Ostschweiz

Die Zukunft der Logistik

Die Zukunft der Logistik
René Steiner
Lesezeit: 3 Minuten

Die Mobilität in der Industrie hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Kleinere Sendungsgrössen und eine Zunahme an Paketlieferungen etwa führen dazu, dass vermehrt Lieferwagen für Transporte eingesetzt werden. René Steiner, Präsident der ASTAG Sektion Ostschweiz/FL, betont, dass neue Trends die Logistik nachhaltig beeinflussen.

René Steiner, die Mobilität in der Industrie ist einem ständigen Wandel unterworfen. Was sind die wichtigsten Entwicklungen in den vergangenen fünf Jahren?
In den vergangenen fünf Jahren haben sich die Mobilitätsbedürfnisse der Industrie tatsächlich verändert: Kleinere Sendungsgrössen und eine Zunahme an Paketlieferungen führen dazu, dass vermehrt Lieferwagen für Transporte eingesetzt werden. Diese Trends spiegeln sich auch in den grossen gesellschaftlichen und industriellen Veränderungen wider, welche die Logistik nachhaltig beeinflussen.

Elektrofahrzeuge gewinnen aber auch im Gütertransport der Industrie zunehmend an Bedeutung, oder?
Absolut. Nachhaltigkeit ist ein immer wichtigeres Kriterium bei Ausschreibungen. Bereits heute gibt es Elektrofahrzeuge, die profitabel eingesetzt werden können, da die höheren Anschaffungskosten noch bis 2030 durch den Wegfall der LSVA kompensiert werden. Allerdings sind die Mehrkosten bei vielen Einsatzprofilen ein Hindernis für die breite Akzeptanz alternativer Antriebe.

Und warum geht es bei der Einführung von Wasserstoff-LKW in der Schweiz nicht so richtig vorwärts?
Wasserstoff wurde stark gehypt, inzwischen ist bei diesem Thema allerdings wieder etwas Realität eingekehrt: Die Versorgungsengpässe sind zwar behoben, aber die gestiegenen Stromkosten machen den Einsatz teurer. Derzeit werden nur wenige LKW mit H2-Antrieben zugelassen. Zukünftig werden viele Anwendungen von Elektrofahrzeugen abgedeckt – und es wird erwartet, dass Brennstoffzellenfahrzeuge gegen Ende des Jahrzehnts marktreif sein werden. Interessant ist allerdings die Entwicklung der Wasserstoffverbrennung für Spezialanwendungen wie Baumaschinen, Kräne oder Landmaschinen, da hier die Herausforderungen zur Elektrifizierung grösser sind.

 

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«Brennstoffzellenfahrzeuge sollen gegen Ende des Jahrzehnts marktreif sein.»

Wie wirkt sich die Entwicklung synthetischer Kraftstoffe auf die Nachhaltigkeitsziele der Industrie aus?
Synthetische Kraftstoffe werden stark nachgefragt sein, insbesondere in der Luftfahrt. Im Strassenverkehr könnten andere Technologien einfacher eingesetzt werden, um Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Zum Beispiel?
Elektro- und Brennstoffzellenantriebe, Wasserstoffverbrennung, HVO-Diesel aus hydriertem Pflanzenöl oder Biogas. 

Inwieweit hat Corona das Transportverhalten der Industrie beeinflusst?
Die Pandemie hat zu einer Zunahme der Kurzfristigkeit und Häufigkeit von Lieferungen geführt. Zuverlässigkeit und Ausfallsicherheit der Lieferketten sind wichtiger geworden. Gleichzeitig hat die verstärkte Nutzung des motorisierten Individualverkehrs durch Pendler die Stauproblematik und die Transportkosten weiter vergrössert. 

Welche Massnahmen sollten unterstützt werden, um den Umstieg auf alternative Antriebe zu fördern?
Die Vernehmlassung zur Weiterentwicklung der LSVA ist ein wichtiger Schritt. Der Schweizerische Nutzfahrzeugverband ASTAG setzt sich für Investitionsbeiträge ein und findet damit Unterstützung beim Eidg. Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK. Eine grosse Herausforderung bleibt die Ladeinfrastruktur, sowohl öffentlich als auch im Depot. Öffentliche Förderung wäre hier wünschenswert.

 

Wie bewerten Sie die aktuellen Infrastrukturprojekte zur Unterstützung der Elektromobilität im Schwerlastverkehr?
Derzeit wird viel diskutiert, aber wenig umgesetzt. Öffentliche Ladepunkte speziell für Lastwagen kann man derzeit an einer Hand abzählen. Zukünftig wird sich hier einiges ändern müssen. Wichtig ist, dass die Energiekosten an öffentlichen Ladepunkten im vernünftigen Bereich liegen, was aktuell oft nicht der Fall ist.

Welche Trends sehen Sie in der Nutzung von alternativen Treibstoffen wie Bio- oder GTL-Diesel (Gas-to-Liquids) in der Industrie?
Es wird erwartet, dass keine einzelne Technologie alle Anforderungen abdecken kann. Viele Firmen testen verschiedene Antriebsarten, um die beste Lösung für ihre Bedürfnisse zu finden. HVO als eine Art Biodiesel wird stark beobachtet, da es über 80 Prozent der CO₂-Emissionen mit der vorhandenen Technologie einsparen kann und gut verfügbar ist.

Welche Strategien verfolgen Unternehmen, um ihre Logistik- und Transportprozesse nachhaltiger zu gestalten?
Die ASTAG entwickelt einen Branchenfahrplan mit dem Ziel, bis 2050 Netto-Null zu erreichen. Die Transportbranche ist damit eine der ersten Industrien, die einen solchen im Rahmen des Klimagesetzes erarbeitet. Viele Verbandsmitglieder leisten Pionierarbeit, doch die Wirtschaftlichkeit bleibt eine Herausforderung. Die Bereitschaft vieler Verlader, Mehrkosten zu tragen, ist oft begrenzt, obwohl der Druck von Industrie und Gesellschaft zunimmt.

Die internationale Zusammenarbeit und Standardisierung für die Entwicklung nachhaltiger Transportlösungen in der Schweiz dürfte demnach zunehmen?
Ja. Fortschritte im Fahrzeugbereich werden durch die EU vorgegeben, was Schweizer Unternehmen ermöglicht, voranzukommen. Bei der Beschaffung neuer Technologien sind Schweizer Firmen oft Vorreiter. Konzepte wie Cargo sous terrain oder intermodale Transportketten werden in der Schweiz entwickelt und international beobachtet.

Text: Patrick Stämpfli

Bild: Marlies Beeler-Thurnheer

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