Dank Lederschuhen bis ans andere Ende der Welt
Ihre Schuhe trägt sie passend zu Outfit und Anlass – heute sind es dunkelblaue Loafers mit schmaler, roter Umrandung. Ein schwarz-weisses, eingenähtes Stück Leder in Zeichentrick-Look zieht neugierige Blicke auf sich. Es kommt nicht selten vor, dass Ena Ringli bei neuen Bekanntschaften von unten nach oben gemustert wird: Die Schuhdesignerin aus Weinfelden hat vor vier Jahren ihre eigene Schuhkollektion „yep“ auf den Markt gebracht. Im Rahmen von „eiszueis Lebensgeschichten“ erzählt sie von ihrem kuriosen Werdegang zur Schuhmacherin und ihrer aussergewöhnlichen Beziehung zu den Tretern an unseren Füssen.
Bereits als Kind wollte Ringli ihre liebsten roten Lackschuhe während der Nacht in Sichtweite ihres Bettes haben. Heute sammelt sie ihre Schmuckstücke in Kisten – mit den jeweiligen Jahreszahlen nummeriert. „Wie viele Schuhe hast du bei dir zu Hause?“ – Eine Frage, die Ringli wohl fast jeden Tag gestellt bekommt. „Keine Ahnung“, antwortet sie und lächelt verschmitzt. Sie blickt auf die graue Schuhleiste in ihren Händen, dann wieder ins Publikum. „Diese Frage kann ich nicht beantworten.“ Kein Wunder – nach unzähligen beruflichen Abstechern in holländische, italienische und österreichische Schuhproduktionen hat die Vierzigjährige wohl schon einige Schuhe in den Händen gehalten.
Im Dschungel der weltweiten Schuhindustrie reiste Ringli bis nach China, wo sie innerhalb von zwei Wochen einen funktionierenden neuen Produktionsstandort aufbaute. Zwei Jahre lebte sie dort und investierte in das jetzt noch florierende Projekt. Dann brauchte sie eine neue Herausforderung. Ihren neuen Job kündigte sie aber bereits nach kurzer Zeit. Der Grund: Zu viel Freizeit. „Schuhe verkauft, das habe ich schliesslich noch nie“, dachte sie sich und erhielt sofort eine Anstellung in einem grossen Schuhgeschäft.
Nebenbei widmete sich die Weinfelderin ihrem grossen Traum: Während mehr als einem Jahr fertigte sie Schuhleisten, um in ihrer kleinen Werkstatt irgendwann eigene Prototypen fertigen zu können. Der Plan ging auf: Seit vier Jahren verkauft Ringli ihre eigenen Modelle. „Bei meinen Schuhen soll sich eine Reparatur lohnen“, sagt sie mit strahlenden Augen und stellt die Leiste in ihren Händen gedankenverloren auf den Tisch vor sich. Bereits jetzt hat Ringli ein nächstes Ziel vor Augen: «Ich will eine Schuhproduktion in der Schweiz gründen. »
Text und Bild: Marielle Heeb