Kommt der ICT Campus in den Thurgau?

ICT Scouts & Campus ist ein nationales Förderprogramm für MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik), das vor fünf Jahren in der Nordwestschweiz startete und mittlerweile an sieben Standorten in der Schweiz, darunter auch in St.Gallen, etabliert ist. Schon bald könnte ein ICT Campus auch im Thurgau starten.
Wer bei Scouts oder Campus an Fussball denkt, ist ziemlich nah dran. «Wenn es im Fussball funktioniert, warum wenden wir es dann nicht dort an, wo uns der Schuh wirklich drückt, nämlich in der Berufsbildung,» dachte sich Rolf Schaub, damals Leiter Informatik der gewerblich-industriellen Berufsfachschule in Muttenz BL.
Damit spricht Schaub den Fachkräftemangel an, welcher besonders im MINT Bereich durch eine sehr tiefe Frauenquote auffällt. Indem man die Talente systematisch sucht, und findet, und dann kontinuierlich betreut und begleitet, kann man den MINT Talentpool ausschöpfen, so seine Devise.
Grundlegend neue Art der MINT-Talentfindung und -förderung
Das Konzept ist schnell erklärt. Sogenannte ICT Scouts besuchen die Volksschulen und entdecken mithilfe eines an den Lehrplan 21 angepassten Programmier-Workshops latente Feuer für die digitale Welt. Wer dieses Feuer hat, wird in den ICT Campus eingeladen, ohne Rücksicht auf Geschlecht, schulische Leistung, soziale oder ethnische Herkunft.
So werden nebst den üblichen, auch die verborgenen Talente gefunden, darunter eben auch fast zur Hälfte Mädchen.
Idealer Standort: Kreuzlingen
Im ICT Campus wählen Mädchen und Buben dann ihre eigenen Projekte, verwirklichen ihre eigenen Ideen, entdecken und vertiefen ihr wahres Talent. Am Schluss werden sie mit potentiellen Lehrbetrieben und weiterführenden Schulen vernetzt.
Auch im Thurgau könnte ein solcher ICT Campus sehr niederschwellig eingerichtet werden. Geografisch würde sich dazu Kreuzlingen als idealer Standort anbieten. Jugendliche aus dem östlichsten Kantonsteil könnten den Standort in St.Gallen nutzen.
Dazu beantragte der Förderverein aus dem Partizipationserlös der TKB 200’000 Franken, was 40 Prozent der Projektkosten deckt. Den Rest erbringt der Förderverein aus Sponsoring und Mitgliedsbeiträgen, sowie Unterstützungsbeiträgen von Stiftungen.
MINT Nachwuchs finden war noch nie so einfach ...
Die Vorteile für Lehrbetriebe im Informatik und MINT Bereich liegen auf der Hand: Sie profitieren von einer grösseren Auswahl an vorselektierten Talenten auf höherem Niveau mit dokumentierten Kompetenzen und nachgewiesener Motivation zu massiv tieferen Kosten.
Als Mitglieder des Fördervereins können Ausbilder im ICT Campus jederzeit und ungehindert ein und aus gehen, um nach Talenten Ausschau halten.
... eine Lehrstelle zu finden ebenfalls!
Für die Jugendlichen ergeben sich ganz neue Perspektiven. Der Bewerbungsaufwand bei der Lehrstellensuche verringert sich. Statt Dutzende von Motivationsschreiben zu streuen, stellen sie ihre Motivation im ICT Campus unter Beweis, indem sie einfach das tun, was ihnen Spass macht. Dabei entsteht auch ihr ganz persönliches Bewerbungsportfolio. Im Vordergrund stehen neu jene Fähigkeiten, welche für eine MINT-Ausbildung wesentlich sind, die man aber in einem Schulzeugnis vergeblich sucht.
Aber auch für die partizipierenden Schulen hat das Förderprogramm Vorteile: Es deckt Kompetenzen aus dem Bereich Medien & Informatik des Lehrplan 21 ab, unterstützt und ergänzt die berufliche Orientierung im MINT-Bereich, verursacht insbesondere bei leistungsschwächeren SuS oft eine markante schulische Motivations- und Leistungssteigerung und unterstützt SuS und Lehrpersonen bei schulischen Abschlussarbeiten zu MINT-Themen.
Tag der offenen Tür abgesagt
Weil auch der Thurgau in naher Zukunft wohl mehr ICT- & MINT-Fachleute als Profi-Fussballer braucht, hofft der Förderverein im Rahmen der Vergabe des Partizipationserlöses der TKB auf die beantragten 200'000 Franken für den Aufbau des nächsten ICT-Campus-Standortes im Kanton.
Um die Thurgauer Bevölkerung im Hinblick auf die Volksabstimmung zur Verwendung des TKB-Erlösses zu informieren, war am Samstag ein Tag der offenen Tür angesagt. Ein solcher wäre aus epidemiologischer Sicht derzeit jedoch nicht zu verantworten und wird daher abgesagt. Der Förderverein hofft, ihn bei baldiger Gelegenheit nachholen zu können.