St.Gallen

Nicht einmal jedes zehnte Unternehmen hat eine CSR-Strategie

Nicht einmal jedes zehnte Unternehmen hat eine CSR-Strategie
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Für eine grosse Mehrheit von 78 Prozent aller Ostschweizer KMU-Betriebe ist die gesellschaftliche Unternehmensverantwortung wichtig, aber nur jedes dritte Unternehmen hat die Grundsätze der Corporate Social Responsibility im Managementkonzept verankert. Das zeigt eine Umfrage des Instituts für Organisation und Leadership der OST. Für KMU-Betriebe bietet das IOL seit diesem Jahr eine Erfahrungsaustauschgruppe zum Thema Unternehmerische Nachhaltigkeit an.

Text: Michael Breu

Unter dem Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) versteht man die gesellschaftliche Unternehmensverantwortung. Gemeint ist der freiwillige Beitrag der Wirtschaft zu einer Nachhaltigen Entwicklung, der über die gesetzlichen Forderungen hinausgeht.

Dazu hat der Bundesrat im April 2015 ein Positionspapier verabschiedet. Er legt darin die Gestaltung der CSR-Rahmenbedingungen fest und zeigt auf, wie er Schweizer Unternehmen bei der Umsetzung der CSR-Aktivitäten unterstützen kann. Im Januar 2020 hat der Bundesrat das Positionspapier überarbeitet und mit einem Aktionsplan ergänzt. Darin werden die bestehenden Aktivitäten neu ausgerichtet, gebündelt und mit neuen Massnahmen ergänzt.

«Während der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) und der Bericht ‹Massnahmen des Bundes für eine ressourcenschonende, zukunftsfähige Schweiz (Grüne Wirtschaft)› jeweils auf die menschenrechtliche bzw. ökologische Dimension der Nachhaltigkeit fokussiert, stellt der CSR-Aktionsplan thematische übergreifende Instrumente dar (z.B. zu Umwelt, Menschenrechten, Arbeitsbedingungen, Korruptionsprävention)», heisst es darin.

Win-win-Situation für Gesellschaft und Unternehmen

Auch für den Dachverband der Schweizer Wirtschaft, Economiesuisse, und für SwissHoldings, dem Verband der Schweizer Industrie- und Dienstleistungskonzerne, ist Corporate Social Responsibility ein wichtiges Anliegen. In einem Grundsatzpapier schreiben die beiden Organisationen: «Eine verantwortungsvolle Unternehmensführung schafft Win-win-Situationen für Gesellschaft und Unternehmen.

Denn Nachhaltigkeit ist die gemeinsame Basis, auf der Staaten und verantwortungsbewusste Unternehmen handeln: Wo Armut schwindet, wachsen Märkte. Wo Unternehmen auf qualifizierte und motivierte Arbeitskräfte zurückgreifen können, steigen Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Wo die Umwelt geschützt wird, können Ressourcen nachwachsen und Versorgungsrisiken sinken. Kurzum: Gesellschaftliche Verantwortung nehmen Schweizer Unternehmen bereits heute auf verschiedene Weise wahr».

  

Relevanz erkannt, Richtung fehlt

Eine Win-win-Situation also – aber wie stehen Ostschweizer KMU-Betriebe zur Corporate Social Responsibility? Im Rahmen einer Bachelorarbeit an der OST – Ostschweizer Fachhochschule hat Mithulan Muralitharan CEOs, Verwaltungsräte und Kaderpersonen befragt, insgesamt nahmen über 100 Personen teil. Die Resultate zeigen, dass sich Ostschweizer KMU der Relevanz von CSR bewusst sind. So geben 78 Prozent der Befragten an, dass CSR für ihr KMU «eher relevant» oder «sehr relevant» ist.

Als Grund dafür nennen die Befragten die Übernahme sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung, ökologische Nachhaltigkeit sowie ethische Motive. Obwohl CSR bei der Mehrheit der Ostschweizer KMU eine hohe Bedeutung findet, hatte zum Befragungszeitpunkt im Frühjahr 2022 nicht einmal jedes zehnte Unternehmen eine CSR-Strategie ausformuliert.

Mithulan Muralitharan
Mithulan Muralitharan

Nur wenige «proaktive Gestalter»

Um den «Reifegrad» der CSR-Strategie festzustellen, ordnete Muralitharan die Rückmeldungen in ein Stufenmodell ein. Die Resultate zeigen, dass 7,3 Prozent der Unternehmen keinerlei CSR-Aktivitäten aufweisen. 6,4 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich zur gesellschaftlichen Verantwortung bekennen, CSR aber weder systematisch noch bewusst managen.

Etwas mehr als die Hälfte der Befragten (53,6 Prozent) hat CSR-Bausteine im Unternehmen integriert, jedoch ohne Verbindung zum Kerngeschäft – oft seien diese «Marketing- und PR-getrieben und auf die Legitimierung des unternehmerischen Handelns gerichtet». Bei 30 Prozent der befragten KMU ist ein integriertes CSR-Management vorhanden, und 2,7 Prozent der Unternehmen bezeichnet sich sogar als «proaktive Gestalter».

Mangel an Fachexpertise und Finanzen

Als grösste Hindernisse bei der Umsetzung von CSR-Richtlinien äussern die befragten Unternehmer die fehlenden personellen und finanziellen Ressourcen. So steht bei etwas mehr als 80 Prozent der befragten KMU kein Budget für CSR zur Verfügung. Und 70 Prozent der Befragten geben an, dass im Betrieb bis anhin keine CSR-verantwortliche Person definiert sei.

In einem Fachartikel im «KMU Magazin» ordnen OST-Diplomand Mithulan Muralitharan und die beiden OST-Mitarbeitenden Daniel Jordan und Michael Gino Kraft vom Institut für Organisation und Leadership die Bedeutung der Untersuchung ein: «Die Studienergebnisse sowie aktuelle gesellschaftliche, ökologische und politische Entwicklungen zeigen auf, dass die Auseinandersetzung mit CSR und Nachhaltigkeitsthemen auch für KMU zunehmend zur Pflichtaufgabe wird (…) Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Thematik Corporate Social Responsibility bei Ostschweizer KMU angekommen ist, es jedoch häufig an Ressourcen oder inhaltlichen Anknüpfungspunkten fehlt.»

Um KMU auf dem Weg zur gesellschaftlichen Unternehmensverantwortung zu begleiten, hat das Institut für Organisation und Leadership der OST – Ostschweizer Fachhochschule 2023 eine Erfahrungsaustauschgruppe für KMU zum Thema Unternehmerische Nachhaltigkeit gegründet. Ausserdem bietet das IOL ab September 2023 im Rahmen des CAS Nachhaltigkeitsmanagement interessierten Unternehmen und Organisationen ein entsprechendes Weiterbildungsangebot an.

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