Wenn Bahn und Bank Geschichte schreiben

«Massgebend für die Entwicklung war ein erfolgreiches Zusammenspiel verschiedener Faktoren in den unterschiedlichen Zeiträumen», sagt Thomas Baumgartner mit Blick auf die bewegte Geschichte der Appenzeller Bahnen. «Am relevantesten waren (und sind es immer noch) das Angebot und die Dienstleistungen der AB für die Bevölkerung, also der Fahrplan, die Betriebszeiten und die Fahrzeuge.» Der bedeutendste Meilenstein in jüngster Zeit sei die Inbetriebnahme des Ruckhaldetunnels gewesen: «Er ermöglichte die Beschaffung von neuen Fahrzeugen und die Umsetzung des Viertelstundentakts.»
Wichtige Weichenstellungen habe es aber nicht nur auf technischer Ebene gegeben, sondern auch strukturell: «Mit der Fusion 2006 erhielten die AB eine Grösse, die ihr ein selbstständiges Agieren am Markt ermöglicht. Zudem konnte sie Prozesse und Kosten optimieren.»
Infrastruktur mit Verantwortung
Die AB blicken dabei auch in die Zukunft – mit Innovationsgeist: «Künftig wird der Zug auf der Linie Rheineck–Walzenhausen vollautomatisch verkehren. Das ermöglicht Angebotserweiterungen ohne wesentliche Mehrkosten.» Darüber hinaus investieren die AB in neue Technologien zur Steuerung der Infrastruktur: «Wir nutzen Sensortechnik zur Steuerung der Perronbeleuchtung und arbeiten mit Fairtiq im Bereich des automatischen Ticketings.»
Baumgartner unterstreicht, wie sehr sich die Rolle der AB in der Region verändert hat. «Früher hatten die kleinen Bahnen mit den ihnen zur Verfügung stehenden Finanzmitteln zu kämpfen. Heute ist die Finanzierung der Bahninfrastruktur hervorragend geregelt.»
Auch wirtschaftlich seien die Bahnen ein bedeutender Faktor: «Die AB bieten mehr als 240 Arbeitsplätze, investieren im Jahr rund 40 Millionen Franken in die Infrastruktur, und sie beschafften in den vergangenen Jahren für nahezu 200 Millionen Franken Fahrzeuge. Der weitaus grösste Teil dieser Investitionen fliesst in die Ostschweizer Industrie und in das lokale Gewerbe.»
Die Appenzeller Bahnen sind auch als Partnerin im Tourismus stark gefragt: «Mit dem guten Fahrplanangebot und den modernen Zügen tragen die AB zusammen mit Partnern aus dem Tourismus stark zur touristischen Entwicklung bei.» Ein Thema dabei sei auch die ökologische Verantwortung: «Mit mehr Parkplätzen und neuen Strassen wird es nicht gelingen, die Gäste auf die Bahn zu lenken. Der Ansatz muss in der Verlagerung von der individuellen in die öffentliche Mobilität sein.»
«Wir kennen Land und Volk und sind nahe bei unserer Kundschaft.»
Finanzdienstleistung mit Gesicht
Was Thomas Baumgartner für die Infrastruktur ist, ist Ueli Manser für die Finanzen. Seit 2007 ist er Direktor der Appenzeller Kantonalbank und erlebt 2025 das 125-Jahr-Jubiläum der Bank. «Unsere Bank ist ein Klein- und Mittelunternehmen. Lange meinten teils Leute, je grösser eine Bank ist, desto besser. Die aktuelle Erfahrung zeigt, dass dies nicht stimmt. Im Gegenteil, die Kundschaft bevorzugt wieder vermehrt auch in der Bankbranche ein KMU.»
Die Bankgeschichte ist reich an Umbrüchen, überstandenen Herausforderungen und solidem Wachstum. Als wichtige Etappen nennt Manser den Bezug des Neubaus 1996, den Erweiterungsbau 2008 sowie die Totalsanierung der Niederlassung in Oberegg 2011. «Auch der Namenswechsel im Jahr 2000 von der Appenzell-Innerrhodischen Kantonalbank zur Appenzeller Kantonalbank war ein bedeutender Schritt in unserer Entwicklung.»
Engagement, das ankommt
Dabei ist die Bank regional stark verankert: «Wir kennen Land und Volk und sind nahe bei unserer Kundschaft. Wir bieten wohl digitale Kanäle wie E-Banking, Mobile Banking oder TWINT an. Aber bei uns sind persönliche Gespräche genauso wichtig. Wir sprechen nicht nur von Kundennähe, sondern wir leben sie.»
Die Rolle der Bank für die wirtschaftliche Entwicklung des Appenzellerlandes sei zentral. «Dank Hypotheken für Eigenheime und Mehrfamilienhäuser konnten viele Wohnträume verwirklicht werden. Mit unserer verantwortungsvollen Kreditpolitik unterstützen wir gezielt das lokale Gewerbe – vom Handwerksbetrieb über die Landwirtschaft und Gastronomie bis hin zur Lebensmittelbranche und dem Detailhandel.»
Manser ergänzt: «Die von uns mitfinanzierten Investitionen ermöglichen es KMU, sich weiterzuentwickeln, bestehende Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen. Dies wiederum bildet für viele Menschen die wirtschaftliche Existenzgrundlage und generiert wertvolle Steuereinnahmen.»
Auch als Arbeitgeberin spielt die APPKB eine Rolle: «Wir beschäftigen rund 120 Angestellte, von denen etwa 85 Prozent in den Kantonen Appenzell Innerrhoden oder Appenzell Ausserrhoden wohnen – ein weiterer wertvoller Impuls für die regionale Wirtschaft.»
Gesellschaftlich engagiert sich die Bank ebenfalls stark: «Wir unterstützen jährlich rund 200 Anlässe im gesellschaftlichen, kulturellen oder sportlichen Bereich im Appenzellerland. Mit diesen Beiträgen ermöglichen wir Anlässe, die für den gesellschaftlichen Zusammenhalt enorm wichtig sind.»
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«Ein solches Jubiläum ist kein Selbstläufer, sondern das Resultat harter Arbeit und viel Vertrauen über Generationen hinweg.»
Feiern mit der Bevölkerung
Wie bei den AB steht auch bei der APPKB das Jubiläum ganz im Zeichen der Bevölkerung: «Das KB-Fest am Samstag, 12. Juli im Dorf Appenzell ist der Höhepunkt unseres Jubiläumsjahres. Den ganzen Tag über wird an verschiedenen Orten im Dorf gefeiert. Am Abend erwartet Sie ein musikalisches Highlight: ein Openair-Konzert mit ‹Hecht› und ‹Riana›.»
Auch bei den AB gibt es zahlreiche Jubiläumsveranstaltungen: «Am 3. Mai 2025 eröffnen die AB offiziell das Servicezentrum in Appenzell. An diesem Tag stehen die Türen für die Bevölkerung offen. Zeitreisen mit historischen Zügen sind am 25. Mai in Herisau und am 7. September in Heiden möglich. Im August und September findet das Theater ‹Bahn frei!› in der ehemaligen Werkstatt Gais statt. Und nicht zu vergessen ist die Sonderbriefmarke zum Jubiläum.»
Verantwortung für morgen
Die Zukunft bleibt für beide Unternehmen ein zentrales Thema. «Wir wollen weiterhin mit gesundem Wachstum und bedürfnisgerechten Produkten einen nachhaltigen Geschäftserfolg erzielen», so Ueli Manser. «Unser Ziel ist klar: Die nächste Generation soll in 25 Jahren als weiterhin selbstständige und erfolgreiche Appenzeller Kantonalbank das 150-Jahr-Jubiläum feiern können.»
Thomas Baumgartner denkt in ähnlichen Bahnen: «Wir werden die Automatisierung vorantreiben. Zudem möchten die AB das Marktpotenzial abschöpfen. Dabei denke ich an die intakten Chancen von Trambahnen im urbanen Raum.»
Beide Direktoren sehen den Erfolg ihrer Institutionen auch als Resultat langfristiger Verlässlichkeit. «Ein solches Jubiläum ist kein Selbstläufer, sondern das Resultat harter Arbeit und viel Vertrauen über Generationen hinweg», fasst Baumgartner zusammen. Und Manser ergänzt: «Wir wollen glaubwürdig bleiben – und dazu gehört auch, dass man bei allen digitalen Entwicklungen die Kunden nie aus dem Blick verliert.»
Zwei Unternehmen, zwei Jubiläen – und ein gemeinsamer Nenner: das Bekenntnis zur Region und zur Weiterentwicklung mit Augenmass, Innovationsgeist und Verantwortung.
Text: Fabian A. Meyer, Stephan Ziegler
Bild: zVg