Thurgau

Ohne Blau gibt’s kein Grün: Wasser als Wertstoff fürs Bauen von heute

Ohne Blau gibt’s kein Grün: Wasser als Wertstoff fürs Bauen von heute
Co-Moderator Marco Baumann, Philipp Beutler, Dominique Zimmer und Co-Moderator Roland Hollenstein.
Lesezeit: 3 Minuten

Der Mai war im Thurgau sehr nass. Doch seitdem hat es fast nicht mehr geregnet. Lange Extremwetterperioden werden häufiger – was auch Bauplaner zunehmend herausfordert.

Text: Christof Lampart

In seiner öffentlichen Informations- und Diskussionsreihe «Klima und Bauen» hatte der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein Sektion Thurgau am Donnerstag Experten zum Thema Wasserbewirtschaftung eingeladen.

Einleitend machte Co-Organisator Roland Hollenstein klar, dass das Thema Trockenheit zunehmend sicht- und spürbar und so für die breite Öffentlichkeit zum Thema wird. «Da Planer einen bedeutenden Einfluss für unsere zukünftige Infrastruktur haben, ist es wichtig, dass Lösungen für die Themen Wasserkreislauf und Trockenheit heute schon in die Planung einfliessen», erklärte Roland Hollenstein.

Wetterextreme dauern immer länger

In den Räumen der Raiffeisenbank Weinfelden führte Dominique Zimmer, der beim Amt für Umwelt des Kantons Thurgau für die Gewässerqualität und -nutzung verantwortlich ist, aus, dass die Abstände, in denen die sehr trockenen Jahre auftreten, immer kürzer werden. Und das wirke sich auf die Gesellschaft und Wirtschaft aus.

So habe im Jahr 2022 die Rheinschifffahrt nicht mehr richtig funktioniert. Und Wasserentnahmebeschränkungen für die Landwirtschaft würden zukünftig häufiger ausgesprochen werden, da man das Grundwasser nicht gefährden wolle. Und Fliessgewässer, deren Fische eh schon wegen der steigenden Temperatur gestresst seien, kämen dafür erst recht nicht infrage. Zumal die hohe Temperatur auch zur deutlich höheren Verdunstung des Wassers führt.

Von Wasser notabene, das, weil die einschlägigen Wetterphasen – mal sehr trocken, mal sehr nass – immer länger würden, oft über eine lange Zeit, nicht in den Wasserkreislauf zurückgegeben wird. Dafür komme dann «alles auf einmal», was die Städteplaner vor grossen Aufgaben bezüglich der Wasserbewirtschaftung stelle.

Wärme wird bis ins Grundwasser abgeleitet

Etwas, was den Experten zunehmend Kopfzerbrechen bereitet, ist der thermische Einfluss durch von Menschen verursachten Untergrundstrukturen. Denn in einer Siedlungslandschaft mit viel versiegeltem Boden könne, beispielsweise, eine Tiefgarage dazu führen, dass «die Wärme bis ins Grundwasser abgeleitet und die Wassertemperatur dadurch deutlich erhöht wird», so Dominique Zimmer. Dabei gelte die Gleichung: Je urbaner das Gebiet und je stärker die Sonne darauf scheint, desto stärker ist der Effekt.

Doch nicht nur dem Menschen «schmeckt» zu warmes Wasser nicht. Auch Kleinstlebewesen wie der für die Grundwasserqualität wichtige Grundwasserflohkrebs hätten «Wärmestress», wenn das Wasser 16 Grad oder wärmer sei. Der Verlust deren Filterwirkung sei als direkte Folge zumindest «anzunehmen».

Tatsache sei jedoch, dass es bereits heute schon erhöhte Temperaturen im Verteilnetz von bis zu 25 Grad «Realität» seien. Man könnte zwar das Wasser kühlen, indem man die Leitungen häufiger durchspülte, aber eine Kühlung durch Wasserverschwendung zu gewährleisten, sei wohl kaum im Sinne einer gelebten Nachhaltigkeit, betonte der Referent.

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Regenwasser-Nutzung einplanen

Nicht über den Verwendungszweck des Grund-, sondern des Regenwassers sprach Philipp Beutler von der Hunziker Betatech AG. Geht es nach ihm, so soll Regenwasser in zukünftigen (Wohn-)Überbauungen nicht, wo unnötig, abgeführt, sondern dafür genutzt werden, um die Städte grüner und lebenswerter zu machen.

«Wir müssen die Wiederherstellung der lokalen Wasserkreisläufe anstreben – und zwar nicht nur auf dem Land, sondern auch in der Stadt», so Beutler. Dort, wo Regenwasser auf Flachdächer oder Plätze falle, müsse dieses zurückgehalten und für die Pflanzen oder die WC-Nutzung in Zisternen gesammelt werden, «sodass, wenn kein Regen über eine längere Zeit fällt, wir das Wasser, nach dem Schwammstadtprinzip, nutzen können», so Beutler.

Deshalb sei es sehr wichtig, dass Architekten und Landschaftsplaner bei den Häusern von heute und morgen schon jetzt die Nutzung des Regenwassers «aktiv mitdenken und es in die Planung einbeziehen», wünschte sich Philippe Beutler, denn für ihn ist eines klar: «Grün macht kühl, aber ohne Blau gibt es kein Grün.»

Der vorerst letzte Vortragsblock in der Reihe «Klima + Bauen» des SIA Thurgau findet am 21. September 2023 zum Thema Revitalisierung und Interessenabwägungen bei Wasserbauprojekten in den Schulungsräumen der Raiffeisenbank Weinfelden statt. Der Anlass ist auch für Nicht-SIA-Mitglieder kostenfrei.

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