Ostschweiz

Aus der Praxis, für die Praxis

Aus der Praxis, für die Praxis
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Der Sprung von der Theorie in die Praxis ist bei angehenden Wirtschaftsingenieuren kurz: Schon ab dem ersten Semester setzen sie an der OST – Ostschweizer Fachhochschule den gelernten Stoff direkt in die Praxis um. Im Studienprogramm «Industrieprojekte» bekommt jedes Team einen Industriepartner an die Seite und entwickelt zusammen mit diesem ein neues Produkt oder eine innovative Dienstleistung. Gestern stellten die Studenten ihre Praxisarbeiten auf dem Campus Rapperswil-Jona einem breiten Publikum vor.

Text: pd

«Bereits zum achten Mal zeigen unsere Studenten mit eindrücklichen Ergebnissen, dass sich theoretischer Wissenserwerb und praktische Arbeit hervorragend zu einer grösstmöglichen Berufsbefähigung kombinieren lassen. Zunehmend wächst nämlich der Vorwurf, dass Studienabgängern die praktische Erfahrung im betrieblichen Umfeld fehlt. Gleichwohl wird ein abgeschlossenes Studium als Eintrittsticket für herausfordernde Arbeitsstellen mit verantwortungsvollen Tätigkeiten in Industrie und Wirtschaft vorausgesetzt», sagte Urs Sonderegger, Studiengangleiter BSc Wirtschaftsingenieurwesen an der OST – Ostschweizer Fachhochschule, gestern bei der Präsentation der Praxisarbeiten. «Die Industrieprojekte sind unsere Antwort auf diesen Widerspruch, und unsere Studenten zeigen, dass sie dieser Herausforderung gewachsen sind.»

Bereits ab Studienstart bekommen die Studenten an der OST die Gelegenheit, ihr im Unterricht erworbenes Wissen an realen Aufgaben anzuwenden und zu erproben. In kleinen Teams entwickeln sie Lösungsansätze und Entscheidungsgrundlagen für neue Produkte ihrer jeweiligen Auftraggeberschaft. «Über insgesamt vier Semester entstehen dabei Potenzialanalysen, neue Produktkonzepte, technische Entwürfe und erste Prototypen werden getestet und optimiert.», so OST-Professor Sonderegger.

Neues Stabmixer-Design und Entsorgung im Unterflur

In diesem Jahr sind es elf Projekte, die Studenten gestern auf dem Campus Rapperswil-Jona vorgestellt haben. Ein Beispiel dafür ist das Wattwiler Unternehmen CEKAtec AG. Die Studenten entwickelten zusammen mit dem Industriepartner in einem «Product Redesign Prozess» ein neues Design für einen Stabmixer. Oder die Elesta GmbH. Für den Hersteller von elektromechanischen Relais für die Sicherheitstechnik aus Bad Ragaz entwickelten die Studenten einen Online-Assistenten, der es dem Kunden erlaubt, das passende Relais zu finden.

Sechs angehende Wirtschaftsingenieure haben sich mit dem Industriepartner Entsorgung Stadt St.Gallen der Herausforderung angenommen, die Abfallentsorgung effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Im Fokus stand dabei ein Anreizsystem für die Nutzung von Unterflurbehältern. «Im Austausch mit den jungen Studenten der OST ist eine Win-win-Situation entstanden: ein Geben und Nehmen, welches für uns sehr befruchtend war», so Roman Breda, Bereichsleiter Abfalllogistik bei Entsorgung St.Gallen.

 

Schuhsohle und Konfigurator

Das Flawiler Unternehmen Flawa ging aus der Berner Verbandsstoff-Fabrik hervor und ist vor allen für seine Watteprodukte schweizweit bekannt. Nicht nur. «Flawa Consumer GmbH ist bekannt für ihre Frische-Einlagesohlen. Die jüngere Kundengruppe konnte damit jedoch nie angesprochen werden. Somit einigte man sich nach der ersten Projektphase darauf, die Frischesohle für das jüngere Publikum attraktiver zu machen», berichteten die OST-Studenten. «Das Projekt ist vielversprechend und die nachhaltige Komfortsohle hat das Potenzial, sich als grüne Alternative auf dem Markt zu etablieren», so Flawa-CFO Patrick Tanner.

Die Fortatech AG aus St.Gallen beliefert als Produzent von Bowdenzügen, konfektionierten Drahtseilen und Push-Pull Cable unter anderem die Automobilindustrie. «Vor dem Hintergrund, dass auch in der Industrie immer mehr Produkte im Web gesucht, verglichen und eingekauft werden, konnte das Studententeam so einen bedeutenden Mehrwert für den Industriepartner schaffen. Fortatech profitiert durch den mehrfach getesteten und anhand von Feedbacks optimierten Konfigurator von Kundenanfragen in hoher Qualität», erklärte OST-Professor Urs Sonderegger an der Veranstaltung auf dem OST-Campus in Rapperswil-Jona.

Bademöbel für die Ageing Society und der perfekte Grillspass

Wie kann eine neue Möbellösung helfen, auf wenig Fläche ein voll funktionsfähiges Bad zu realisieren und Platz zu sparen? Diese Frage stellte sich ein Studententeam, das für das Rapperswiler Unternehmen Geberit, dem europäischen Marktführer für Sanitärprodukte, «das perfekte Badezimmer-Möbel für die Ageing Society» entwickelte.

Ein anderes Team entwickelte für die MegaPlus AG aus Walzenhausen «einen ausgeklügelten Grillzusatz, der das Grillerlebnis auf ein neues Niveau hebt». «Die Zusammenarbeit mit Studenten und Dozenten eröffnete uns die Möglichkeit eines Perspektivenwechsels und die Erarbeitung zukunftsorientierter Ideen. Wir hoffen, dass das Industrieprojekt dazu beitragen wird, neue Kundensegmente zu erschliessen und somit eine Anpassung an die Herausforderungen der VUCA-Welt zu ermöglichen», so Julia Menet, Leiterin Entwicklung bei megaPlus.

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Mobile Produktionsstrassen und Määäh-Drescher

Phoenix Mecano Komponenten AG aus Stein am Rhein ist der führende Schweizer Spezialist für die Entwicklung und Fertigung von Komponenten und innovativen Systemlösungen in den Bereichen Gehäuse-, Linear- und Profiltechnik sowie der Produktion 4.0. Für das Unternehmen entwickelten die OST-Studenten ein Lagerleitsystem, das die Effizienz deutlich verbessert.

In eine ähnliche Richtung geht das Studentenprojekt mit Starrag, dem Präzisionshersteller von Fräsen und Bohrern aus Rorschach. «Mobil, effizient und dynamisch: Drei Wörter, die das entwickelte Produkt optimal umschreiben. Firmen sind vielfach ausgelastet und müssen deshalb weitere Aufträge ablehnen. Mithilfe der ‹Mobilen Produktionsstrasse› können Unternehmen zusätzliche Kapazität mieten, solange sie diese benötigen», so Andreas Tessmer, Product Manager Automation bei Starrag.

Die Swiss-Sonic Ultraschall AG aus Arbon ist ein kleines Unternehmen, welches seit über 20 Jahren Ultraschall-Lösungen für Maschinenbauer und Endkunden produziert. «Das Scheren von Schafen geschieht meist durch Handarbeit. Starke Abnutzung und Verschmutzung der Geräte führen jedoch zu hohem Instandhaltungsaufwand für den Anwender. Gemeinsam mit dem Unternehmen Swiss-Sonic Ultraschall AG sind sechs angehende Wirtschaftsingenieure der Frage nachgegangen, ob die Ultraschalltechnologie die Schafschur zu erleichtern vermag», erklärte Geschäftsführer Sebastian Kuster.

Der Kinder-Finder für’s Handgelenk

Wearonize ist ein Fintech, das mit 23 Mitarbeitern an den Standorten Luzern, München, Cluj (Rumänien) und Wilmington (USA) vertreten ist. Das Unternehmen hat sich auf bargeldloses und kontaktloses Bezahlen mittels passiven Wearables, also batterielose, am Körper tragbare Elektronikgeräte spezialisiert. Nun soll die Technologie weiterentwickelt werden.

Die Studenten erklären ihren Auftrag so: «Für die Eltern und die Kleinen der grosse Schock: Kurz abgelenkt und schon hat man das Kind aus den Augen verloren. Tagtäglich verlieren sich Kinder und Eltern in Einkaufszentren, Parks oder Zoos. Wir haben ein System konzipiert, das ein Wiederfinden garantiert.»

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