Wissen und Wirtschaft verkuppeln

Wissen und Wirtschaft verkuppeln
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In der Ostschweiz gibt es viel Umsetzungskompetenz in der Wirtschaft und viel Wissen in der Forschung. Hans Ebinger, der Chef des Innovationsparks Ost, soll nun Forschung und Wirtschaft gewinnbringend zusammenführen.

Theoretisch ist klar, was im «Switzerland Innovation Park Ost», wie er offiziell heisst, geschehen soll – im dritten, erfolgreichen Antrag hat der Kanton St.Gallen genau aufgezeigt, welche Stossrichtung man hier verfolgen will. Das Terrain wird durch die Begriffe Gesundheitstechnik, Digitalisierung und MEM-Industrie abgesteckt, in diesem Dreieck sollen Forschungskompetenz und Wirtschaftspartner gemeinsam Neues erschaffen.

Auf dem Platz St.Gallen ist tatsächlich viel Know-how aus dem Bereich Gesundheit versammelt. Am Kantonsspital St.Gallen laufen auch ohne das Label Universitätsspital oft über 50 Forschungsprojekte und Studien gleichzeitig, für verschiedene Themen ist dabei die Empa St.Gallen schon seit über zehn Jahren ein Zusammenarbeitspartner. Die HSG bietet mit der neuen School of Medicine nicht nur die Ausbildung im Rahmen des Joint Medical Masters an, sondern ist auch forschend mit Blick auf die Digitalisierung in der Medizin tätig. Die Fachhochschule Ost deckt an den Standorten Buchs, Rapperswil und St.Gallen eine ganze Reihe von Gesundheitsthemen ab, von der Angewandten Pflegewissenschaft bis zu Medical Engineering.

Aufgabe des Ostschweizer Innovationsparks wird es nun sein, dieses Wissen mit der Umsetzungskompetenz der Ostschweizer Wirtschaft zu verheiraten. Insbesondere Unternehmen der hier starken Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie sollen so zu neuen Produkten und Geschäftsmodellen kommen.

 

«Auch wenn alle Innovationsparks unterschiedliche Profile bearbeiten, Health haben fast alle irgendwo drin.»

Gesundheit ist das Mega-Thema

Die schöne Theorie gilt es jetzt, in die Praxis umzusetzen. Diese Aufgabe fällt dem Geschäftsführer des SIP Ost zu, dem Physiker Hans Ebinger. Er ist seit Januar in dieser neuen Funktion tätig und baut nun die Strukturen des Innovationsparks Ost auf. Ebinger war seit 2004 bis 2018 bei verschiedenen Industrie-Unternehmen im Rheintal tätig, die letzten drei Jahren dann war er CEO eines Laser-Herstellers in Deutschland.

In den ersten Monaten als operativer Chef des werdenden Innovationsparks Ost hat Hans Ebinger auch viele der anderen Standorte des im Netzwerk von Switzerland Innovation besucht und festgestellt: «Es sind erstens spannende Vorhaben bei den anderen Parks auf dem Wege. Wir sollten in der Ostschweiz als Team agieren, um gemeinsam ein starkes Profil aufzubauen. Und zweitens: Auch wenn alle Innovationsparks unterschiedliche Themen bearbeiten, Health haben fast
alle irgendwo drin. Deshalb ist wichtig, dass wir uns innerhalb von Health auf den richtigen Teilbereich fokussieren, um das Profil der Region Ostschweiz weiter zu schärfen.»

 

  

Fokus auf «Leben im Alter»

Am Beginn der Überlegungen stand eine Empfehlung des St.Galler Regierungsrats Bruno Damann. Der frühere Volkswirtschaftsdirektor leitet heute das Gesundheitsdepartement und richtete den Blick des Innovationsparks auf das «Leben im Alter». «Wir besitzen grosse fachliche Kompetenz auf diesem Fachgebiet», erklärt Hans Ebinger, «und könnten ein Vorreiter sein, um älteren Menschen ein unabhängigeres Leben zu ermöglichen.» Ebinger sieht hier viele interessante Anknüpfungspunkte, von der Zellforschung der Empa, über die starken Bereichen Onkologie und Urologie im Kantonsspital St.Gallen, der Forschung im Bereich Pflege und den Lehrstuhl für Altersforschung an der Fachhochschule Ost sowie die Geriatrische Klinik in St.Gallen und verschiedene Altersheime. Auch die HSG hat die kaufkräftige und steigende Kundengruppe älterer Menschen schon lange identifiziert und Marktchancen beschrieben. «Konsequent weitergedacht bedeutet die Bekämpfung von Alterskrankheiten durch Vorsorge und gesunde Lebensführung eine Steigerung der generellen Gesundheit und Leistungsfähigkeit im Erwachsenenalter.»

In einem Projekt mit HSG-Studenten hat der neue Innovationspark Ost Projektansätze für vier Unterthemen im Bereich Gesundheit gesucht: Ernährung; Gaming (digitale Spiele gewinnen im Gesundheitswesen zunehmend an Bedeutung, beispielsweise zur Bekämpfung von Demenz); Pflege sowie Implantate. «Wir haben jetzt Geschäftsideen für jedes dieser vier Kapitel», sagt Hans Ebinger, «und wir haben Player aus der Region identifiziert, die in diesen Themen zusammenarbeiten könnten. Nun möchten wir herausfinden, ob hier tatsächlich Potenzial für Innovationsprojekte besteht.»

Das ist das wirklich neue Element, das der Innovationspark Ost in den Campus Lerchenfeld mitbringt. Wo bisher
der Fokus von Startfeld auf neuen Unternehmen lag (und weiterhin auch liegt), wird der Innovationspark etablierte Unternehmen mit Forschungsinstitutionen vernetzen.

 

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«Ein Innovationszentrum ist ein Ort, an dem man die richtige Umgebung und motivierte Mitstreiter für neue Ideen vorfindet.»

Viele Ostschweizer Firmen ansprechen

Wie dies geschehen könnte, hat von Dezember bis März der Verwaltungsrat des SIP Ost analysiert. Die unter der Leitung des Unternehmers und Ingenieurs Paul Sevinç (u. a. Mitgründer von Doodle) erarbeitete Strategie sieht den Aufbau von fachlichen Schwerpunkten (Gesundheit und Leistungsfähigkeit, Sensorik) sowie das Angebot von Dienstleistungen
für eine möglichst breite Gruppe von Unternehmen vor. Bei diesen Dienstleistungen sollen insbesondere die Chancen der Digitalisierung für Kunden eröffnet werden. Entsprechend hat sich der SIP Ost mit dem IT-Experten Urs Sidler verstärkt, um ein entsprechendes Angebot zu erarbeiten und strategisches IT-Wissen zu vermitteln.

 

Startpunkt für neue Wege

Bereits von Startfeld wurde der Begriff «Innovationszentrum» verwendet. «Ein Innovationszentrum ist ein Ort, an dem man die richtige Umgebung und motivierte Mitstreiter für neue Ideen vorfindet. Ein solches Innovationszentrum möchten wir künftig für die regionale Industrie sein,» erklärt Hans Ebinger.

Hier können künftig KMU-Entwicklung-Teams, losgelöst vom Tagesgeschäft, ein neues Projekt ideal aufgleisen. «Wir können dazu eine Methodik an die Hand geben, Impulsbeiträge leisten und Sparringspartner sein, damit das Vorhaben gut durchdacht und geprüft ist. Im Grunde funktioniert so bereits heute ein Start-up-Accelerator-Programm von Startfeld.»

Entwicklungsprojekte sind riskante Vorhaben, insbesondere wenn sie über den bekannten Markt oder vertraute Technologie hinausgehen. Die in das Projekt investierte Zeit ist sehr wertvoll und soll zu einem erfolgreichen Produkt führen. In der Praxis gelingt das nicht immer. Wir können einen kritischen Blick bieten und passende Sparringspartner von unseren Forschungspartnern an den Tisch holen. Der Aufwand für diese Konzept-Prüfung ist gut investiert.

 So versteht Hans Ebinger letztlich auch seinen Auftrag: Dafür sorgen, dass das Fachwissen und die Methodenkompetenz von Forschungspartnern von Empa bis RhySearch zu neuen Arbeitsplätzen führt. Das richtige Wissen am richtigen Ort soll Innovationsinvestitionen auslösen, neue Geschäftsfelder erschliessen und zu neuen Produkten füh-ren. Dies sowohl bei der angestammten Industrie als auch bei neu angesiedelten Unternehmen oder frisch gegründeten Start-ups.

Text: Philipp Landmark

Bild: Reto Martin

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