Verantwortungsvolles Unternehmertum nach Corona

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Nachhaltigkeit entstehe dann, wenn die unterschiedlichen Bedürfnisse der Interessengruppen in einer vernünftigen Balance gehalten würden, hielt Hans Hess, früherer Swissmem-Präsident, in seinem engagierten Grundsatzreferat am WFT fest. Nachhaltigkeit, so Hess weiter, sei eine ausgeglichene Berücksichtigung von Ökonomie, Ökologie und Sozialem – und nicht nur Umweltschutz um jeden Preis. Ein Unternehmen sei sechs Stakeholdern verpflichtet: Kunden, Mitarbeitern, Aktionären, Lieferanten, der Umwelt und der Gesellschaft.
Mitverantwortung für gesunde Umwelt
Hans Hess ist überzeugt, dass sich ein Unternehmen längerfristig nur dann nachhaltig und erfolgreich entwickeln kann, wenn es zwischen diesen sechs Interessengruppen eine Balance gibt. Es allen zu jeder Zeit recht machen zu wollen, sei eine höchst anspruchsvolle unternehmerische Aufgabe. «Deshalb hat auch die Gesellschaft eine Mitverantwortung für eine gut funktionierende Wirtschaft, die ihr Jobs anbietet und für sie attraktive Konsumgüter herstellen soll», so Hess. Zudem sei die Gesellschaft auch mitverantwortlich für eine gesunde Umwelt. Hess fragte sich, wann eine Gesellschaftsverantwortungs-Initiative ergriffen werde.
Toxische politische Anliegen
Hans Hess ist nicht der Ansicht, dass wir radikale Initiativen unterstützen sollten, sondern dass wir Gesetzen, die in einem langen politischen Prozess zwischen den Interessengruppen ausgehandelt wurden, nicht einfach leichtfertig eine Abfuhr erteilen sollten, nur weil uns einige Elemente darin nicht passen. Sonst würden wir uns im Kreis drehen. Isoliert betrachtet, möge jedes politische Anliegen sogar seine Berechtigung haben, so Hess, aber in der Summe werde es für viele Unternehmen ungeniessbar oder sogar toxisch. An diesem Punkt sind wir laut Hess in der Schweiz nun angelangt.
Prominente Gesprächsrunde
In der anschliessenden, prominent besetzten Gesprächsrunde begrüsste Mona Vetsch Dieter Bachmann, CEO der Gottlieber Spezialitäten AG und Träger des Motivationspreises 2020 der Thurgauer Wirtschaft, Karin Frick, Zukunftsforscherin am GDI, und Peter Spuhler, Stadler Rail AG. Bachmann sagte, sein Unternehmen habe die Corona-Krise hervorragend gemeistert und hätte um die Weihnachtszeit kaum alle Kundenbestellungen erfüllen können, hätten nicht die ganze Familie sowie Freunde und Aktionäre mitgeholfen.
Konsumzwang kehrt zurück
Gemäss Karin Frick kommt nach Corona und dem Konsumfasten der Konsumzwang zurück. In der Corona-Zeit habe sich vor allem die Digitalisierung beschleunigt, und viele Konsumenten hätten Vertrauen ins Bestellen per Internet bekommen. Und die Digitalisierung habe auch das Umsteigen auf das Homeoffice unterstützt. Peter Spuhler zeigte aber auch die Grenzen des Homeoffice auf, das bei Stadler Rail nur rund 15–20 % nutzten, und die durch die Pandemie entstandenen Probleme, z. B. bei Autoneum, aufgrund von Engpässen oder durch den Abbruch von Lieferketten.
Mitarbeiter aus dem Gefängnis geholt
Als Chef habe er sich den Corona-Massnahmen ebenfalls unterworfen, und in verschiedenen Unternehmen hätten Bereiche wegen der Quarantäne geschlossen werden müssen, so Spuhler. In der Ukraine sei es auch zu Problemen wegen der politischen Umstürze gekommen, aber nicht zu Produktionsabbrüchen – und auch Mitarbeiter habe man wieder aus dem Gefängnis holen können. Der Beitrag des Unternehmens in solchen Ländern sei kein politischer Auftrag, sondern es gehe darum, die Mitarbeiter mit Ausbildung, Weiterbildung und optimalen Arbeitsbedingungen an die westlichen Werte heranzuführen.
Unternehmer aus Leidenschaft
Unternehmertum sei ein Gen, das man in sich habe oder nicht, meinte Dieter Bachmann. Dies bestätigte auch Karin Frick. Laut ihnen können Unternehmer nicht durch künstliche Intelligenz oder Roboter ersetzt werden. Der Unternehmer trägt auch Verantwortung für den Standort, wie Peter Spuhler aufzeigte. Sein Unternehmen verlege maximal 15 % der Arbeitsplätze in Billiglohnländer und werde immer ein Schweizer Industriebetrieb bleiben, wie er auch mit dem Bau des neuen Werks in St.Margrethen gezeigt habe.