St.Gallen

Nach Spesenaffären: Neues Uni-Gesetz stärkt HSG-Führung

Nach Spesenaffären: Neues Uni-Gesetz stärkt HSG-Führung
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Die St.Galler Regierung hat das neue Universitätsgesetz verabschiedet. Es klärt die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten der einzelnen Organe der HSG und stärkt die rechtlichen Grundsätze, die sogenannte Governance.

Das neue Universitätsgesetz lässt der HSG und ihren Instituten grundsätzlich die bisherigen Freiräume. Senat und Rektorat unterstützen die Vorlage. Der Kantonsrat wird die Vorlage voraussichtlich in der Novembersession beraten, wie die Staatskanzlei am Freitag mitteilte.

Die Rollen der Organe in den verschiedenen Aufgaben - Strategie und Aufsicht, Lehre Forschung und Weiterbildung, personelle und finanzielle Führung, Rechtspflege - sollen entflochten werden. Laut Regierung war im bisherigen Gesetz «teils unklar, welches Gremium oder Organ welche Verantwortung trägt».

Das neue Universitätsgesetz schaffe Transparenz und stärke die Akzeptanz der HSG in der Politik und der Gesellschaft. Die Universität selber schreibt in einer Mitteilung von einem «Meilenstein». In den vergangenen 30 Jahren habe sich viel verändert, und die HSG sei stark gewachsen.

Spesenaffären

Die Governance habe sich im Zuge dieser Weiterentwicklung in einzelnen Fällen "als nicht mehr sachgerecht erwiesen". Gemeint sind damit die Diskussionen über Spesenbezüge und private Engagements von Professoren in den letzten Jahren. Die HSG war dadurch wiederholt in die öffentliche Kritik geraten.

Mit dem neuen Gesetz bleibt es bei der weitgehenden Selbstverwaltung der Wirtschaftsuniversität. Der Universitätsrat ist weiterhin das oberste strategische Organ der HSG. Neu werden es nur noch maximal neun, statt wie bisher elf Mitglieder sein und sie werden nicht mehr aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit, sondern nach fachlichen Kriterien ausgewählt.

Der Senat soll sich künftig neu zusammensetzen: Der sogenannte Mittelbau - Studierende, Doktorierende und Personal sollen mehr Sitze erhalten - auf Kosten der Professorinnen und Professoren. Dadurch soll es mehr Mitwirkung geben.

  

Rektorat gestärkt

Künftig erhält das Rektorat die Aufsicht über die Institute. Es gibt ein internes Kontroll- und Risikomanagementsystem. Überprüft werden unter anderem Spesenvergütungen oder Nebenbeschäftigungen. Das Rektorat bekommt mit dem neuen Gesetz eine «Weisungs- und Richtlinienkompetenz».

Eine weitere Neuerung ist, dass die Weiterbildung explizit als Aufgabe der HSG festgeschrieben wird. Aus selber erwirtschafteten Mitteln kann sich die Universität zudem an Spin-offs oder an Organisationen wie etwa dem Innovationspark Ost beteiligen.

Die 1898 gegründete Universität St.Gallen bildet heute über 9000 Studierende aus 90 Ländern in Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Rechts- und Sozialwissenschaften, Internationalen Beziehungen und Informatik aus. Zusätzlich bietet die HSG Weiterbildungen für rund 6000 Teilnehmende an.

Eine Besonderheit der HSG sind ihre rund 40 Institute, Forschungsstellen und Centers, die einen integralen Teil der Universität bilden. Die weitgehend autonom organisierten Institute finanzieren sich zu einem grossen Teil selbst.

Position des Rektors wird gestärkt

Weiter stärkt das neue Gesetz die Position des Rektors. Sie oder er erhält für die Leitung der Universität klare Aufsichts- und Weisungskompetenzen, auch hinsichtlich der Institute. Schliesslich wird die Mitwirkung der Universitätsangehörigen in der Selbstverwaltung und ihre Vertretung in den Universitätsorganen angepasst. Im Senat und im neu geschaffenen 32-köpfigen Senatsausschuss erhalten die fortgeschrittenen Forschenden und Lehrenden (bisher Mittelbau) sowie das administrativ-technischen Personal eine stärkere Stellung.

Zudem stärkt das neue Gesetz den Weiterbildungsbereich und schafft neu die Möglichkeit, dass sich die HSG mit selbsterwirtschafteten Finanzmitteln an öffentlich- oder privatrechtlichen Organisationen wie zum Beispiel Spin-Offs beteiligen kann.

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Vernehmlassung positiv

Die Regierung hat zur Vorlage zwischen November 2021 und Januar 2022 eine öffentliche Vernehmlassung durchgeführt. Darin fand die Vorlage breite Unterstützung. Die Teilnehmenden begrüssten den breit abgestützten Erarbeitungsprozess.

Sie unterstützten die verbesserte Governance, die Entflechtung von Aufgaben und Kompetenzen und die Stärkung des Rektorates, des heutigen Mittelbaus sowie des Bereichs Weiterbildung. Es gingen keine Stellungnahmen ein, die den Revisionsbedarf in Frage stellten.

Die Regierung nahm im Nachgang zur Vernehmlassung deshalb nur noch kleinere Präzisierungen und Anpassungen vor. Zum einen erhält die HSG erweiterte Kompetenzen, um mehrjährige Mietverträge abschliessen zu können. Dies für den Fall, dass der Kanton benötigte Immobilien nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann.

Neues Gesetz über private Hochschulen

Zum anderen hat die Regierung ein neues Gesetz über die privaten Hochschulen und den Titelschutz in die Vorlage aufgenommen. Neu braucht man eine kantonale Bewilligung, wenn man eine private Hochschule betreiben will.

Zudem regelt das neue Gesetz in Ergänzung zum Bundesrecht den Schutz akademischer Titel für alle Hochschulen im Kanton St.Gallen. Beides ist wichtig, um die Reputation St.Gallens als Hochschulkanton und die hochstehende Qualität der tertiären Ausbildungsangebote zu erhalten. 

Schliesslich hat die Regierung die inhaltlichen Eckwerte der nachgelagerten Erlasse wie das Universitätsstatut und das Personalreglement bestimmt und den Zeitplan festgelegt, ab wann diese angepasst werden. Es ist neu vorgesehen, die Amtsdauer des aktuellen Universitätsrates um ein Jahr bis Ende 2025 zu verlängern, um das vorhandene Wissen für die Erarbeitung dieser Erlasse zu nutzen.

Beratung in der Novembersession

Die Regierung hat den Gesetzesentwurf dem Kantonsrat zugeleitet. Der Kantonsrat wird die Kommissionsbestellung voraussichtlich in der Septembersession vornehmen und die Vorlage in der Novembersession 2022 in erster Lesung beraten.

Aus heutiger Sicht kann das neue Universitätsgesetz am 1. Januar 2024 in Kraft treten.

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