Ostschweiz

«Nichts tun ist keine Option»

«Nichts tun ist keine Option»
Zoe Stadler, Co-Leiterin des Klimaclusters an der OST, findet mit Verweis auf die Daten des Weltklimarates deutliche Worte: «Wir müssen möglichst schnell möglichst viel CO2 reduzieren.»
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Die Rolle der Gemeinden im Kampf gegen die Klimakrise stand im Mittelpunkt der dritten Klimakonferenz, die gemeinsam von der OST – Ostschweizer Fachhochschule und dem Kanton St.Gallen veranstaltet wurde. Rund 50 Vertreter von Gemeinden und Behörden haben am Anlass teilgenommen.

Gaiserwald, eine Gemeinde mit 8400 Einwohnern, nördlich der Stadt St.Gallen gelegen. Wil, mit 24'000 Einwohnern die drittgrösste Stadt im Kanton St.Gallen. Und Götzis, 12'000 Einwohner, eine Marktgemeinde im Vorarlberger Rheintal. Unterschiedlicher könnten die Kommunen kaum sein.

Eines haben sie gemeinsam: In der Bevölkerung ist das Wissen um die Klimakrise da, einige wenige Menschen engagieren sich, doch die grosse Mehrheit bleibt passiv. «Oft braucht es eine Initialzündung, bis etwas passiert, bis sich die Menschen engagieren – wie zum Beispiel aktuell bei der Energiemangellage», sagt Boris Tschirky,

Gemeindepräsident von Gaiserwald. «Jetzt überlegt sich der eine oder andere schon, ob er eine Solaranlage installieren soll. Das Problem: Der Courant normal ist schnell wieder zurück.» Auch Martin Herburger, Leiter Gemeinwesenarbeit in Götzis, beobachtet dies: «Nach dem Hochwasser und dem Murenabgang in Meschach im letzten August war das Interesse am Klimaschutz sofort da.»

Mit Blick auf die Bevölkerung sagt Herburger: «Die Herausforderung ist es, Menschen aus allen sozialen Schichten einzubinden.» Stefan Grötzinger, Leiter der Fachstelle Energie in Wil, bringt noch einen weiteren Punkt ins Spiel: «Bei einer Beratung hatten wir einen Mann, der alle Leuchtmittel auf LED umstellte und meinte, damit einen grossen Beitrag für die Energiewende zu leisten.

Doch er sagte auch, dass er sich jeden Abend ein heisses Bad gönne. Da ist der ganze Spareffekt natürlich weg.» Quintessenz: Personen können Grössenordnungen und Spektrum von Einfluss der persönlichen Aktivitäten nicht einschätzen – hier Bedarf es an Aufklärungsarbeit. Beratungsangebote und Sensibilisierungskampagnen wie in Wil können dabei helfen.

  

Schnell handeln

Die Erfahrungen im Umgang mit der Klimakrise sind in den Gemeinden unterschiedlich, das zeigen die vorgetragenen Beispiele an der dritten Klimakonferenz, veranstaltet von der OST – Ostschweizer Fachhochschule und dem Kanton St.Gallen.

Doch reicht dieses Engagement, um die Klimakrise zu stoppen? Zoe Stadler, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Energietechnik und Co-Leiterin des Klimaclusters an der OST, ist skeptisch: «Wir müssen möglichst schnell möglichst viel CO2 reduzieren. Dann gewinnen wir etwas Zeit. Aber es braucht noch sehr viel, damit wir auf den richtigen Kurs kommen.»

Temperatur wird um 3 bis 5 Grad steigen

MeteoSchweiz hat in seinen Klimaszenarien berechnet, wie die Klimazukunft im Jahr 2060 aussehen könnte, wenn wir so weitermachen wie bis anhin. Im Durchschnitt der Jahre 1981 bis 2010 betrug in der Stadt St.Gallen die höchste gemessene Temperatur 29.5 Grad. Bis im Jahr 2060 ist mit einer Zunahme der durchschnittlichen Höchsttemperaturen um 3 bis 5 Grad zu rechnen.

«Das stellt alle vor grosse Herausforderungen», sagt Karin Inauen, Koordinatorin Klimawandel und Nachhaltige Entwicklung beim St.Galler Amt für Wasser und Energie. Der Kanton St.Gallen habe deshalb im Herbst 2021 eine «Strategie zur Anpassung an den Klimawandel» verabschiedet, die seit 2022 in der Umsetzung ist.

Michael Eugster, Leiter des Amtes für Wasser und Energie ergänzt, «die Anpassung an den globalen Klimawandel erfolgt aber immer auch lokal, da sind die Gemeinden gefragt.»

OST und Kanton St.Gallen unterstützen die Gemeinden

Wil ist ein gutes Beispiel. 2019 hat das Stadtparlament den Klimanotstand ausgerufen, der Stadtrat hat das kommunale Klimaschutzprogramm verabschiedet und seither einen bunten Strauss an Massnahmen lanciert. So ist Wil beispielsweise die erste vollelektrische Mobility-Stadt der Schweiz und Vorbild für nachhaltige Mobilität. Götzis ist bereits seit 1991 Klimabündnisgemeinde und wurde mit dem European Energy Award ausgezeichnet.

Die Gemeinde nimmt die Bürger in die Mitverantwortung und bindet sie in die Prozesse zum Thema Klimawandel ein. So hat es beispielsweise Tradition, dass Photovoltaik-Anlagen mit Bürgerbeteiligung errichtet werden. Gaiserwald wiederum hat vor einigen Jahren den Startschuss gegeben für ein nachhaltiges «Gaiserwald 2030».

Auch die OST – Ostschweizer Fachhochschule sitzt mit den Gemeinden in einem Boot: Beispielsweise untersucht die OST mit dem Projekt RenoWave, wie man passive Gemeinden dazu bewegen kann aktiv zu werden bei der Renovationsrate der Gebäude.

Unterstützung gibt es für Gemeinden bei der Anpassung an den Klimawandel auch vom Kanton St.Gallen, der an der Klimakonferenz seine neue Vorgehensberatung für Gemeinden lanciert hat. Karin Inauen, Koordinatorin Klimawandel und Nachhaltige Entwicklung, sagt: «Der Klimawandel ist Realität. Wir müssen uns anpassen. Nichts tun ist keine Option.»

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