (von 54% auf 71%) nutzt verstärkt ein Smartphone sowie die Männer (von 79% auf 90%).
Auch bei den Laptops gibt es einen deutlichen Zuwachs. Eine halbe Million Schweizer nutzen neu mindestens gelegentlich einen Laptop (von 4.3 auf 4.8 Millionen). Im Jahr 2020 nutzen zum ersten Mal mehr Personen einen Laptop (76%) als einen Desktop-PC (69%). (Grafik 2) Auch bei der Laptop-Nutzung haben vor allem die Männer (von 70% auf 82%) und die Über-55-Jährigen (von 45% auf 57%) zugelegt.
TV-Gerät am weitesten verbreitet
Das TV-Gerät ist und bleibt das meistgenutzte elektronische Gerät in der Schweiz. 92% der Gesamtbevölkerung sitzen mindestens gelegentlich vor der «Kiste» (5.9 Millionen Personen). Radio-Geräte werden von 82% der Bevölkerung genutzt (5.2 Millionen).
Radio wird von knapp der Hälfte der Bevölkerung (47%) auch über andere Geräte gehört: über das Smartphone (24%), übers TV-Gerät (24%), auf dem PC/Laptop (20%) oder dem Tablet (4%). Jede siebte Person nutzt das Medium täglich.
Auch Netflix legt beim Anteil der täglichen Nutzer am deutlichsten zu (7% 2019, jetzt 13%), was fast einer Verdoppelung entspricht. Auch Spotify gehört zu den grossen Gewinnern (10% 2019, jetzt 17%).
Netflix knackt die Zwei-Millionen-Grenze
Netflix gewinnt im Corona-Jahr 400'000 Zuschauer dazu und hat in der Schweiz nun 2.2 Millionen Nutzer. Corona hat das Wachstum von Netflix aber kaum beflügelt: Der Zuwachs liegt im Trend der Vorjahre. 2015 schauten nur 5% der Bevölkerung ab 15 Jahren ab und zu Netflix. 2020 tut dies nun bereits mehr als jeder Dritte (35%).
Auch Netflix ist bei den Jüngeren zwischen 15 bis 24 Jahren überdurchschnittlich verbreitet: Drei Viertel (75%) der jungen Schweizer schauen ab und zu Netflix.
Doch noch weitere Video-Anbieter drängen in den Schweizer Markt und konkurrenzieren um Zuschauer und Abonnenten. Die neueren Dienste wie Disney+ (5%), Twitch (5%), Apple TV Plus (4%) oder Amazon Prime (2%) liegen aber noch weit hinter der Nutzung von YouTube (74%) oder Netflix (35%).
Mehr Smartwatches an den Handgelenken
Das Tragen einer Smartwatch wächst um 200'000 Nutzer. Nun tragen knapp 700'000 Personen in der Schweiz (11%) eine Smartwatch am Handgelenk. Nur die sprachgesteuerten Lautsprecher haben nicht vom Boom bei den elektronischen Geräten profitiert.
Wie im Vorjahr sprechen weniger als 3% der Bevölkerung wenigstens gelegentlich mit einem Smart Speaker wie Amazon Echo, Google Home oder Apple HomePod. Das entspricht nur 160'000 Personen in der Schweiz.
Mehr Zeit für Social Media
2020 scheinen die Schweizer mehr Zeit für Social Media zu haben. Alle Social Media Plattformen gewinnen neue Nutzer hinzu. Facebook und Instagram erzielen je 350'000 neue User. Damit erholt sich Facebook vom Einbruch im letzten Jahr. Mit drei Millionen nutzt nun nicht ganz die Hälfte der Gesamtbevölkerung (46%) wenigstens ab und zu Facebook.
2,1 Millionen oder ein Drittel (33%) der Bevölkerung ist gelegentlich auf Instagram. Instagram ist vor allem bei den jungen Personen unter 25 Jahren beliebt: 82% der Jüngeren nutzen Instagram, nur noch 34% Facebook.
TikTok wächst momentan in der Schweiz am schnellsten. Die Anzahl «TikToker» hat sich gegenüber dem Vorjahr fast verfünffacht. Von den total 370'000 TikTok-Usern in der Schweiz sind die meisten noch keine 25 Jahre alt, weiblich und in Ausbildung. Jede dritte Frau unter 25 Jahren «tiktokt» (34%). Bei der Gesamtbevölkerung ist TikTok aber noch nicht angekommen: nur 6% nutzen ab und zu TikTok.
Mehr Spotify-Abos
Innert Jahresfrist hat der Musik-Streamingdienste Spotify 300'000 neue User hinzugewonnen. Die Hälfte davon ist über 55 Jahre alt. Zwei Millionen Personen hören nun mindestens gelegentlich Musik über Spotify, 1,2 Millionen davon bezahlen sogar dafür. Insbesondere 20- bis 30-jährige Nutzer leisten sich die kostenpflichtige Version von Spotify.
Trotz Musikstreaming bleibt Radio in der Schweiz beliebt. Mit 5.7 Millionen Personen hat Radio fast dreimal so viele Hörer wie Spotify. Auch jüngere Personen hören weit verbreitet Radio. Mehr als 80% der Personen unter 25 Jahren hören Radio, nicht ganz die Hälfte sogar täglich.
Sprunghafter Anstieg beim Bezahlen mit dem Handy
Ein deutlicher Anstieg zeigt sich beim Einsatz des Smartphones, um kontaktlos Einkäufe zu bezahlen. Das bargeldlose Bezahlen mit Handy wächst in allen Bevölkerungsgruppen.
Die Nutzung ist jedoch stark abhängig vom Alter, Geschlecht und Einkommen: je jünger, je männlicher und je höheres Einkommen, desto eher werden Einkäufe mit dem Handy bezahlt.
Rund 650'000 Personen haben im Corona-Jahr das bargeldlose Bezahlen mit Handy neu für sich entdeckt. 1.8 Millionen Personen (28%) in der Schweiz nutzen nun mobile Bezahlmöglichkeiten (2019 noch nicht ganz 1.2 Millionen).
Schweizer Bezahl-App Twint ist Marktleader
Ein Drittel der Bevölkerung (2.1 Millionen Personen) nutzt mindestens gelegentlich mobile Bezahldienste wie Twint, Apple-, Google- oder Samsung-Pay. Die grosse Mehrheit davon nutzt die Schweizer App Twint. Twint liegt in allen Bevölkerungsgruppen mit markantem Vorsprung vor der ausländischen Konkurrenz.
Etwas mehr als ein Viertel der Gesamtbevölkerung ab 15 Jahren nutzt Twint (27%). Apple Pay, Google Pay und Samsung Pay haben je weniger als 4% Nutzer in der Schweizer Bevölkerung.
Über die Studie IGEM-Digimonitor 2020
Die Studie Digimonitor erhebt seit 2014 jährlich die Nutzung von elektronischen Medien und Geräten in der Schweiz. Die Daten sind repräsentativ für die gesamte Bevölkerung in der Deutsch- und Westschweiz ab 15 Jahren, weil auch Offliner und Personen ohne Festnetzanschluss befragt werden. Die Telefonbefragung fand von Anfang April bis Ende Mai 2020 statt. Im Auftrag der Interessengemeinschaft elektronische Medien IGEM und der WEMF befragte das Link Institut 1’759 Personen, davon 1’008 in der Deutschschweiz und 751 in der Romandie. Das Vertrauensintervall liegt bei maximal +/- 2.3 Prozentpunkten.Die Resultate stehen IGEM-Mitgliedern kostenlos zur Verfügung. Nicht-Mitglieder können die Studie für CHF 5000 beziehen.