IHK Thurgau will Läden öffnen lassen

Am 13. Januar 2021 hat der Bundesrat weitere Änderungen am Härtefallprogramm kommuniziert. Dabei steht im Vordergrund, dass Unternehmen automatisch als Härtefall gelten, die zwischen dem 1. November 2020 und dem 30. Juni 2021 auf behördliche Anordnung schliessen müssen. Diese Unternehmen müssen unter anderem keinen Nachweis der Umsatzeinbusse erbringen. Das ist aus Sicht der IHK Thurgau nachvollziehbar, weil durch eine «Zwangsschliessung» jeglicher unternehmerische Handlungsspielraum eliminiert wird. Die Schliessung von ausgewählten Ladengeschäften stellt die IHK Thurgau jedoch grundsätzlich in Frage, wie unten ausgeführt wird. Ergo könnte die Anzahl an Härtefällen bereits vorab tiefer gehalten werden.
Weg vom Giesskannen-Prinzip
Ebenso hat der Thurgauer Regierungsrat am 20. Januar 2021 kommuniziert, dass neu auch Unternehmen mit mindestens 100 Stellenprozenten Zugang zum kantonalen Härtefallprogramm erhalten sollen. Das ist insofern nachzuvollziehen, weil der Thurgau viele Kleinunternehmen beheimatet. Neben den Voraussetzungen des Bundes müssen für die Qualifikation als Härtefall nach wie vor erfüllt sein, dass Unternehmen direkt und unmittelbar durch eine staatlich angeordnete Massnahme zur Pandemiebekämpfung betroffen sind und – sofern sie über einen Covid-19-Kredit verfügen – diesen vollständig ausgeschöpft haben. Dies und das zweiphasige Vorgehen über ein zinsloses Darlehen, das rasch ausbezahlt werden kann, und einen möglichen Teilerlass danach, wertet die IHK Thurgau unter Berücksichtigung der gegebenen Rahmenbedingungen nach wie vor als positiv.
Was es zu bedenken gilt, ist der Fakt, dass der Kanton durch dieses Programm über zehn Jahre hinweg die Rolle einer Bank übernehmen wird. Dies wird zu einem ausgeprägten administrativen Mehraufwand führen und die Finanzen des Kantons über diese Zeit hinweg belasten. Die IHK Thurgau ist weiterhin der Meinung, dass der Staat nicht die Rolle als «allgemeine» Versicherung für wirtschaftliche Schäden übernehmen kann. Ziel muss es bleiben, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und überlebensfähige Unternehmen temporär zu unterstützen, ohne dabei im Giesskannen-Prinzip Gelder zu verteilen.
Einkaufsläden möglichst rasch wieder öffnen
Wie oben erwähnt steht die IHK Thurgau der Schliessung von Läden mit Waren des nicht-täglichen Bedarfs sehr skeptisch gegenüber. Bis dato scheint es keine Massenansteckungen beim täglichen Einkauf zu geben. Insbesondere die Definition, was täglich und nicht-täglich sei, ist nicht nachzuvollziehen und wirkt teilweise willkürlich. So ist beispielsweise der Unterschied zwischen Blumen (täglicher Bedarf) und Büchern (nicht-täglicher Bedarf) nicht ersichtlich. Dagegen ist nachvollziehbar, dass Restaurants, Bars, Tanzlokale und Sportanlagen vorläufig geschlossen bleiben – bei entsprechender Entschädigung durch den Bund als Verursacher des Verbots. An diesen Orten ist das Maskentragen nicht immer möglich bzw. das Abstandhalten oftmals nur bedingt umsetzbar.
Die IHK Thurgau fordert deshalb, dass allen Ladengeschäften so schnell wie möglich wieder erlaubt wird, ihre Türen zu öffnen und Kunden empfangen. Voraussetzungen dafür sind strickte Schutzkonzepte, die Maskenpflicht und stabile bzw. sinkende Ansteckungszahlen. Dies hätte unter anderem zur Folge, dass sowohl Bund als auch Kanton in den kommenden Monaten weniger Härtefälle zu verzeichnen hätten. Das führt letztlich zu tieferen Kosten und keinem längerfristig aufgeblasenen Verwaltungsapparat zur Betreuung der Darlehen. Und, die zahlreichen KMU im Detailhandel müssen nicht noch weitere wirtschaftliche Einbussen hinnehmen bzw. sich über längere Zeit verschulden.
Kanton soll transparent zum Fortschritt bei Impfungen kommunizieren
Erfreulicherweise sind entgegen ersten Ankündigungen im vergangenen Jahr bereits heute zwei Impfstoffe gegen Covid-19 verfügbar. Dabei zeigt sich auch, dass es seitens Herstellern gewisse Lieferverspätungen geben kann. Im Gleichen besorgt die IHK Thurgau, dass auf kantonaler Ebene die konkrete Umsetzung der Impfstrategie des BAG nicht aktiver kommuniziert wird. Die aktuellen Zahlen über vorhandene und bereits eingesetzte Impfdosen im Thurgau waren teilweise mit widersprüchlichen Aussagen den Tagesmedien zu entnehmen.Die IHK Thurgau fordert deshalb vom Kanton, dass er ähnlich den regelmässig kommunizierten Ansteckungszahlen eine transparente Kapazitäts- und -produktionsplanung vorlegt und dass er die maximal mögliche Impfrate pro Tag mitteilt. Die Planung soll aufzeigen wie die Kapazitäten bzw. Einschränkungen auf folgenden Ebenen sind:
- Vorhandene Impfdosen im Kanton
- Anzahl Geimpfte/Verhältnis zur Bevölkerung des Kantons
- zur Verfügung stehendes Personal
- Durchsatz der Impf-Infrastruktur
3. und 4. kann der Kanton beeinflussen. Der Kanton Thurgau soll dafür sorgen, dass in diesen beiden Punkten unter keinen Umständen Unterkapazitäten entstehen können. In diesem Zusammenhang soll ausnahmsweise nicht gespart, sondern aus «den Vollen» geschöpft werden. Die Prozentzahl der geimpften Personen im Kanton ist eine Zahl, die Anlass zur Hoffnung auf eine Entspannung der Lage sein wird.