Wirtschaft

Freiheitsliebend und doch risikoscheu?

Freiheitsliebend und doch risikoscheu?
Alessandro Sgro
Lesezeit: 5 Minuten

Die Generation Z gilt als freiheitsliebend, technologieaffin und legt viel Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance. Zeigen sich diese Eigenschaften auch im Anlageverhalten? Stephan Ziegler im Gespräch mit Alessandro Sgro, Chief Investment Officer und Mitglied der Geschäftsleitung der Cronberg AG aus St.Gallen, über den Umgang mit Geld, das Investitionsverhalten der Generation Z – und weshalb ein Family-Office genau für die junge Generation attraktiv sein kann.

Alessandro Sgro, eine freiheitsliebende Generation dürfte mehr konsumieren und weniger sparen. Ist dem so?
Das wäre naheliegend, ist aber bei der Generation Z (das sind die Jahrgänge 1997 bis 2010) tatsächlich nicht so. Sie zeigt sich sparsamer und beginnt bereits in jungen Jahren für später vorzusorgen. Dabei liegt die durchschnittliche Sparquote über jener der älteren Generationen.

Wie erklären Sie sich das?
Die Generation Z wirkt sehr selbstbewusst und lebt in vielen Bereichen bewusster. Sie ist gut informiert. Viele wissen, dass es um die Altersvorsorge nicht gutsteht, und sind unsicher, ob sie in Zukunft überhaupt einmal eine Rente beziehen können. Die grossen Unsicherheiten bezüglich ihrer wirtschaftlichen Zukunftsaussichten widerspiegeln sich in einem erstaunlich ausgeprägten Sicherheitsgedanken.

Also hortet die Generation Z ihr Geld schön brav auf dem Sparkonto?
Das ist interessanterweise auch nicht der Fall. Grundsätzlich steigt der Anteil der Personen, die ihr Geld in Wertschriften anlegen, mit dem Alter an. Das hat auch damit zu tun, dass mit dem Alter in der Regel Lohn und Sparquote steigen. Doch der Investitionsgrad der Generation Z ist erstaunlich hoch und in etwa gleich wie bei der Generation Y, also bei Personen im Alter von 26 bis 41. Das gilt auch für die Schweiz. Unterschiede zeigen sich zwischen den Generationen, in welche Anlageklassen investiert wird, wie man sich informiert und wie Anlageentscheide gefällt werden. 

 

«Die jüngere Generation entscheidet emotionaler und läuft Gefahr, in psychologische Anlegerfallen zu tappen.»

In welche Anlageklassen investiert die junge Generation?
Der Sicherheitsgedanke der Generation Z würde für konservative Anlageklassen wie Obligationen sprechen oder sehr bewährte wie Aktien. Aktien sind denn auch tatsächlich die häufigste Anlageklasse. Beliebt dabei sind primär Wachstumstitel. Doch Untersuchungen zeigen, dass die junge Generation anteilsmässig überproportional auch in risikoreichere Bereiche wie Kryptowährungen investiert. Sie glauben wohl nicht ganz daran, mit traditionellen Anlageklassen wie Obligationen und Aktien nachhaltig einen Mehrwert generieren zu können.

Das ergibt Sinn, oder?
Mit Obligationen, Aktien, Immobilien und Edelmetallen lässt sich gut eine ansprechende Rendite erwirtschaften. Es gelingt auch gut, mit diesen bewährten Anlageklassen die finanziellen Ziele der Kunden zu erreichen. Hier verfügen wir über mehrere Jahrzehnte an Erfahrungswerten. Bei Kryptowährungen bin ich skeptischer. Es ist auch umstritten, ob sie überhaupt als Anlageklassen im klassischen Sinne betrachtet werden können. Heute ist vielmehr Spekulation damit verbunden. Es gibt heute auch keine verlässlichen Modelle für die Bewertung von Kryptowährungen.

Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch zwischen Sicherheitsanspruch und Spekulation?
Junge Menschen sind von Natur aus neugierig und probieren gerne etwas Neues aus. Das ist positiv. Indes fehlt es ihnen hier allerdings am entsprechenden Finanzwissen. Das zeigen Untersuchungen im Bereich der Financial Literacy, einem jungen Forschungszweig, der sich mit der Finanzbildung der Gesellschaft auseinandersetzt. Zudem sind jüngere Menschen auch eher ungeduldig. Der Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit ist gross. Und da spielen natürlich auch Geschichten eine wichtige Rolle. Geschichten von Personen, die mit der Investition in Kryptowährungen über Nacht reich geworden sind. Wir sprechen hier aber über Wahrscheinlichkeiten wie bei einem Lottogewinn.

 

 

Haben diese Geschichten auch mit den Informationsquellen der Generation Z zu tun?
Definitiv. Die Menschen der Generation Z sind die ersten «richtigen» digital Natives. Sie sind sehr technologieaffin, informieren sich digital und in der Community. In einer Welt, die heute in verschiedenen sozialen Medien von Influencern geprägt ist und sich Geschichten in Windeseile verbreiten, macht das etwas mit einem. 

Widerspiegelt sich das auch darin, wie Anlageentscheide gefällt werden?
Ja, definitiv. Die jüngere Generation zeigt sich im Investitionsverhalten um einiges emotionaler als frühere. Dabei spielt auch die «Fear of missing out» eine entscheidende Rolle – also die Angst, etwas zu verpassen. Wir stellen fest, dass vor einem Anlageentscheid viel mehr Zeit in die Recherche investiert wird. Allerdings wird auch mehrmals täglich die Kursentwicklungen geprüft. Das ist heute mit den verschiedenen Plattformen viel besser möglich, wenn die Bank in der Hosentasche permanent mit dabei ist. Hier spielt wohl wieder der Sicherheitsgedanke mit: Niemand möchte Geld verlieren. Doch mit der ständigen Kontrolle spielen psychologische Effekte eine entscheidende Rolle. Ist man sich diesen nicht bewusst, können die Auswirkungen ungewollt und fatal ausfallen.

Was schafft Abhilfe?
Der Schlüssel zum langfristigen Anlageerfolg liegt in einer disziplinierten und systematischen Vorgehensweise. Das bringt viel Ruhe.

 

«Im Kern geht es immer um Vertrauen. Da entscheidet die Persönlichkeit.»

Trotz viel Technologie und vielfältigen Informationsquellen: Eine unabhängige Beratung kann unterstützen, um langfristig erfolgreich zu sein.
Ja, davon bin ich überzeugt. Unsere Erfahrung zeigt: Je älter die Menschen werden, desto häufiger stehen sie vor komplexen finanziellen Fragen, die verschiedene Herausforderungen mit sich bringen. Zudem möchten sich nicht alle Menschen selbst mit Finanzthemen auseinandersetzen. Dafür ist ihnen ihre Zeit zu schade oder sie möchten diese für andere wichtige Dinge im Leben einsetzen. Und der beste Schutz vor psychologischen Anlegerfallen ist wohl die Delegation an einen professionellen Vermögensverwalter mit einer langjährigen Erfahrung.

Wie gehen Sie als Vermögensverwalter mit diesen unterschiedlichen Anforderungen um?
Als Family-Office sind wir es gewohnt, für ganz unterschiedliche Kundenbedürfnissen Lösungen zu erarbeiten. Wir verfügen seit mehr als 30 Jahren über eine langjährige Erfahrung im Umgang mit verschiedenen Generationen. In einem Family-Office, in dem mehrere Generationen betreut werden, geht es im Kern genau um die Vermögenserhaltung über Generationen hinweg. Das erfordert eine andere Herangehensweise und vor allem eine zielgruppengerechte Kommunikation. Die jüngere Generation spricht viel mehr auf Bilder und Videos an, die ältere eher auf Text. Doch am Schluss gibt es auch viele Gemeinsamkeiten.

Welche sind das?
Vermögensverwaltung ist und bleibt immer eine sehr persönliche Angelegenheit. Es geht im Kern um Vertrauen und um Persönlichkeit. Darum wird der Mensch immer eine entscheidende Rolle spielen. Letztlich geht es um ein solides und seriöses Handwerk. Der erste und entscheidende Schritt für den langfristigen Anlageerfolg ist es, die jeweiligen Bedürfnisse vollständig zu verstehen und dafür Lösungen zu erarbeiten, und zwar unabhängig welchen Alters. Das ist der Schlüssel, damit der Kunden seine persönlichen und individuellen Ziele erreichen kann. Dafür stehen wir ein. Mir ist es wichtig, dass unsere Kunden wissen, dass sie jederzeit einen Ansprechpartner haben, der ihre Geschichte, ihre Werte und ihre Ziele kennt und versteht.

 

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Das könnte eine Bank auch, oder?
Jein. Im Vergleich zu anderen Finanzinstitutionen wie Banken oder Versicherungen können wir als unabhängiger Vermögensverwalter viel gezielter, individueller und persönlicher auf die einzelnen Bedürfnisse der Kunden eingehen und Lösungen erarbeiten – frei von Interessenkonflikten und vollkommen in den Diensten der Kunden.

Zum Schluss noch eine letzte Frage: Welcher Generation gehören Sie an?
(lacht) Diese Frage musste ja noch kommen. Ich gehöre zur Generation Y.

Text: Stephan Ziegler

Bild: Marlies Beeler-Thurnheer

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