Wirtschaft

Retter in letzter Minute

Retter in letzter Minute
Felix Reichardt
Lesezeit: 3 Minuten

Es war eine Sensationsnachricht Mitte August für die hiesige Wirtschaft: Die Reichardt AG aus Ruggell übernimmt den Wäschespinnen- und -ständer-Hersteller Stewi (Steiner Winterthur). Damit konnte das Aus für den Traditionsbetrieb (*1947) doch noch abgewendet werden, dessen Name als Synonym für diese Haushaltsgeräte gilt. CEO Felix Reichardt verrät, wie es mit Stewi weitergehen soll.

Felix Reichardt, wie kam der Erstkontakt mit Stewi zustande?
Der Erstkontakt war bereits vor mehr als einem Jahr. Schon damals hatten wir Interesse, die Stewi AG zu übernehmen; es wurden verschiedene Details in direkten Gesprächen ausgetauscht. Aufgrund von anderen Aktivitäten haben wir aber entschieden, nicht einzusteigen und uns auf andere Projekte zu fokussieren.

Was gab für Sie dann doch den Ausschlag, bei Stewi einzusteigen?
Nachdem über die Medien das Aus von Stewi publiziert wurde, nahmen wir umgehend Kontakt auf, um unser damals ausgearbeitetes Konzept nochmals zu besprechen – denn für uns war klar: Stewi muss gerettet werden.

Sie wollen die Produktion wie bis anhin in der Schweiz weiterführen; der Firmensitz wird von Winterthur nach Bauma verlegt. Eine Produktion im – günstigeren – Ausland war nie ein Thema?
Nein. Wir identifizieren uns mit den Werten der Traditionsmarke – Stewi ist und bleibt also eine Schweizer Firma.

 

«Wir sind stolz, dass Stewi-Produkte in fast jedem Schweizer Haushalt zu finden sind.»

Ein «Problem» von Stewi ist, wenn man so sagen will, dass die Produkte einfach zu gut sind – einmal gekauft, halten sie ein Leben lang oder darüber hinaus. Werden Sie das Produktsortiment demzufolge ausweiten oder bleibt es bei Wäscheständern und -spinnen?
Es stimmt, Stewi steht für hochqualitative und innovative Produkte. Verschiedene Produkte sind in der Entwicklung und müssen noch marktreif gemacht werden. Wir konzentrieren uns jedoch zuerst auf den Umzug, die Optimierung der Fertigung und den Ausbau des Absatzmarktes.

Dann werden Stewi-Produkte künftig vermehrt auch im Ausland verkauft?
Dies ist sicher ein Fokus für 2024. Derzeit beträgt der internationale Umsatz rund zehn Prozent. Da sehen wir noch erhebliches Potenzial, nicht nur im benachbarten Ausland.

Ist der internationale Markt bereit, für «Swiss Made» entsprechend mehr zu bezahlen?
«Swiss Made» ist eine Auszeichnung, die im Ausland sehr anerkannt wird – und Kunden, die auf eine höhere Qualität achten, sind mit Sicherheit bereit, auch einen höheren Preis zu zahlen. Überdies sind wir der Meinung, dass Stewi mit der neuen Tomorrow-Linie oder den Oak-Produkten aus Eichenholz auch durch das spezielle Design besticht und somit nicht direkt mit dem Wettbewerb vergleichbar ist.

 

  

Die erste Innovation von Stewi war 1958, als die «Lady» auf den Markt kam, die erste Wäschespinne aus Aluminium und Kunststoff, die alsbald in fast jedem Schweizer Haushalt zu finden war. 1962 folgte mit der «Libelle» der Wäscheständer. Dann aber war Schluss mit grossen Würfen. Vorerst?
Wir sind stolz darauf, dass die Stewi-Produkte auch noch heute in fast jedem Schweizer Haushalt zu finden sind. Einige neue Produkte befinden sich bereits in der Entwicklung; viele Ideen sind in unserem Team vorhanden. Wir möchten «mit der Zeit gehen», die neue und alte Generation ansprechen – eine herausfordernde Aufgabe. Wir wünschen uns, dass Stewi die erste Wahl bleibt, für Jung und Alt.

Ihre Reichardt AG mit Standorten in Ruggell und Stetten SH ist im Kunststoff- und Metall-verarbeitenden Umfeld tätig. Was genau macht sie?
Zur Reichardt-Gruppe gehören verschiedene Firmen, die sich alle mit Verfahren wie Stanzen und Zerspanen von Metallen und Kunststoffspritzen beschäftigen. Es werden für verschiedene Branchen, verschiedene Produkte hergestellt. Dadurch ist es möglich, Stewi mit Know-how in Bezug auf Fertigungsverfahren und Fertigungsabläufe zu unterstützen.

Sie sind auch Geschäftsführer der Rieger GmbH aus Villingen-Schwenningen, die Metall-Kunststoff-Verbundteile herstellt, sowie der Micano GmbH aus Donaueschingen, die Präzisionsdrehteile herstellt. Wird es eine Zusammenarbeit zwischen Rieger und Stewi und/oder Mecano und Stewi geben?
Es wird mit Sicherheit einen Austausch im Bezug auf Fertigungsprozesse und Abläufe geben. Rieger und Micano sind Spezialisten auf ihren Gebieten – und es wäre falsch, Stewi an dem Fortschritt und Know-how nicht teilhaben zu lassen.

Zum Schluss: Steht in Ihrem Garten oder in Ihrer Waschküche in Stetten auch ein Stewi-Produkt?
Wir verwenden seit Jahren die Produkte von Stewi – und mittlerweile bin ich selbst offizieller Tester der neuen Stewi-Produkte geworden (lacht). Man findet mich übrigens auch öfters am Stewi-Regal bei den verschieden Händlern, um dort nach dem Rechten zu schauen.

Text: Stephan Ziegler

Bild: Thomas Hary

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