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Paris 2024: Infektionen, Wasserqualität und Hitze als grösste Herausforderungen

Paris 2024: Infektionen, Wasserqualität und Hitze als grösste Herausforderungen
Dr. med. Hanspeter Betschart
Lesezeit: 4 Minuten
In 60 Tagen – am 26. Juli – beginnen die Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris. Mit von der Partie ist als Chief Medical Officer von Swiss Olympic der gebürtige St.Galler Hanspeter Betschart, Chefarzt der Berit SpotClinic. Im Exklusivinterview verrät der oberste «Olympische Mediziner», wie er sich auf Paris vorbereitet hat und was er von den Sommerspielen erwartet.

Text: Stephan Ziegler

Hanspeter Betschart, wie haben sich die Schweizer Athleten medizinisch auf die Olympischen Spiele 2024 in Paris vorbereitet?
Die Athleten haben sich sehr unterschiedlich auf Paris vorbereitet; dies ergibt sich schon aus den verschiedenen Selektionsprozessen. Die weitere medizinische Betreuung der einzelnen Sportler liegt in der Verbandsverantwortung bis zum Beginn der Olympischen Spiele. Was bei allen Sportlern dazugehört, ist die jährliche sportärztliche Untersuchung.
Die potenziellen Teilnehmer mussten bis Mitte Mai einen medizinischen Fragebogen ausfüllen. Dies ist die erste direkte Kontaktaufnahme mit mir als CMO. Zum einen geht es hier um akute Probleme. Des Weiteren aber auch um bekannte Allergien sowie Medikamenten- bzw. Supplements-Einnahmen. Weiter kommt die individuelle Vorbereitung in Bezug auf spezielle Situationen in Paris je nach Disziplin, z. B. bezüglich der Hitze, hinzu.

Welche gesundheitlichen Herausforderungen erwarten Sie für die Athleten während der Spiele in Paris?
Ausserordentlich zu beachten sind – auch nach der Covid-Zeit – die Infektionskrankheiten. Dies war auch bereits vor Corona der Hauptfaktor, wieso ein Athlet am Tag X seine Top-Leistung nicht abrufen kann. Was uns aktuell weiter Sorgen macht, sind die Wasserqualität in der Seine und die mögliche Hitze.

Inwiefern beeinflussen das Klima und die Umweltbedingungen in Paris die gesundheitliche Vorbereitung und Betreuung der Athleten?
Wie erwähnt ist Hitze ein Faktor, auf welchen wir uns Vertreter für die Athleten vorbereiten möchten. Aus den Erfahrungen von Rollenspiel-Instruktionen können wir hier sicher viel herausziehen. Wichtig ist aber, dass man nach den vermeintlich heissesten Spielen in Tokyo dieses Thema nicht vernachlässigt. Zum einen müssen sich die Athleten körperlich und mental auf die Hitze vorbereiten. Des Weiteren versuchen wir, bezüglich Infrastruktur in Bezug auf Kühlmassnahmen etc. das Maximum herauszuholen. Sollte das Wetter miserabel sein, haben wir deutlich grössere Bedenken bezüglich Wasserqualität im Fluss.

Verschiedene Medien berichteten von einer «Bettwanzenplage» in Pariser Hotels. Inwiefern könnte das zum Problem werden?
Von diesen Geschichten habe ich auch gehört. Ich habe aber auch gehört, dass es Fake News waren. Des Weiteren übernachtet der Grossteil unserer Athleten und Betreuer im Oylmpischen Dorf, das neu eingerichtet wird, auch mit Matratzen und Bettwäsche.

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«Wir werden mit vier Ärzten vor Ort sein. Das medizinische Team wird von rund 15 Physiotherapeuten/Osteopathen ergänzt.»

Bei den letzten Austragungen grassierten immer wieder Viren – 2016 das Zika-Virus, 2021 Corona. Wie hygienisch sind Olympische Spiele?
An Olympischen Spielen kommen viele verschiedene Nationen von aller Welt auf engstem Raum zusammen. Dies bringt ein erhöhtes Risiko an Infektionskrankheiten mit sich. Dies konnte indirekt auch bewiesen werden mit den Massnahmen bezüglich Covid in Tokio und Peking. Durch die Massnahmen waren praktisch keine Infektionskrankheiten mehr an den Olympischen Spielen präsent.

Die Olympischen Spiele finden im Hochsommer statt, wenn die Temperaturen sehr hoch sein können. Wie sinnvoll ist das ihrer Meinung nach? Müsste man in Zukunft vielleicht über eine Verschiebung in den Herbst oder Frühling nachdenken?
Ich denke, klimatische Bedingungen sind in jedem Fall immer eine Herausforderung. Je nach Ausprägungsgrad und Jahreszeit sind sicher vermehrt Probleme vorhanden. Viel wichtiger ist, dass man sich den Bedingungen bewusst ist und dementsprechend die Infrastruktur so gestalten kann.

Welche Empfehlungen geben Sie den Athleten hinsichtlich Ernährung und Flüssigkeitszufuhr während der Wettkämpfe?
Dies ist natürlich je nach Disziplin und Sportarten sehr unterschiedlich. Eine grosse Rolle spielen auch hier die klimatischen Bedingungen bzw. die vorherrschenden Temperaturen. Ab einer gewissen Belastungszeit sind eine regelmässige Flüssigkeitszufuhr und Kohlenhydrate vor dem Wettkampf wichtig, um einen Leistungsabfall zu verhindern. Hier sind die Athleten durch die Erfahrung meistens sehr routiniert.

Welche medizinischen Notfallpläne haben Sie für den schlimmsten Fall vorbereitet?
Wir versuchen, uns sowohl personell als auch materiell auf alle Qualitäten vorzubereiten. Des Weiteren ist ein wichtiger Teil unserer Vorbereitungsarbeit, die örtlichen Gegebenheiten und Notfallpläne zu kennen. Immer in der Hoffnung, dass diese nicht gebraucht werden. Das Führungsteam mit mir bereitet sich auch zusammen mit dem Fedpol auf solche Eventualitäten vor.

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«Wichtig ist, die Hauptregenerationsfaktoren nicht zu vergessen: Das sind eine gute Ernährung und genügend Schlaf.»

Welche Massnahmen ergreifen Sie, um die Regeneration und Erholung der Athleten während der intensiven Wettkampfphase zu unterstützen?
Auch die Regenerationsmassnahmen gehören zur Vorbereitung auf Olympische Spiele. Jeder Athlet sollte sich diesbezüglich Gedanken gemacht und die entsprechenden Massnahmen vorbereitet haben. Die Regenerationsmassnahmen reichen von aktiven Regenerationsformen wie Auslaufen/Ausfahren und Blackroll-Behandlungen bis zu passiven Massnahmen wie Eisbädern, regenerativen Massagen oder dem Tragen von Kompressionstrümpfen. Wichtig ist, die Hauptregenerationsfaktoren nicht zu vergessen: Das sind eine gute Ernährung und genügend Schlaf.

Wie gross ist das medizinische Team von Swiss Olympic, das die Athleten in Paris betreuen wird, und welche Fachrichtungen sind vertreten?
Wir werden mit vier Ärzten vor Ort sein, dies sind alles Sportmediziner mit verschiedenen Fachrichtungen (Orthopädie, Allgemeine Innere Medizin). Des Weiteren haben wir ein Netzwerk an Fachexperten in der Schweiz, die uns Unterstützung bieten. Das medizinische Team wird von rund 15 Physiotherapeuten/Osteopathen ergänzt. Die genaue Anzahl wird jedoch erst kurzfristig aufgrund der Selektion festgelegt.

Welche Lehren aus den vorherigen Olympischen Spielen haben Sie in die Vorbereitungen für Paris 2024 einfliessen lassen?
Es gibt sehr viele Faktoren, die mich beeinflusst haben. Ich zehre sicher von der Erfahrung aus drei Teilnahmen an Olympischen Spielen. Des Weiteren durch die perfekte Übergabe durch meine Vorgänger. Seien es Materialüberlegungen, aber auch spezifische Massnahmen auf gewisse zu erwartende Probleme.

Und welche Lehren werden Sie in die Berit SportClinic mitnehmen können?
Auch diese werden sehr vielseitig sein. Durch die minutiöse Vorbereitung und auch den Austausch mit internationalen Kollegen kommen immer wieder interessante andere Ansätze auf den Tisch, die ich gut in den Alltag in der Berit SpotClinic ummünzen kann, was den Patienten in der Berit-Klinik zugutekommt.

Zum Schluss eine persönliche Voraussage: In welchen Disziplinen hoffen Sie auf Gold für die Schweiz?
Ich denke, für Medaillen-Vorhersagen bin ich der Falsche (lacht). Ich hoffe natürlich auf sehr viele Medaillen und sportliche Erfolge und möglichst wenig medizinische Vorfälle.

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