Kolumne

Klartext von Kris: Der Steuervogt lächelt

Klartext von Kris: Der Steuervogt lächelt
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Die Individualbesteuerung kann man gut finden oder nicht. Bemerkenswert an der Debatte ist allerdings, wer sie führt – und worüber diskutiert wird.

Aber zuerst einmal zu den Fakten: mit Erreichen der Volljährigkeit werden wir individuell besteuert. Wenn wir nicht heiraten, bleibt das so. Ein Teil von uns heiratet, dann werden wir als Ehepaar gemeinsam besteuert. Damit Ehepaare nicht in ein Steuerdesaster rutschen, gibt es einen Strauss an steuerlichen Ausnahmen zur vorherigen Individualbesteuerung. Und dennoch: unter dem Strich legen die Ehepaare drauf. Die Hälfte der Ehepaare lässt sich scheiden. Danach wird jeder wieder individuell besteuert.

Die Individualbesteuerung ist die Regel, die Ehepaarbesteuerung die Ausnahme. Aber darum geht es mir gar nicht. Vielmehr darum, dass die Debatte über die Individualbesteuerung massgeblich von den Kantonen bestimmt wird. Das Mittel dazu ist das Kantonsreferendum, 1874 geschaffen. Dieses kommt nun zum zweiten Mal seit 2003 zum Einsatz.

Glauben Sie wirklich, dass es den Kantonen um die Wahrung der Institution Ehe geht? Den Kantonen geht es wie schon beim ersten Kantonsreferendum 2003 um ihre Steuereinnahmen. Denn die Individualbesteuerung ist in Wahrheit eine Massnahme zur Steuersenkung und Steuertransparenz. Wussten Sie das nicht? Ist aber so. Über ein Drittel der Ehepaare zahlt weniger, für die Hälfte ändert sich nichts, der kleine Rest zahlt ein kleines bisschen mehr. Das ist der steuersenkende Effekt. Der Transparenz-Effekt ist: die Individualbesteuerung führt dazu, dass die Kantone ihre Steuersysteme anpassen müssen. Sie jammern, dass dies administrativ schwierig umzusetzen sei. Glauben Sie mir, im Vergleich zur Mehrwertsteuer, die alle Firmen im Land gratis erfassen und an den Staat abliefern, ist das ein Klacks. Die Umsetzung (und der Schutz der Ehe) werden vorgeschoben, weil die Kantone bei einem Systemwechsel zur Individualbesteuerung Transparenz über ihre Steuern schaffen müssen – und nichts scheut der Steuervogt mehr, als wenn die ihn nährenden Steuersubjekte (so heissen wir im Beamtensprech) merken, wie er uns das Geld aus der Tasche zieht. Sonst könnten diese ja bei Regierung und Verwaltung genauer hinschauen. Das haben die kantonalen Regierungen geschickt eingefädelt: wir Volk sollen uns in einer moralischen Diskussion über den Wert der Ehe aufreiben – während der Steuervogt sich die Hände reibt. Und lächelt.

Text: Kris Vietze

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