Thurbo rüstet sich für den Regionalverkehr der Zukunft

Im Herbst 2025 bekommt der erste neue Thurbo Zug vom Typ Flirt Evo den letzten Schliff, bevor er auf dem Liniennetz unterwegs ist. Gegen seine Nervosität hilft dem Flirt Evo, dass ihn dabei ein Heimspiel erwartet. Er wird nämlich in der brandneuen Thurbo Serviceanlage (SA) beim Bahnhof Weinfelden vorbereitet respektive ertüchtigt. Will heissen: Die volle Funktionalität des Zuges wird mit Qualitätsprüfungen und Ertüchtigungsfahren analysiert. Dabei geht es nicht nur um sicherheitsrelevante Aspekte, sondern mit der Prüfung funktionierender Klima- und WC-Anlagen auch um Kundenkomfort. Der Weg von der Produktionsstätte in die SA muss dem Flirt Evo keine Angst machen: Das Werk und das Inbetriebssetzungszentrum des Fahrzeugherstellers Stadler liegen in Bussnang respektive Erlen und somit nahe bei Weinfelden. Diese Nähe ist einer der wichtigsten Vorteile der neuen SA. Denn in ihr werden nicht nur die Flirt Evo von Thurbo, sondern auch diejenigen der SBB und von RegionAlps (Walliser Eisenbahnverkehrsunternehmen) ertüchtigt. Ebenfalls leisten Mitarbeiter:innen von Stadler in einem Control Room den First Level Support.
Länger und moderner
Die Halle der neuen SA wurde auf 99 Meter verlängert. Denn der Flirt Evo ist standardmässig vierteilig und rund 75 Meter lang, wofür die Gleise der alten Anlage nicht ausgereicht hätten – mit Ausnahme des dreiteiligen Flirt Evo von Thurbo (60 m). Dieser ist schweizweit einzigartig und mit seinem tieferen Gewicht ideal auf den Regionalverkehr in der Ostschweiz zugeschnitten. Thurbo hat sowohl drei- als auch vierteilige Fahrzeuge bestellt (siehe Infobox).
Instandhaltungsspezialist:innen der SBB führen die Arbeiten an den Zügen im Auftrag von Thurbo durch. Sie agieren sowohl in der SA in Weinfelden als auch im Regionalfahrzeug Instandhaltungscenter Ostschweiz (RICO) in Oberwinterthur, wo primär die leichte Instandhaltung erfolgt. Sie ist mit einem Jahresservice eines Autos vergleichbar und umfasst Vorgänge wie visuelle Kontrollen oder die Überprüfung des Bremsdrucks. Auch Unterhaltsaspekte wie die Reinigung oder WC-Entleerungen werden in Oberwinterthur umgesetzt, wo ein Thurbo Zug etwa alle 20 Tage einen Boxenstopp einlegt.
Demgegenüber steht die schwere Instandhaltung oder auch Revision, für die in Oberwinterthur und Weinfelden Gleise zur Verfügung stehen. Während der Revisionsarbeiten fällt ein Zug mehrere Wochen aus, weshalb sie pro Zug nur etwa alle zwei Jahre präventiv durchgeführt werden. Korrektiv kann das Intervall auch kürzer ausfallen, wenn zum Beispiel ein defektes Drehgestell mit den Rädern zerlegt und ausgetauscht werden muss.
Das Projekt Flirt Evo
SBB, RegionAlps und Thurbo beschaffen gemeinsam 296 Regionalzüge vom Typ Flirt Evo. 107 davon gehen an Thurbo, wobei eine Kaufoption für weitere 40 Fahrzeuge besteht. Die Flirt Evo werden von Stadler in Bussnang hergestellt. Im Falle von Thurbo sind es also Züge aus der Ostschweiz, für die Ostschweiz. Die ersten neuen Züge kommen im Thurbo Land 2026 in den kommerziellen Betrieb. In den Folgejahren wird die aktuelle GTW-Flotte schrittweise ersetzt. Voraussichtlich sind 2035 alle Flirt Evo im Thurbo Gebiet im Einsatz.
Im Zeitraffer: Die Entstehung der Thurbo Service Anlage vom Spatenstich bis zur Aufrichte.
Punkto Nachhaltigkeit ein vorbildlicher Bau
Die SA in Weinfelden überzeugt sowohl ästhetisch als auch energetisch: Die RICO-Mitarbeiter:innen können sich auf eine freundliche und helle Arbeitsatmosphäre freuen, welche der moderne Holzbau im Inneren der Halle schafft. Holzbauten sind per se nachhaltig, da der Energiebedarf gering ist. Auch eine lange Lebensdauer ist sichergestellt, weil das Holz mit einer Metallfassade vor der Witterung geschützt ist. Nicht zuletzt macht ein Hybridbau klimatisch Sinn, die Temperaturen in der Halle sind auch im Sommer angenehm.
Investitionen in die Zukunft
Thurbo investiert rund 18.4 Millionen Franken in die neue SA in Weinfelden. Doch damit nicht genug: Die SBB und Thurbo planen den Bau einer weiteren SA für die Thurbo Züge auf dem Gebiet der Gemeinden Rorschach und Rorschacherberg. Die SBB wird rund 75 Millionen Franken investieren, es entstehen mehr als 80 Arbeitsplätze. Der Baustart erfolgt gegen Ende dieses Jahrzehnts. Vorab läuft ein Plangenehmigungsverfahren, während dem das Bundesamt für Verkehr die Unterlagen der SBB prüft. Die Anlage in Rorschach braucht es mittelfristig deshalb, weil die Gleise in Oberwinterthur für die vierteiligen Flirt Evo zu kurz sind und die SA in Weinfelden nicht auf die leichte Instandhaltung ausgelegt ist. Des Weiteren wird es aufgrund des zunehmenden Zugverkehrs auf dem Netz laufend schwieriger, die Anlage in Oberwinterthur zu erreichen. Auch in Rorschach wird RICO im Auftrag von Thurbo die Leistungen erbringen.
Die SBB und Thurbo stellen die Instandhaltung der Thurbo Flotte mit diesen beiden Projekten langfristig sicher. Sie ergänzen sich in ihren Funktionalitäten optimal und berücksichtigen die Entwicklung des konstant wachsenden Schienenverkehrs. Da das primäre Einsatzgebiet der Thurbo Flotte die Ostschweiz ist, gehören die Serviceanlagen auch dorthin. Deren einfache Erreichbarkeit ist für Thurbo von grosser Bedeutung. Die zentralen Standorte Weinfelden und Rorschach mitten im Betriebsgebiet bringen Produktionsvorteile und ermöglichen so der Regionalbahn, einen günstigen Regionalverkehr anzubieten.
Tag der offenen Tür
Am 1. November 2025 findet in der SA in Weinfelden ein Tag der offenen Tür für die Bevölkerung statt. Es werden spannende Einblicke in die Welt der Instandhaltung sowie unerwartete Zug-Perspektiven von oben und unten gewährt.
Weitere Informationen finden Sie zu gegebener Zeit unter: thurbo.ch/tdot.
Klartext des VRP
Wertschöpfung in der Ostschweiz sichern
Die neue Serviceanlage in Weinfelden, welche Thurbo gehört, aber durch die SBB betrieben wird, steht symbolisch für die gute Zusammenarbeit zwischen Mutter und Tochter. Ausserdem sind die Rollmaterialbeschaffung Flirt Evo und der Umbau der alten Werkstätte in eine moderne Serviceanlage bedeutende strategische Weichenstellungen, um unsere Wettbewerbsfähigkeit weiter zu stärken. Es freut mich ungemein, dass wir mit der neuen Serviceanlage Arbeitsplätze sowie Wertschöpfung in der Ostschweiz sichern und langfristig über einen regional gut erreichbaren Standort für die Instandhaltung verfügen. Aufgrund meiner Tätigkeit bei der SBB weiss ich: Für neue Serviceanlagen Landflächen zu finden, ist zunehmend eine Herausforderung. Nicht zuletzt verkörpert die Halle die Synergien, welche mit der gemeinsamen Beschaffung genutzt werden können: Die Flirt Evo aller drei Projektpartner werden in Weinfelden für den Betrieb vorbereitet, da sich die Anlage in unmittelbarer Nähe des Produktionsstandorts Bussnang befindet.