Ostschweiz

Bankenvielfalt sorgt für gesunden Wettbewerb

Bankenvielfalt sorgt für gesunden Wettbewerb
Heinz Huber
Lesezeit: 4 Minuten

Mit 118 Geschäftsstellen hat Raiffeisen das dichteste Bankennetz in der Ostschweiz – eigentlich ein Netz von vielen eigenständigen KMU, wie Raiffeisen-CEO Heinz Huber darlegt.

Fast in jedem grösseren Schweizer Dorf trifft man früher oder später auf den roten Raiffeisen-Schriftzug, meist prangt er an einem vergleichsweise modernen Zweckbau im Ortszentrum. Rund 800 Standorte führen die über 200 Genossenschaften der Gruppe im ganzen Land.

Raiffeisen hat mit Abstand am meisten Filialen

118 Geschäftsstellen gibt es in beiden Appenzell, dem Thurgau und St.Gallen. Dass daneben auch zahlreiche weitere Banken um die Gunst der Kunden buhlen, ist für Heinz Huber, den Vorsitzenden der Geschäftsleitung von Raiffeisen Schweiz, «ein Beleg für die Attraktivität der Ostschweiz als Wirtschaftsregion». Die Bankenvielfalt sorge auch dafür, dass der Wettbewerb gut spiele. «Eine gesunde Wettbewerbssituation inspiriert und motiviert die Raiffeisenbanken zu noch mehr Innovation und höheren Qualitätsansprüchen in ihren Dienstleistungen und der Beratung unserer Kundschaft», sagt der Raiffeisen-CEO, der vor allem einen Wettbewerber sehr gut kennt: Bevor Heinz Huber 2019 zu Raiffeisen wechselte, leitete er für vier Jahre die Geschicke der Thurgauer Kantonalbank.

Auf die Bedeutung der Raiffeisenbanken für die Ostschweizer Wirtschaft und insbesondere die KMU angesprochen, verweist Huber auf die besondere Struktur von Raiffeisen: «Die einzelnen Raiffeisenbanken sind eigenständig und mithin selbst eigentliche KMU-Betriebe. Das fördert das Verständnis für deren Bedürfnisse und ermöglicht einen Dialog auf Augenhöhe.» Darüber hinaus seien die einzelnen Banken sehr stark in ihren Regionen verankert, «sie kennen die Gegebenheiten vor Ort».

Doch wenn es sein muss, kann die Dorfbank auch Grossbanken-Kompetenzen ausspielen: «Durch das genossenschaftliche Geschäftsmodell ist Raiffeisen auch national breit abgestützt. Bei Bedarf können wir seitens Raiffeisen Schweiz spezifische Dienstleistungen für Firmenkunden anbieten, die für eine klassische Regionalbank kaum oder nicht möglich wären», betont Heinz Huber. Als Beispiele nennt er grössere Devisengeschäfte oder sehr spezifische finanzielle Dienstleistungen für mittlere und grosse Unternehmen. «Neben den lokalen Kundenberatern auf den Raiffeisenbanken vor Ort stehen bei Raiffeisen Schweiz über 60 weitere auf Firmenkunden spezialisierte Finanzspezialisten zur Verfügung.»

 

Erfolgreiches Geschäftsjahr

2023 war für viele Banken ein sehr erfolgreiches Jahr, das gilt auch für die Raiffeisen-Gruppe. «Wir konnten sowohl den Geschäftserfolg als auch den Gewinn steigern», sagt Heinz Huber. Der Gruppengewinn liegt mit 1,39 Milliarden Franken gut 18 Prozent über dem Vorjahresergebnis. «Insbesondere im operativen Geschäft haben wir erneut ein hervorragendes Ergebnis erzielt.» Bei Raiffeisen ist es üblich, einen Grossteil des Gewinns als Gewinnreserve zu thesaurieren, das Geld bleibt so innerhalb der Genossenschaft. «Wir konnten so unsere Kapitalisierung auf hohem Niveau weiter stärken.»

Daneben hat die Raiffeisen-Gruppe gemäss ihrer Strategie sowohl in die Digitalisierung als auch in ihre Beratungskompetenz und Kundennähe investiert. Auch in Zeiten des digitalen Bankings ist für Raiffeisen eine physische Präsenz vor Ort nach wie vor wichtig. Fintechs und Neobanken sprächen bereits seit einiger Zeit eine digitale und preisaffine Kundengruppe an, wenn es aber ans «Eingemachte» ginge, dann schätzen sie Angebote mit hoher physischer und digitaler Präsenz und kompetenten Beratern. «Wenn Kunden wesentlichen Fragen klären möchten, etwa, wie man für sich und seine Familie vorsorgen soll, kommen sie gerne zu uns», sagt Huber.

Neugelder im üblichen Rahmen

Gerne zu Raiffeisen gekommen sind auch etliche vormalige CS-Kunden, wohl aber weniger als etwa bei den Kantonalbanken. Auf den Websites der einzelnen Raiffeisen-Genossenschaften prangt zwar prominent der Punkt «Bankenwechsel einfach gemacht» – damit solle aber nicht explizit eine bestimmte Kundengruppe angesprochen werden, wie Heinz Huber festhält. «Wir möchten allen Personen, die – aus welchem Grund auch immer – Raiffeisen-Kunde werden wollen, den Wechsel möglichst unkompliziert ermöglichen.» 

Weil Raiffeisen als sichere und vertrauenswürdige Bank wahrgenommen werde, habe die Bankengruppe insbesondere im ersten Halbjahr 2023 einen erhöhten Zuwachs von Kunden und von Kundeneinlagen verzeichnet, wie Huber erläutert: «Dies war unter anderem darauf zurückzuführen, dass Bestandskunden, die auch eine Kundenbeziehung zur Credit Suisse haben, Geld zu uns transferiert haben. Über das gesamte Jahr 2023 hinweg waren die Zuflüsse aber moderat und die Entwicklung der Kundeneinlagen bewegte sich im üblichen Rahmen.»

Die Raiffeisenbanken hätten in der Ostschweiz im vergangenen Jahr viele neue Kunden begrüssen dürfen. «Es ist aber schon so, dass das Potenzial in der Ostschweiz etwas geringer ist als vielleicht in grösseren Städten und urbanen Zentren, wo die UBS eine viel höhere Präsenz hat», sagt Heinz Huber. Aber: Bei den Kundeneinlagen ist Raiffeisen 2023 über dem Markt gewachsen; «wir konnten unseren Marktanteil von 14,5 Prozent auf 15,1 Prozent ausbauen, was uns natürlich sehr freut». Bei einem überwiegenden Teil handle es sich um Privatkunden – «dies hängt damit zusammen, dass es schweizweit mehr Privat- als Firmenkunden gibt» erklärt Heinz Huber. «Aber auch im Firmenkundenbereich konnten wir Neukunden gewinnen oder bestehende Geschäftsbeziehungen ausbauen.»

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Innovation nützt Kunden

Für die nahe Zukunft erwartet der Raiffeisen-CEO ein gesundes Nebeneinander von etablierten Anbietern, Neobanken und Fintechs. «Wettbewerb, aber auch Kooperationen zwischen etablierten Finanzinstituten und Fintechs fördern die Innovation – und davon profitieren letztlich die Kunden.» Die Raiffeisen-Gruppe sei mit ihrer Strategie gut aufgestellt, um der Digitalisierung und den rasanten Entwicklungen des Branchenumfelds und der Kundenbedürfnisse Rechnung zu tragen.

Irgendwann in absehbarer Zukunft müsste auch das Verfahren gegen den früheren Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz einen Abschluss finden; aktuell scheint es Gerichte und Medien mehr zu beschäftigen als die Raiffeisen-Gruppe. Dort habe man zur Kenntnis genommen, dass das jüngste Urteil gegen den Ex-Chef aufgehoben wurde – weiter möchte sich die Bank nicht zum laufenden Verfahren äussern.

Text: Philipp Landmark

Bild: zVg

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