Kommentar

Gekaufte Meinungen: Wie sich Verleger der SRG andienen

Gekaufte Meinungen: Wie sich Verleger der SRG andienen
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Wenn sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die grossen Verlagshäuser zusammentun, um eine politische Initiative gemeinsam zu bodigen, dann ist das kein harmloser Schulterschluss – sondern ein gefährlicher Präzedenzfall. Die SRG und der Verband Schweizer Medien haben mit ihrem «Deal» genau das getan: Sie bekämpfen gemeinsam die Halbierungsinitiative – jene Vorlage, die die Radio- und TV-Abgabe von 335 auf 200 Franken senken will. Und sie tun es auf eine Art, die für die demokratische Debatte brandgefährlich ist.

Text: Stephan Ziegler, LEADER-Chefredaktor

Der «Deal» ist rasch erklärt: Die SRG verspricht, ihre digitalen Inhalte textlich zu kürzen, ein paar Sportrechte abzugeben und künftig einen grösseren Teil ihres Online-Marketings bei den privaten Medienhäusern einzukaufen. Als Gegenleistung verpflichtet sich der Verlegerverband, die Halbierungsinitiative zu bekämpfen – schriftlich fixiert, öffentlich aber intransparent. Was wie ein Pakt unter Geschäftspartnern daherkommt, ist in Wahrheit ein massiver Eingriff in die publizistische Unabhängigkeit.

Denn diese Vereinbarung funktioniert nur, wenn die Medienhäuser auch liefern. Und das heisst: Wenn ihre Redaktionen künftig im Sinne der SRG berichten – oder eben nicht im Sinne der Initianten. Wer bei CH Media, Ringier oder der NZZ-Gruppe arbeitet, weiss jetzt: Eine kritische Haltung zur SRG ist nicht erwünscht. Unabhängiger Journalismus? Fehlanzeige. Redaktionen werden instrumentalisiert, um eine politische Kampagne zu führen – nicht im Auftrag der Leserschaft, sondern im Interesse eines Deals, den sie nicht mittragen durften.

Und das alles für ein paar digitale Brosamen. Für das Versprechen, ein wenig vom grossen Kuchen der SRG-Werbung abzubekommen. Für die Hoffnung, ein paar exklusive Bilder vom Cupspiel oder der Tour de Suisse zeigen zu dürfen. So billig verkaufen die Verleger ihre Glaubwürdigkeit – und jene ihrer Redaktionen gleich mit.

Einzig Pietro Supino, Präsident der TX Group, zeigt Haltung. Er hat den «Deal» abgelehnt, seine Blätter wie «Tages-Anzeiger», «Berner Zeitung» oder «20 Minuten» nicht in den Dienst dieser Allianz gestellt – und gleichzeitig klar gemacht, dass auch mit 200 Franken pro Haushalt ein funktionierender Service public möglich wäre. Das verdient Respekt. Und es zeigt, dass Unabhängigkeit auch in schwierigen Zeiten möglich ist – wenn man sie will.

Der Rest der Verleger hat sich vor der SRG verbeugt. Und so droht ausgerechnet im Namen der Demokratie ein medienpolitisches Eigentor: Die Meinungsvielfalt, die bei einer Volksabstimmung essenziell wäre, wird durch Gleichschaltung ersetzt. Der Leser merkt das. Der Zuschauer spürt das. Und die Glaubwürdigkeit der Medien erodiert weiter – nicht wegen Fake News, sondern wegen echter Abhängigkeiten.