Achtung Framing!

Schnelligkeit kommt dabei vor Qualität, Medienecho vor vertiefter Überlegung. Wichtig ist, präsent zu sein und die eigene Haltung mit verständlichen Aussagen schnellstmöglich in die öffentliche Diskussion einzubringen. Das magische Wort heisst «Framing», also die öffentliche Meinung im eigenen Sinne zu beeinflussen und die Deutungshoheit bei einem Thema zu erlangen.
Zeit zum Nachdenken
Ein vertieftes Nachdenken über das, was berichtet wurde, und was die davon erwarteten Auswirkungen sein könnten, findet nur mehr selten statt. Intuitive Einschätzungen sind wertvoll, ganzheitliche Beurteilungen von Sachverhalten scheinen mir aber wichtiger zu sein. Doch fundierte Beurteilungen erfordern Zeit. Zeit, die wir in der heutigen, ultimativen und globalisierten Medienwelt nicht mehr geschenkt bekommen.
Das ultraschnelle Framing treibt derzeit besondere Blüten: Kaum stellte Bundesrat Ignazio Cassis den Medien jüngst das schweizerische Verhandlungsmandat für die Bilateralen III vor, da warnte die grösste Partei des Landes schon vor der «totalen Unterwerfung der Schweiz» – und der Gewerkschaftsbund sprach von einem «nicht gangbaren Weg».
Fairness – auch in der Kommunikation
Bei allem Verständnis für unterschiedliche Meinungen: Ein solches Vorgehen ist nicht der «Schweizer Weg». Ein derart vorschnelles Framing schwächt unsere Institutionen, unsere Bundesräte und unsere Diplomaten. Sollten die Verhandlungen ein Resultat bringen, wird und muss die Exekutive zu den Ergebnissen das Parlament und das Volk befragen. Vor Verhandlungsbeginn bereits «Nein» zu rufen, ist dabei weder zielführend noch fair.
Text: Sven Bradke